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Uli Hoeneß ist ein Mann deutlicher Worte. Im Falle Özil hat er es aber übertrieben, meint Helmut Schümann.
© dpa

Nach "Dreck"-Aussage über Mesut Özil: "Herr Hoeneß, ich wünschte mir eine Korrektur"

"Özil hat seit Jahren einen Dreck gespielt", sagte Uli Hoeneß vor ein paar Tagen. Helmut Schümann hat ihm deswegen nun einen offenen Brief geschrieben.

Hallo Herr Hoeneß,

vor einer Woche hätte ich einen offenen Brief an Sie noch mit "Lieber Herr Hoeneß" begonnen. Nach Ihren Äußerungen zu Mesut Özil hat sich das erledigt.

Ich begleite Sie journalistisch seit mehr als 30 Jahren, begonnen mit einem sehr polemischen, sehr dummen Porträt, das bar einer Kenntnis von Ihnen war, sondern geleitet von dem damals üblichen Hass eines Rheinländers auf alles FC-Bayerische. Seinerzeit haben Sie mich in den Katakomben des Münchner Olympiastadions zum ersten Mal angebrüllt. Zu Recht, wie ich heute anerkennen will. Immerhin hat dieses Gebrüll zur Überlegung geführt, dass dieser Manager U. H. gar nicht der emotionslose Macher ist, als der er stets dargestellt wurde. Eine "Emotionsbombe" nannte Sie ein Kollege der "Süddeutschen Zeitung" mal.

Als solche habe ich Sie kennen- und schätzen gelernt. Unzählige Gespräche haben wir geführt in Ihrem Büro, neben dem Rasen der Säbener Straße, irgendwo in der europäischen Welt auf Auswärtsterminen des FC Bayern. Gebrülle wiederholte sich, aber damit konnten wir leben, Sie und ich, es war halt einer kurzen Verärgerung geschuldet, aber wenn die verraucht war, wurden Sie wieder zum Gesprächspartner, der erst redet, dann denkt, und dann das erste Gerede relativiert. Im Falle Özil warte ich darauf seit Tagen.

Wann folgt die Relativierung?

Wir haben private Abende verbracht, damals bei Ihnen in München, später bei uns in Hamburg, und wenn die Gespräche dann politisch wurden, ging es immer darum, dass Sie entgegen Ihrer öffentlichen Äußerungen so gar keine erzkonservative Haltung lebten. Mit der sind Sie mir im Herzen geblieben: Ein gebürtiger Ulmer, der, aus welchen Gründen auch immer, Franz-Josef Strauß verehrt, aber so ganz anders handelt. Lars Lunde vergessen, der Immigrant, der dann in die Schweiz weiterwanderte, schwer verunglückte, und an dessen Krankenbett Sie tagtäglich saßen? Gerd Müller vergessen, der ohne Ihre Hilfe lange vor seiner Krankheit sehr unglücklich gewesen wäre? Alle anderen vergessen, denen Sie geholfen haben, wodurch Sie zum guten Menschen der Säbener Straße wurden?

Den Lothar Matthäus haben Sie gegeißelt, aber nicht, weil er mit Putin posierte, sondern, weil er, Sie und ich kennen ihn gut genug, ein Volldepp ist. Sie haben ihn erst gegeißelt nach seiner Karriere. Warum jetzt also Mesut Özil, der sicherlich nicht seine besten Spiele gespielt hat bei der WM, aber solche Momente kennen Sie ja persönlich seit dem Elfmeter bei der EM von 1976.

Sorry, ich wollte diesen Elfmeter eigentlich gar nicht erwähnen, nur darauf hinweisen, dass auch Fußballspieler, ob sie aus Ulm kommen oder aus Gelsenkirchen, auch mal schlechte Tage haben. Aber die haben sie nicht, weil ihre Eltern nicht aus Ulm oder Gelsenkirchen kamen.

Herr Hoeneß, in all der langjährigen Verbundenheit, ich wünschte mir eine Korrektur, Ihrer, und jetzt werde ich mal "Abteilung Attacke", dümmlichsten Äußerungen aller Zeiten. Sie haben sich damit zum Mitredner der Rassisten gemacht. Mesut Özil hat mehr für den Fußball gemacht, das kann man auch statistisch belegen, als zum Beispiel Ihr verhinderter Greenkeeper Lothar Matthäus. Sie haben auch enorm viel für den Fußball und damit das Leben geleistet, zerstören Sie es nicht. Mit der Äußerung, Mesut Özil habe seit Jahren Dreck gespielt, haben Sie meine Verbundenheit zerstört.

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