Trump will US-Wahl verschieben: Angst vor Corona? Angst vor der Niederlage!
Trump sorgt sich nicht um die Gesundheit der US-Wähler. Die wahre Frage ist: Wie weit ist er bereit zu gehen, um nicht als Loser dazustehen? Ein Kommentar.
Wenn Zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Es hängt vom Kontext ab. Die Idee, die Donald Trump per Twitter in die Welt setzt – die US-Wahl wegen Corona und der Gesundheitsrisiken verschieben –, hatten andere vor ihm: in Bayern, in Frankreich, in Polen. Zum Teil sind sie kurzfristig auf Briefwahl umgestiegen. Auch mehrere US-Bundesstaaten, die von Demokraten regiert werden, haben ihre Vorwahlen wegen der Pandemie aufgeschoben.
Gab es da jeweils einen Aufschrei? Nein. Vielleicht mit Ausnahme der Verlegung der Präsidentschaftswahl in Polen. Auch da witterten manche „Foul Play“, aber der Kreis der Empörten war überschaubar.
Bei Trump ist das verständlicherweise anders. Wer glaubt ernsthaft, dass er sich von Sorgen um die Gesundheit der US-Wähler leiten lässt? Der Mann, der Corona lange leugnete und sich weigerte, eine Maske zu tragen. Der Kandidat, der auf Massenveranstaltungen mit Fans, sei es als Rallyes oder als gewohnter Nominierungsparteitag mit Zehntausenden Anwesenden, bestand, bis die Massen von sich aus nicht mehr kommen wollten.
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Trump muss eine Niederlage befürchten, wenn sich der Trend der vergangenen Wochen fortsetzt. Sein Herausforderer Joe Biden führt beim so genannten „Popular Vote“ landesweit und, wichtiger noch, auch in wahlentscheidenden „Swing States“.
Der Streit um die Briefwahl
Trump hat mehrfach angedeutet, er werde das Wahlergebnis eventuell nicht akzeptieren – je nachdem, wie groß die Manipulationen aus seiner Sicht seien. Zu denen zählt er die Briefwahl. Angeblich könnten da künstliche Personen, die es real nicht gibt, abstimmen. Oder Bürger mehrfach wählen. Die USA haben kein allgemeines Meldesystem. Das macht es schwieriger, solchen Missbrauch zu verhindern. Es deutet aber nichts darauf hin, dass dies zum Massenphänomen wird.
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Dennoch gilt: Corona ist eine Herausforderung für den demokratischen Wahlprozess. Dessen Glaubwürdigkeit und Transparenz ist nur zu retten, wenn jede Abweichung vom Gewohnten auf einer gemeinsamen Suche von Regierung und Opposition beruht, die zu einer Lösung im Konsens führt. Damit tun sich gespaltene Gesellschaften schwer.
Sucht Trump nur nach Ausreden oder will er das Wahlergebnis missachten?
Die US-Wahl kann man zudem nicht einfach verlegen. Die Verfassung schreibt den Termin des Amtsantritts im Weißen Haus vor. Bei Trump weiß man nicht, ob er nur nach einer Ausrede für den Fall einer Niederlage sucht. Oder ob er im Ernst vorhat, eine Wahl und ihr Ergebnis nicht zu akzeptieren.
Der beste Fall für die USA wäre ein Sieg mit so deutlichem Vorsprung, dass sich die Frage gar nicht stellt, ob eine gewisse Menge manipulierter Stimmen den Ausschlag gab.