Bilal Ben Ammar: Amri-Freund reiste offenbar von Berlin nach Nizza
Neues aus dem Leben von Bilal Ben Ammar: Der Freund des Breitscheidplatz-Attentäters reiste offenbar im Juli 2016 nach Südfrankreich. Die Grünen haben Fragen.
Der Tunesier Bilal Ben Ammar ist im Sommer 2016 offenbar nach Nizza gereist. Darauf deutet eine Boardingkarte hin, die eine Verbindung vom Flughafen Berlin-Schönefeld in die südfranzösische Stadt ausweist. Das Ticket sollen Ermittler auf Ben Ammars beschlagnahmtem Handy gefunden haben, nachdem er bereits nach Tunesien abgeschoben worden war. Darüber berichten das ARD-Magazin "Kontraste", der RBB und die "Morgenpost". Ben Ammar war ein Freund von Anis Amri, der am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen einen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz verübt hatte.
Den Angaben zufolge ist die Karte nicht auf Ben Ammar ausgestellt, sondern auf einen Namen, den er mutmaßlich als Alias benutzt haben soll. Dem RBB liegt demnach ein Screenshot des Tickets vor, der auf den 7. Juli datiert ist. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, sind darauf der Name Queslati B. und die Abflugzeit 14 Uhr verzeichnet. Das Flugdatum sei nicht zu erkennen.
"Kontraste", RBB und "Morgenpost" leiten aus der Kenntnis über die Flugverbindung die Vermutung ab, dass Ben Ammar am Terroranschlag in Nizza eine Woche später beteiligt gewesen sein könnte. Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, war in der Hafenstadt der radikale Islamist Mohamed Lahouaiej-Bouhlel mit einem Lastwagen über einen Boulevard gerast – er tötete 86 Menschen und verletzte hunderte. Der Attentäter selbst wurde von der Polizei erschossen. Wie Amri und Ben Ammar war er Tunesier.
Belege für eine Beteiligung Ben Ammars haben die drei Medien jedoch nicht. Es ist weder klar, ob er zu dem Attentäter von Nizza Kontakt hatte, noch lässt sich überhaupt sagen, ob er sich am 14. Juli in Südfrankreich aufhielt. Schon länger ist bekannt, dass Ben Ammar im Jahr 2016 mehrfach nach Frankreich reiste.
Ein Vermerk des Bundeskriminalamtes (BKA) vom 1. März 2017, der dem Tagesspiegel vorliegt, deutet sogar darauf hin, dass Ben Ammar zum fraglichen Zeitpunkt in der französischen Hauptstadt gewesen sein könnte. Dem BKA zufolge "kommt ein Zeitraum zwischen dem 10.07.2016 und dem 15.07.2016 für einen Aufenthalt in Paris in Frage". Darauf deuten etwa zwei Bilder vom 15. Juli hin, die in dem Papier dokumentiert sind. Die Deutsche Presse-Agentur berichtet von einem weiteren BKA-Vermerk vom 30. März 2017, der ein Bild von Ben Ammar und Bekannten in Paris enthalten soll, das offenbar am 10. Juli aufgenommen wurde.
Innenministerium kündigt Pressekonferenz für Mittwoch an
Ben Ammar wurde am 1. Februar 2017 nach Tunesien abgeschoben. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages, der Behördenfehler rund um das Attentat aufklären soll, will ihn vernehmen. Grünen-Obfrau Irene Mihalic nannte die Bezüge zum Attentat in Nizza "mehr als auffällig". Zudem hätten Bundesregierung und Sicherheitsbehörden eine mögliche Beteiligung Ben Ammars am Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 nicht hinreichend untersucht. "Der Untersuchungsausschuss muss sich nun sofort mit diesem für die Aufklärung zentralen Komplex befassen", sagte sie der "Morgenpost".
Ob der aktuelle Aufenthaltsort von Ben Ammar bekannt ist, hat das Bundesinnenministerium bislang nicht mitgeteilt. Es wird erwartet, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) noch diese Woche dazu Auskunft gibt. Das Innenministerium kündigte für Mittwoch eine Pressekonferenz zu dem Fall an.