Proteste am Wahlabend: AfD-Wahlparty: Was geschah am Alexanderplatz?
Nach der AfD-Feier gab es Gerangel mit Demonstranten, Augenzeugen berichten Unterschiedliches. Die Polizei ermittelt.
Die Vorfälle rund um die AfD-Wahlparty am Alexanderplatz haben am Montag den Innenausschuss beschäftigt. Innensenator Andreas Geisel (SPD) bestätigte, es habe „einen Vorfall mit einem Taxi gegeben, das mit Funktionären der AfD besetzt war“. Was genau passiert ist, sei noch nicht gänzlich klar.
Der Tagesspiegel hat mit Augenzeugen und unmittelbar Beteiligten gesprochen. Demnach stellt sich die Situation so dar: Der Landtagsabgeordnete Steffen Königer aus Brandenburg, der Berliner Abgeordnete Stefan Franz Kerker sowie ein Mitarbeiter wurden von Polizisten aus dem Veranstaltungsbereich eskortiert und dabei von einer größeren Menge Demonstranten eingekesselt.
Der Versuch der AfD-Funktionäre, ein Taxi zu rufen, scheiterte zunächst, weil mehrere Wagen an der Mollstraße weiterfuhren, als sie die Situation erfassten und auch von Demonstranten dazu aufgefordert wurden. Schließlich rief die Polizei selbst einen Fahrdienst. Der Van mit Kennzeichen aus Königs Wusterhausen wartete eine Ecke weiter. Dorthin rannte die Gruppe, verfolgt von Demonstranten.
Die eine Sicht
Von hier an gehen die Schilderung auseinander. Königer sagt, bereits beim Einsteigen sei der Wagen von Demonstranten mit Wasserflaschen aus Plastik und Fußtritten attackiert worden. Ein Demonstrant sei auf die Motorhaube gesprungen, um die Gruppe an der Abfahrt zu hindern, wurde aber von der Polizei zu Seite geschubst.
Als sich weitere Demonstranten vor dem Wagen aufbauten, habe der Fahrer gehupt, den Motor im Leerlauf aufheulen lassen und sei dann, als der Weg frei war, schnell davon gefahren. Außerhalb des Kessels habe der Fahrer kurz gehalten, um den Wagen nach Schäden zu untersuchen. Größere Beulen an der Fahrertür seien bereits vorher vorhanden gewesen und hätten mit dem Vorfall nichts zu tun. Der Fahrer habe bekundet, AfD-Wähler zu sein. Bezahlt worden sei die Fahrt von der Polizei.
Die andere Sicht
Einer der Demonstranten wiederum sagt, er habe die Szenerie vom Bürgersteig aus beobachtet und sei plötzlich auf die Straße gestoßen worden, wobei er sich mit den Händen auf die Motorhaube des anfahrenden Fahrzeugs stützte, aber von der Front des Wagens am Bauch getroffen wurde. Ein Polizist habe ihn dann auf die andere Seite geschubst.
Der Fahrer soll danach zwei weitere Demonstranten und auch zwei Polizisten angefahren haben, bevor er ohne Licht und bei roter Ampel schnell davonfuhr. Der 19 Jahre alte Demonstrant sagt, zunächst sei er von der Polizei nach Verletzungen gefragt worden, als er aber den Fahrer anzeigen wollte, habe man ihm eröffnet, dass er selbst wegen Landfriedensbruchs angezeigt würde.
Zur Identitätsfeststellung wurde er zur Gefangenensammelstelle gebracht und erst gegen 4 Uhr morgens wieder frei gelassen. Ein Arzt attestierte ihm anschließend eine Prellung im Bauchbereich. Die zwei weiteren angefahrenen Demonstranten, eine Frau und ein Mann, wurden in einem Rettungswagen behandelt.
Die amtliche Fassung
Im Polizeibericht zum Vorfall heißt es, etwa 15 Personen hätten das Taxi auf der Fahrbahn umzingelt, um es am Wegfahren zu hindern. Die Störer hätten auf die Motorhaube getrommelt, das Taxi sei durch eine Flasche und Tritte gegen die Türen beschädigt worden. Nachdem Beamte die Störer weggeschubst hätten, sei das Taxi losgefahren. In diesem Moment allerdings seien bereits wieder Personen vor dem Taxi gewesen.
Es sei zu einer leichten Berührung gekommen, das Taxi sei dann bei Rot über eine Ampel weggefahren. Auf die laut gerufene Frage eines Beamten, ob jemand verletzt sei, habe sich niemand gemeldet. Erst später hätten zwei Männer und eine Frau behauptet, Schmerzen zu haben. Die Polizei ermittelt gegen den Fahrer des in Brandenburg gemeldeten Fahrzeugs wegen gefährlicher Körperverletzung, auch gegen die drei angefahrenen Personen wird ermittelt, unter anderem wegen Landfriedensbruchs.
Im Innenausschuss sagte Geisel, die Polizei habe vor dem „Traffic Club“ zehn Anzeigen geschrieben. Vereinzelt hätten Demonstranten Flaschen auf Polizisten geworfen, deshalb sei die Versammlung per Videoaufzeichnung „zur Beweissicherung dokumentiert“ worden.
Der AfD-Abgeordnete Karsten Woldeit beklagte sich über die Belagerung der Wahlfeier. Er kritisierte, dass er und der Abgeordnete Marc Vallendar mit einem Mannschaftswagen der Polizei heraus gebracht werden mussten. Nach Zeugenberichten wurden auch Familien mit Kindern von den Demonstranten bedrängt und als „Nazis“ bezeichnet. Der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier hielt der AfD vor, dass die Demonstration vom Versammlungsrecht gedeckt sei.