Streit um Kalbitz-Rauswurf und Meuthens Wahlkampffinanzierung: AfD demonstriert nach Bundeskonvent Einigkeit
Ein Antrag auf dem AfD-Bundeskonvent hatte Parteichef Meuthen Spaltungsversuche vorgeworfen und personelle Konsequenzen gefordert. Im Anschluss zeigt sich die Partei demonstrativ einig.
Inhaltlich wie auch logistisch stand der Bundeskonvent der AfD unter schwierigen Vorzeichen. Zwei Tage vor der Veranstaltung hatte das Tagungshotel spontan abgesagt, mehrere Scheiben waren eingeschmissen worden. Nach einer vorläufigen Absage verlegte die Partei ihren Konvent kurzfristig ins Säschsiche Lommatzsch. Auch der Richtungsstreit um den Rausschmiss des Brandenburger AfD-Rechstaußen Andreas Kalbitz und Vorwürfe gegen den Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen in Zusammenhang mit seiner Wahlkampffinanzierung 2016 drohten zur Belastung des Konvents zu werden. Im Anschluss demonstrierte die Parteispitze dann bewusst Einigkeit.
„Wir haben kontrovers diskutiert, kontrovers gestritten, wie es sich gehört für eine demokratische Partei“, sagte Tino Chrupalla, der gemeinsam mit Meuthen Parteivorsitzender ist, am Samstagabend. Dennoch arbeite der Bundesvorstand eng zusammen. „Wir sind eine AfD, es gibt keine Spaltung“, betonte er.
Bundeschef Jörg Meuthen steht seit einiger Zeit parteiintern in der Kritik - unter anderem wegen des Rauswurfs des Brandenburger AfD-Landeschefs Kalbitz. Einen Tag vor dem Konvent hatte das Berliner Landgericht die Annulierung von Kalbitz' Mitgliedschaft für unzulässig erklärt, bis zur Entscheidung des AfD-Bundesschiedsgerichts kann Kalbitz seine Rechte als Parteimitglied und als Mitglied im Bundesvorstand ausüben.
Ein Antrag auf dem Bundeskonvent hatte Meuthen „unverantwortliche Spaltungsversuche“ vorgeworfen und personelle Konsequenzen gefordert. Von der Mehrheit der Delegierten wurde er letztlich abgelehnt. Nach Angaben aus Parteikreisen stimmten 27 Delegierte gegen den unter anderem vom Bundestagsabgeordneten Armin-Paul Hampel eingebrachten Antrag. 23 Delegierte votierten für den Antrag.
Meuthen hofft auf das AfD-Schiedsgericht
Man habe auf dem Konvent ausführlich über die „Causa Kalbitz“ gesprochen, erklärte Meuthen. Es gebe in der AfD eine „vitale Streitkultur“, deswegen müsse man aber keine Spaltung an die Wand malen. Meuthen sieht im parteiinternen Machtkampf um den Kalbitz-Streit eine Mehrheit hinter sich. „Ich versuche - und mit mir die Mehrheit des Bundesvorstandes - die Partei zusammenzuhalten“, betonte er. Dazu gehöre eine „klare Brandmauer“ nach Rechtsaußen und zum Rechtsextremismus. Die tatsächlichen Spalter säßen anderswo. Meuthen zeigte sich am Samstag zuversichtlich, dass das Schiedsgericht Kalbitz' Mitgliedsrechte aberkennen werde.
Er sagte, dass der Ausschluss von Kalbitz eine „unbequeme Maßnahme“ gewesen sei, die man aber habe ergreifen müsse. „Wir haben Erkenntnisse, dass Kalbitz eine verfestigte rechtsextreme Vergangenheit hat, von der er sich nie distanziert hat“. Kalbitz war einer der Wortführer des rechtsextremen „Flügels“ um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke.
Dissenz in der Causa Kalbitz
AfD-Ehrenvorsitzender und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland hatte sich im „Spiegel“ zuvor besorgt geäußert: Seitdem Meuthen gegen Kalbitz vorgegangen sei, beobachte er „mit Sorge regelrechte Zersetzungstendenzen in der Partei“. Auch Björn Höcke kritisierte Meuthen: „Zum dritten Mal in unserer sehr jungen Parteigeschichte will also einer unserer Bundessprecher Teile der Partei mundtot machen oder sogar aus der Partei drängen“, schrieb Höcke am Freitagabend bei Facebook - und spielte damit auf die Vorgänger Meuthens an, Frauke Petry und Bernd Lucke. Auch Tino Chrupalla hatte gegen eine Aberkennung von Kalbitz' Mitgliedschaft gestimmt.
Meuthen räumte unterschiedliche Ansichten im Bundesvorstand ein. „Wir sind eine Partei des Meinungspluralismus“. Auch wenn es in der Personalie Kalbitz einen „Dissenz“ gebe, würden die meisten Entscheidungen des Bundesvorstandes aber nach wie vor einstimmig gefällt. „Auch jetzt in dieser kritischen Phase.“
Mehrere Delegierte zeigten sich auf dem Konvent optimistisch, den parteiinternen Streit beilegen zu können. „Ich glaube nicht, dass es zu einer Spaltung kommt“, sagte etwa der sächsische Landtagsabgeordnete Joachim Keiler. Gleichwohl räumte Keiler ein, dass der Streit der vergangenen Wochen dazu geführt habe, dass Meuthen seine Position nicht unbedingt verbessert habe.
AfD-Bundesvorstandsmitglied Carsten Hütter sieht seine Partei nicht vor einer Spaltung. „Nein, das befürchte ich nicht“, sagte der stellvertretende Bundesschatzmeister am Samstag. Allerdings müsse die Debatte mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr auch einmal abgeschlossen werden: „Die Einheit der Partei und die Außendarstellung der Partei sind wichtige Dinge, die für den Wähler eine Rolle spielen.“
Neue Vorwürfe wegen Wahlkampffinanzierung
Meuthen äußerte sich auch zu gegen ihn gerichteten Vorwürfen im Zusammenhang mit seiner Wahlkampffinanzierung 2016. Medienberichten zufolge gerät Meuthen in der Affäre um fragwürdige Wahlkampffinanzierung weiter unter Druck. In einer eidesstattlichen Versicherung behaupte Meuthens früherer Wahlkampfleiter Ralf Özkara, Meuthen sei bewusst gewesen, dass die Unterstützung rechtlich zweifelhaft war, berichteten die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ (RND) und der „Spiegel“ am Samstag übereinstimmend. Dem „Spiegel“ zufolge bestätigte Özkara die Echtheit des Dokuments.
In der Angelegenheit geht es um den Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg 2016. Meuthen hatte damals in zwei Wahlkreisen kandidiert. Dort hängte die PR-Agentur namens Goal AG mit Sitz in der Schweiz Plakate auf, verteilte Flyer und schaltete Anzeigen in Lokalblättern. Finanziert wurde dies von Spendern. Den gesamten Vorgang wertete der Bundestag als verbotene Annahme anonymer Spenden und verhängte ein Bußgeld in Höhe von 269.400 Euro.
In der eidesstattlichen Versicherung zitiert der damalige Wahlkampfmanager Özkara laut RND und „Spiegel“ Meuthen mit den Worten: „Hängen Sie das nicht an die große Glocke. Ist ein bisschen heikel, weil diese Geschichten aus der Schweiz kommen.“ Meuthen wiederum sagte den Zeitungen und dem Magazin: „Ich kann mich in keiner Weise erinnern, diese Aussagen jemals gegenüber Herrn Özkara gemacht zu haben. Sie ergäben auch keinerlei Sinn.“ Der Inhaber der Goal AG, Alexander Segert, sei schließlich Deutscher.
Im Prozess um das von der Bundestagsverwaltung verhängte Bußgeld hatte Meuthen im Januar gesagt, er habe während des Wahlkampfs „nicht den geringsten Anlass zu glauben gehabt, dass ich unrechtmäßig handeln könnte“. Segert sei ein enger Bekannter von ihm und habe als „Freundschaftsdienst“ angeboten, einige Werbemaßnahmen umzusetzen. Er selbst habe keinen Einfluss auf die Arbeit der Goal AG gehabt, sein Bekannter habe völlig unabhängig gehandelt, sagte Meuthen damals.
Der AfD-Chef verlor den Prozess vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Der „Spiegel“ berichtete am Samstag, aus dem Bundesvorstand sei zu hören, dass Meuthen entgegen früherer Ankündigungen doch nicht mehr in Berufung gehen wolle. Damit müsste die AfD die Strafzahlung wegen illegaler Parteienfinanzierung bald leisten. (Tsp, dpa)