"Islamischer Staat": 120 IS-Anhänger nach Deutschland zurückgekehrt
Deutsche Staatsbürger reisen nach Syrien und in den Irak, um sich von den Terroristen des "Islamischen Staates" im Umgang mit Waffen und Bomben ausbilden zu lassen. Einige von ihnen kehren zurück. Deutsche Sicherheitsbehörden halten sie für ein besonderes Risiko.
Die Zahl der radikalisierten Deutschen, die sich dem "Islamischen Staat" (IS) anschließen, steigt. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte am Donnerstag dem Sender N24: "Wir haben Erkenntnisse, dass weit über 450 Personen schon ausgereist sind in Richtung Syrien und Irak." Bisher gingen Regierung und Sicherheitsbehörden von rund 400 aus Deutschland ausgereisten Islamisten mit meistens salafistischem Hintergrund aus.
Ein besonderes Sicherheitsrisiko für Deutschland sieht der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, in den Rückkehrern. Ihre Zahl liegt derzeit bei 120. Im Magazin "Cicero" verwies er darauf, dass sie indoktriniert und an Waffen und Sprengstoff ausgebildet seien. "Wir wissen, dass mindestens 25 Personen in Kampfhandlungen verwickelt waren oder eine Ausbildung als Terrorkämpfer erhalten haben", sagte Verfassungsschützer Maaßen. "Bei vielen wissen wir nicht genau, was sie dort gemacht haben und wir schauen uns diese Personen natürlich genau an, wenn sie zurückkommen." Ziercke verlangte schärfere Gesetze, um effektiver gegen Islamisten vorgehen zu können. Die Ermittler hätten dafür das gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum der Sicherheitsbehörden und die Anti-Terror-Datei, sagte Ziercke. "Zugleich ist auch der Gesetzgeber gefragt, den Sicherheitsbehörden einen geeigneten, zeitgemäßen Rechtsrahmen zu schaffen."
Der innenpolitische Sprecher der Union, Stephan Mayer (CSU), sprach sich dafür aus, die Sympathiewerbung für Terroristen wieder generell unter Strafe zu stellen. "Insgesamt wäre es angebracht, wenn man diesen Straftatbestand wieder einführen würde", sagte Mayer dem Tagesspiegel unter Hinweis auf den 2002 abgeschafften Sympathisanten-Paragrafen. Mayer forderte, bereits den Aufenthalt in Terror-Ausbildungslagern unter Strafe zu stellen und nicht wie bisher erst die Vorbereitung konkreter Anschläge in Deutschland.
USA und Frankreich warnen ihre Staatsbürger
Die USA und Frankreich haben bereits ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Das US-Außenministerium warnt insbesondere US-Bürger in der Türkei vor möglichen Anschlägen. In den USA selbst sind Sicherheitskräfte zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. In Frankreich wurden nach der Enthauptung des französischen Bergführers in Algerien Sicherheitsmaßnahmen für öffentliche Plätze und in Verkehrsmitteln weiter verschärft. Franzosen insbesondere in Nordafrika, sind schon seit einigen Tagen aufgerufen, "größte Vorsicht" walten zu lassen und sich regelmäßig bei ihren Botschaften oder Konsulaten zu melden.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verpflichtete die Mitglieder zu schärferen Grenzkontrollen und Überprüfungen. Danach müssen Rekrutierung, Transport, Durchreise, Organisierung und Ausrüstung von Terroristen unterbunden und bekämpft werden. Staaten sollen alles unternehmen, damit Extremisten sich nicht den Terrormilizen anschließen können. US-Präsident Barack Obama sagte: "Die Taktik der Terroristen ist nicht neu. Neu ist, dass ausländische Kämpfer in die Krisenregionen strömen. Mehr als 15.000 Terroristen aus gut 80 Ländern sind nach Syrien gekommen.
Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer haben sich beim Besuch von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Nordirak weitere deutsche Unterstützung für ihren Kampf gegen den IS gewünscht. Dabei gehe es unter anderem um Minensuchgeräte, sagte Leyen am Donnerstag nach ihrem Treffen mit dem Präsidenten der autonomen Kurdenregion, Massud Barsani, in Erbil. Gebiete von Minen zu räumen, die IS-Kämpfer gelegt hätten, sei eine Grundvoraussetzung, damit Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren könnten.
Leyen war am Vormittag zu ihrem eintägigen Besuch im Nordirak eingetroffen. Nach ihrem Gespräch mit Barsani sagte, eine zweite Bitte betreffe weitere Unterstützung bei der Ausbildung und dem Training kurdischer Kämpfer. Barsani selbst sagte, die Entsendung von Bodentruppen erwarte er nicht. Sollte es dazu Bereitschaft geben, sei er aber einverstanden. In Erbil befinden sich seit August sechs Verbindungsoffiziere der Bundeswehr, weitere Soldaten sollen folgen. Sie helfen, von Deutschland in den vergangenen Wochen geliefertes Militärmaterial sowie neu eintreffende Waffen zu verteilen und die Kämpfer in die Benutzung einzuweisen. (mit AFP/rtr/dpa)