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Mit Pali-Tuch um den Kopf: der Kreuzberger Denis Cuspert beim Gebet. Der nun festgenommene Weddinger soll aus seinem Umfeld stammen.
© dpa

Terrorverdacht in Wedding: Der singende Salafist

Murat S. sitzt als Terrorverdächtiger in U-Haft. Vor kurzem war der Mann noch Hip-Hopper – so wie ein viel bekannterer Islamist aus Kreuzberg.

Die kurze, hübsche Straße im Süden des Wedding ist an diesem Dienstag fast menschenleer – dabei scheint die Sonne. Der Lärm aus der nahen Müllerstraße, die den Bezirk einer Autobahn ähnlich von unten nach oben durchzieht, ist hier schon nicht mehr zu hören. Hier? Das ist ein 70er-Jahre-Mietshaus mit einer Fassade in schmutzig-grauem Rosa. In diesem Haus wohnt die Familie von Murat S., 40 Jahre, derzeit als Terrorist verdächtigt. Auf das Klingeln reagiert an diesem Dienstag niemand.

Im Kiez kennt man die "harte Nummer" am Dienstag nicht

Am Freitag war Murat S. auf einer Baustelle in Marienfelde von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen worden. Wie berichtet, wurde der Einsatz erst am Montag bekannt. S. sitzt in Untersuchungshaft – wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat. In seinem Fall soll sich die Tat in Syrien ereignet haben. Murat S. habe, so der Verdacht, mit Männern des „Islamischen Staates“ (IS) gekämpft.

Auf Murat S. angesprochen, schütteln am Dienstag zwei weißhaarige Damen in der Straße in Wedding den Kopf: „Nichts gehört!“ Und auch in den Läden rund um den nahen S-Bahnhof Wedding ist der Fall Passanten nicht bekannt. Nach seiner Rückkehr soll S. in Berlin auch keine Taten geplant haben. „Dennoch ist der eine harte Nummer“, sagt ein Beamter. „Mit dem Milieu ist nicht zu spaßen.“

Wurde der Musiker in Weddinger Moschee radikalisiert?

Welchem Milieu? Murat S. ist Türke, aber in Berlin aufgewachsen. Lange ist er unter seinem vollen Namen als Hip-Hop-Musiker aufgetreten. In einigen Internetforen wird noch 2013 über Murat S., den Musiker, gesprochen – nicht über S., den Salafisten. Dieser radikalislamistischen Strömung, aus der sich auch klerikalfaschistische Truppen im Nahen Osten speisen, soll sich S. angeschlossen haben. Unbestätigten Angaben zufolge besuchte Murat S. eine Weddinger Moschee, in deren Umfeld sich zuvor andere Muslime radikalisiert hatten. In Syrien soll er dann den Kampfnamen „Abu Muaz“ getragen haben.

Werdegang wie Denis Cuspert alias Deso Dogg

Der Werdegang des Weddingers erinnert an den Kreuzberger Rapper Deso Dogg. Der inzwischen europaweit bekannte Ex-Musiker hatte sich, während er im Musikgeschäft erfolgreich war, ebenfalls militanten Islamisten angeschlossen. In Internetvideos aus Syrien schwadroniert der Kreuzberger regelmäßig vom Segen der islamistischen Herrschaft. Nach dem 38-Jährigen – bürgerlicher Name: Denis Cuspert – wird seit 2012 gesucht. Er soll sich vor zwei Jahren zunächst nach Ägypten abgesetzt haben. Zuvor war er bei Ausschreitungen von Salafisten in Bonn gesehen worden.

Die Innenminister von Bund und Ländern arbeiten derzeit an einem Maßnahmenkatalog gegen die aus Deutschland stammenden Angehörigen des „Islamischen Staates“.

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