Wo ist die Linke in Berlin?: Proteste gegen Barbie-Haus, keine Unterstützung für die Kurden
Linke protestieren heute gern gegen Barbie-Häuser und Abtreibungskritiker – nicht aber gegen die islamistischen Massaker an den Kurden. Ein Kommentar.
Einige von ihnen gibt es auch in Berlin noch, einige Linke. Ein paar tausend von ihnen liefen in den vergangenen Jahren durch die Stadt und protestierten: gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes, gegen das Barbie-Haus am Alexanderplatz, zuletzt versammelten sie sich gegen einen Marsch von Abtreibungsgegnern.
Zugegeben, das Tempelhofer Feld kann eine Weile frei bleiben, der Senat jedenfalls hatte kein sinnvolles Baukonzept. Auch über das Barbie-Haus lässt sich streiten. Und ja, die rechtsesoterische Allianz der Abtreibungsgegner ist unangenehm. Weshalb aber bewegen sich Linke dieser Tage nur für derlei Nebensächliches auf die Straße? Seit Wochen demonstrieren Kurden, aber auch linke Türken und christliche Syrer in deutschen Städten gegen den Terror der Islamisten. In Berlin gibt es täglich Kundgebungen im Zentrum der Stadt.
Doch während beispielsweise Gregor Gysi zu fast jedem Thema in fast jede Kamera spricht, scheint seine Partei intern kein Bedürfnis zu verspüren, ihre Mitglieder für Solidaritätsaktionen zu mobilisieren. Gleiches gilt selbstverständlich für Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschafter, letztlich für jeden Konservativen, für den Vernunft und Humanismus keine reinen Phrasen sind.
Bei allem Engagement der linken Reste: Ein leeres Feld, ein geschlossenes Barbie-Haus und ungestörte Abtreibungen sind kaum etwas, was draußen in der Welt mit dem Kampf für Fortschritt assoziiert wird. Das Verhindern von Massakern durch klerikalfaschistische Banden hingegen wäre es schon. Die Islamisten wurden zudem lange von den Öldespoten am Golf ausgerüstet, einer besonders brutalen Klasse, die beste Beziehungen zu Herrschern in aller Welt pflegt. Warum also geht die Linke nicht massenhaft auf die Straße?
Waffen dorthin, wo sie gebraucht werden! Also zum kurdischen Widerstand in Syrien
In der Linkspartei, das sei erwähnt, wird seit einigen Wochen über den Kampf der Kurden debattiert. Die Pazifisten in der Partei stellen dabei fest (als bräuchte man dafür die Linke): Der Nahe Osten strotzt vor Waffen, neues Kriegsgerät in die blutige Region zu schicken, mache die Lage noch gefährlicher; deutsche Waffen könnten zudem in falsche Hände geraten.
Oberflächlich mag das stimmen. Nur erstens, im Nahen Osten haben brutale Despoten und blutrünstige Islamisten die Waffen, den Kurden in Syrien jedenfalls fehlen sie. Und zweitens hätte es dann nie Kampagnen geben dürfen wie: „Waffen für El Salvador!“ Hat es aber – und zwar mit großem Echo unter Linken weltweit. Der Befreiungskampf in Zentralamerika wäre ohne Waffen aus Europa wohl nie gewonnen worden.
Der andere Flügel der Linkspartei schielt auf die nächste Regierungsbeteiligung und biedert sich der SPD an, indem er signalisiert, dass man sich auch außenpolitisch arrangieren könne. Viel mehr bedeutet die aktuelle Rhetorik nicht, denn hätte es das Linken-Establishment ernst gemeint, dann hätte es schon vor Monaten, gar Jahren, die Chance gehabt, offensiv zu fordern: Waffen dorthin, wo sie gebraucht werden! Also zum kurdischen Widerstand in Syrien.
Die Kurden dort übrigens sind schon gegen Baschar al Assad aufgestanden, als der syrische Herrscher noch ein hofierter Partner der Bundesregierung war.