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Das Arbeitszimmer von Walter Gropius im Bauhaus Weimar 1924. Aufnahme von Lucia Moholy.
© Bauhaus-Archiv, Berlin

Bauhaus im Louvre: Wie die Moderne nach Paris kam

Im Louvre wird das Bauhaus gewürdigt, mit einer Übersicht, die beeindruckt, Vor- und Mitläufer einschließt und bekannte Größen zelebriert - doch ein entscheidender Blickpunkt fehlt.

So sehr das Bauhaus heutzutage als internationale Keimzelle der Moderne gefeiert wird, so schwer hatte es das reale Bauhaus seit seiner Existenz, eben diese internationale Anerkennung zu finden. Deutschland als Weltkriegsverlierer galt bis Mitte der zwanziger Jahre als Paria der Staatengemeinschaft. Ganz besonders natürlich in Frankreich: Es dauerte bis 1930, bis das Bauhaus in Paris wahrgenommen wurde, dann aber enormen Zuspruch fand.

Auslöser war die Ausstellung der „Société des artistes décorateurs“, der „Gesellschaft der Inneneinrichter“ im Pariser Grand Palais im Frühsommer 1930. Was da unter dem neutralen Titel „Section allemande“ gezeigt wurde, war ein Konzentrat des Bauhauses in seiner Dessauer Version; also des auf Industrie und Technik und auf Massenproduktion ausgerichteten Bauhauses. Organisiert wurde der Beitrag nicht vom Bauhaus selbst, sondern vom Deutschen Werkbund, der seit der von ihm organisierten Stuttgarter Weißenhof-Siedlung 1927 eine kompromisslos moderne Linie verfolgte. Der Werkbund beauftragte denn auch den Bauhaus-Gründer und langjährigen Direktor Walter Gropius mit der Gestaltung des deutschen Beitrags.

Ausgerechnet diese wegweisende Ausstellung des Jahres 1930 spielt keine Rolle in der groß angelegten Ausstellung „L’esprit du Bauhaus“, die das Pariser Kunstgewerbemuseum jetzt in seinem Teil des Louvre entlang der Rue de Rivoli zeigt. Merkwürdig. Denn im Ganzen ist die Ausstellung, die in den gigantischen Hauptsaal und die beengten Nebenräume mit viel Aufwand hineinkomponiert werden musste, höchst ausführlich und bezieht die weitverzweigten Wurzeln des Bauhauses mit ein.

Überhaupt wird manches unter das Signum Bauhaus gefasst, was dort gar nicht geschaffen wurde, wie Wilhelm Wagenfelds stapelbares Glasgeschirr „Kubus“ – das allerdings die von Gropius ausgegebene Losung „Kunst und Technik – eine neue Einheit“ aufs Schönste umsetzt.

Eine Feier der Objekte

Der Katalog der Pariser Ausstellung ist da zum Glück strenger. Er geht insbesondere die Werkstätten des Bauhauses der Reihe nach mit ihren Mitarbeitern und Erzeugnissen durch. Die Ausstellung selbst ist eine Feier der Objekte, schön arrangiert und in Bereichen wie der Glasmalerei und der Weberei in einer Vollständigkeit, wie man sie bei früheren Bauhaus-Schauen nicht hat sehen können. Die blitzenden Stahlrohrmöbel allerdings könnten dem französischen Sinn für Kunsthandwerk kaum ferner stehen.

In der Abteilung Fotografie, die hauptsächlich mit den Aufnahmen von Lucia Moholy und ihrem Mann, dem Allrounder László Moholy-Nagy, bestückt ist, fällt eine wunderbare Arbeit aus dem Jahr 1927 auf, eine Ansicht des Dessauer Neubaus von Florence Henri: Sie ging von Paris aus ans Bauhaus und kam in einem Sommerkurs jenes Jahres durch Moholy-Nagy zur Fotografie. Bald nahm sie an Ausstellungen wie der legendären „Film und Foto“ von 1929 teil.

Die Politisierung des Bauhauses

Die Auseinandersetzungen am Bauhaus werden nicht ausgespart, doch es bedarf schon des umfangreichen Katalogs, um etwa zu verstehen, warum ein so brillanter Gestalter wie Marcel Breuer die Lehranstalt verließ: Er wollte seine Möbel selbst vermarkten, ohne die „Bauhaus GmbH“, die Gropius für die Zusammenarbeit mit der Industrie gegründet hatte. Dann der Marxismus: Er erreichte das Bauhaus unter dem bewegten Direktorat von Hannes Meyer („Volksbedarf statt Luxusbedarf“), und die ausgelegten Dokumente lassen die Zerwürfnisse ahnen. Dass sich die politische Rechte die Politisierung des Bauhauses zunutze machte, ist die Kehrseite dieser Medaille.

Nach den Ausstellungen des Bauhaus-Jahres 2009 war kaum mit einer so reichhaltigen Übersicht zu rechnen, wie sie das Pariser Museum zustande gebracht hat. Dass es nicht möglich war, die legendären fünf Räume der 1930er-Ausstellung wenigstens anzudeuten, bleibt jedoch ein Manko.

Paris, Musée des Arts décoratifs, 107 rue de Rivoli (Louvre), bis 26. Februar. Katalog 39 €. Infos unter www.lesartsdecoratifs.fr

Bernhard Schulz

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