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Spielerische Ethnologie. Die Puppe Helmi geht auf große Reise.
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Die Zukunft des Humboldt-Forums: Suppen, Schlösser, Sorgen

Zum vierten Mal findet ein Humboldt-Lab in den Dahlemer Museen statt, in dem die Wissenschaftler ausprobieren, wie sie das künftige Humboldt-Forum bespielen wollen. Dabei zeigt sich jetzt schon die Sorge, dass sie später nicht mehr so viel experimentieren können.

Leere Vitrinen sind nicht gerade spannend. Vor allem in einem Museum, das seine Aufgabe offensichtlich falsch versteht, wenn es dem Besucher offensiv einen Glaskasten präsentiert mit dem Schildchen „Objekt entnommen“. Im Untergeschoss des Ethnologischen Museums allerdings ist die leere Vitrine ein Hingucker. Hier geht es um die Frage, wie Kuratoren künftig mit sakralen und rituellen Objekten umgehen sollten. Diese Gegenständen sind in Kreisen der indigenen Bevölkerung Zentral-Australiens oder Papua-Neuguineas sonst nur wenigen Menschen vorbehalten, genauer: den direkten Nachfahren eines Ahnenkults oder in die Gemeinschaft aufgenommenen Erwachsenen. Und in Berlin soll jeder sie anschauen dürfen? Es geht hier darum, welchen Wert wir in Europa den in ihren Herkunftsländern mit Tabus belegten Objekten beimessen.

Die vierte Ausgabe des Humboldt- Labs, einer Ausstellungsreihe zur Erprobung der Ausstellungspräsentation im Humboldtforum, gibt sich nur wenig experimentell. Einzige Ausnahme: Die österreichische Künstlergruppe Gold Extra lädt mit einem Computerspiel dazu ein, in die Haut von Johan Adrian Jacobsen zu schlüpfen, der im 19. Jahrhundert für Berliner Museen an der amerikanische Nordwestküste Objekte erwarb. Die Wissenschaftler widmen sich in ihren anderen Projekten umso intensiver kunsthistorischen und ethnologischen Problemstellungen. So versucht die Afrika-Abteilung mit ihrem Projekt „Europa Test“ die wechselseitige Beeinflussung beider Kontinente offenzulegen. Die Klassiker der Moderne, Picasso voran, ließen sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts von afrikanischer Kunst inspirieren. Umgekehrt nahm das Königreich Kongo Ende des 15. Jahrhunderts das Christentum als offizielle Religion an; lokale Künstler fertigten Heiligenfiguren und Kruzifixe.

Geradezu klassisch wirkt die Gegenüberstellung im Museum für Asiatische Kunst von chinesischer Tuschemalerei aus dem 17. Jahrhundert mit Zeichnungen aus den Niederlanden zur selben Zeit. Die Gemeinsamkeiten beweisen, dass durch Handelsbeziehungen und Moden bereits vor mehreren hundert Jahren Globalisierungsprozesse angestoßen wurden. Gleich zwei Räume sind dem Künstler Yuken Teruya gewidmet. Der japanische Künstler hat Gewänder von Handwerkern der Präfektur Okinawa fertigen lassen mit konventionellen Blumen- und Vögel-Motiven darauf. Wer genauer hinschaut, erkennt dazwischen kleine Fallschirmjäger und Kampfjets. Teruya spielt auf die Geschichte seiner Heimat an, die von 1945 bis 1972 von den Amerikanern besetzt war, noch heute ist US-Militär präsent.

Der Bund ermöglicht die Lab-Reihe bis 2015 mit 4,1 Millionen Euro, zwei Folgen stehen noch aus. Das Ende vor Augen, appelliert die Direktorin des Ethnologischen Museums, Viola König, die Unterstützung solcher Experimente fortzusetzen, auch wenn die Dahlemer Sammlungen das Humboldt-Schloss bezogen haben. Das Lab schafft Brücken zwischen Fachgebieten, wo sonst jeder sein Süppchen kocht; es überwindet starre Verwaltungsgrenzen. Viola König hat offensichtlich Sorge, im Schloss könnten wieder Zeiten der Verkrustung anbrechen. Das überrascht. Sollte das Humboldtforum nicht gerade ein Ort des Austauschs der Kulturen werden?

Museen Dahlem, Lansstr. 8, bis 8. 3.;, Di bis Fr 10–17 Uhr, Sa / So 11–18 Uhr.

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