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Matthias Schulz (l) und Daniel Barenboim am 15.März 2018 im Apollosaal der Staatsoper.
© dpa/Britta Pedersen

Berliner Staatsoper: Schnee von morgen

Matthias Schulz stellt seine erste Saison als Berliner Staatsopern-Intendant vor – und Daniel Barenboim stiehlt ihm die Show

Sehr lange hat Matthias Schulz auf diesen Moment warten müssen. Seit zwei Jahren ist er nun schon an der Berliner Staatsoper, durfte als Designatus zunächst nur zuschauen, ab September 2017 dann als Ko-Intendant Seite an Seite mit Jürgen Flimm arbeiten. Zum 31. März schließt Flimm sein Chefbüro nun endgültig zu, dann ist der 1977 in München geborene Schulz alleinverantwortlich. Neben dem allmächtigen Generalmusikdirektor Daniel Barenboim natürlich.
Als er im Januar zum Antrittsbesuch im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses war, erklärte Matthias Schulz, er wolle künftig das „Zentrum des Zentrums“ mitgestalten. Das bezog sich zum einen darauf, dass die Opernleute endlich wieder in ihrem sanierten Stammhaus spielen können. Zum anderen spielte er damit aber auch auf die prominente Baustelle in der Nachbarschaft an. Der Kulturmanager hat nämlich denselben Anspruch wie das Humboldt-Forum: Schätze der Vergangenheit auf überraschend-innovative Weise zu präsentieren. Die Genres und Stile kreuzen, Bezüge zum Heute herstellen und das alles möglichst niedrigschwellig – so lauten auch die hehren Ziele von Matthias Schulz. Er ist vielleicht keine geborener Entertainer wie Jürgen Flimm, aber man merkt ihm am Donnerstag bei der Pressekonferenz doch an, dass er etwas bewegen will Unter den Linden.

2018/19 kommen jüngere Kreativteams zum Zuge

Nach dem Defilee der alten Männer in der aktuellen Saison sollen 2018/19 jüngere Kreativteams zum Zuge kommen. Allein bei den Regisseuren und Regisseurinnen der zwölf Neuproduktionen fänden sich neun neue Namen, schwärmt Schulz. Aletta Collins sich wird zusammen mit Sir Simon Rattle und Olafur Eliasson der Barockoper „Hippolyte et Aricie“ von Jean-Philippe Rameau annehmen, Yval Scharon einen neuen Blick auf die „Zauberflöte“ werfen, zusammen mit Franz Welser-Möst, der damit ebenfalls sein Hausdebüt gibt, und dem Modedesigner Walter van Beurendonck. Und dann ist da noch Bartlett Sher, der Hausregisseur des New Yorker Lincoln Centre, dem Schulz Verdis „Rigoletto“ anvertraut hat (Dirigent: Andrés Orozco-Estrada).
Das in der Flimm-Ära jeweils kurz vor Spielzeitende im Sommer veranstaltete „Infektion“-Festival mit zeitgenössischer Musik hat Schulz abgeschafft. Weil er findet, dass sich die Musik unserer Zeit ganz selbstverständlich ins Programm einfügen sollte. „Linden 21“ heißt sein Schlagwort dafür, fünf experimentelle Produktionen sind vorgesehen, darunter ein Projekt der Berliner Familie Flöz mit der Tiroler Musciabanda Franui. Außerdem gibt es eine große Uraufführung, „Violetter Schnee“ von Beat Furrer, dirigiert vom Komponisten Matthias Pintscher, inszeniert vom Tiefenpsychologen unter den Regisseuren, Claus Guth.

Im November und Dezember gibt es ein Barockfestival

Aus der Notlösung, immer dann Barockes mit Gastorchestern Unter den Linden aufzuführen, wenn die Staatskapelle auf Gastspielreise ist, macht Schulz 2018 erstmals ein richtiges Festival: Drei Opernproduktionen sowie Konzerte mit exquisiten Ensembles wie den Musiciens du Louvre oder den Talens Lyriques gibt es im November und Dezember, wenn Daniel Barenboim und seine Musiker durch China und Australien touren. A propos Daniel Barenboim: Natürlich rückt er im Laufe der Pressekonferenz dann doch wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Weil er 2018/19 drei wirklich außergewöhnliche Werke leiten wird, Cherubinis „Medea“ nämlich, inszeniert von Andrea Breth, mit Sonya Yoncheva in der Titelrolle, dann die neue „Berliner Fassung“ von Jörg Widmanns 2012 in München uraufgeführter Oper „Babylon“ (Regie: Andreas Kriegenburg) und schließlich noch Prokofjews Musikkomödie „Die Verlobung im Kloster“, szenisch betreut von seinem Lieblingsregisseur Dmitri Tscherniakov.

Barenboim wird politisch: Es geht ihm um Europa

Und dann wird der Maestro mal wieder zum politischen Mahner, auf eine Weise, wie nur er sie beherrscht. Diesmal ist Europa sein Thema, die Krise der Staatengemeinschaft, die für ihn nur durch eine Rückbesinnung auf die gemeinsamen kulturellen Werte zu überwinden ist. Weil die Griechen diejenigen sind, die derzeit besonders an der von Finanzministern gelenkten EU leiden, die Ursprünge des Abendlands aber nun einmal in Hellas zu finden sind, legt er in der kommenden Saison einen Schwerpunkt auf die griechische Mythologie: Neben der „Medea“ wird er auch Strauss’ „Elektra“ dirigieren, dazu im Konzertbereich Beethovens „Prometheus“, Ravels „Daphnis et Chloé“ sowie zwei Werke von Nikos Skalkottas, der in den 20er Jahren in Berlin Schüler von bei Arnold Schönberg war.
Der Vorverkauf für die Staatsopern-Saison 2018/19 beginnt am 14. April.

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