Museum Frieder Burda in Berlin: Natur schön
Von Baden-Baden nach Berlin: Im Berliner Salon des Museums Frieder Burda kann man sinnliche, intensive Momente erleben.
Unter dem Stein liegen knallrote Erdbeeren, die wenige Sekunden nach ihrer Entdeckung von einem Fuß zerdrückt werden. Das wirkt allerdings keinen Moment lang brutal. Eher wie der Wunsch nach totaler Verschmelzung von Körper und Natur, wie sie Laure Provoust in ihrem Video „Swallow“ von 2013 inszeniert.
Es sind sinnliche, intensive Momente, die man im Berliner Salon des Museums Frieder Burda erleben kann (Auguststraße 11–13, bis 18 August). Schmetterlinge landen auf arkadischen Blüten, nackte Badende tummeln sich in Quellen unter Wasserfällen. Und natürlich weiß die französische Künstlerin um die Künstlichkeit ihrer von der Sonne geküssten Idylle, die mehr eine latente Sehnsucht denn den realen Zustand von Landschaft beschreibt. Sie wurde längst umgeformt, den menschlichen Bedürfnissen angepasst und rücksichtslos optimiert. Der Titel der Ausstellung, die am heutigen Samstag mit einer Diskussion zu Ende geht, trägt denn auch ein Fragezeichen: „Zurück zur Natur?“ – geht das überhaupt, und wie könnte es aussehen?
Einfache Lösungen gibt es nicht
Gleich hinter Prouvosts abgedunkeltem Videoraum hält David LaChapelle Fotografien mit verlassenen Tankstellen in dschungelartigen Szenerien bereit. Unberührtes gibt es nicht einmal mehr im hintersten Winkel der Erde. Und wer weiß: Vielleicht wird man bald auch auf jene Brisen verzichten müssen, die Sissel Tolaas in kleinen Blechdosen konserviert hat. Die renommierte Duftkünstlerin überrascht mit Meeresgerüchen aus allen Teilen der Welt und erinnert daran, dass die Ozeane nicht nur Wasserstraßen und Müllgräber, sondern vor allem fragile ökologische Systeme sind.
Auf dem großen Gemälde von Tim Eitel steuert ein Ruderboot gegen die Wand, auf dem Boden des benachbarten Raums liegen jene „Horseshoe Craps“, mit denen der dänische Künstler Tue Greenfort ein Fossil nachgebildet hat – aus Beton und Flugasche, die zu den schädlichen Nebenprodukten unserer Energieproduktion. Für Nikita Shalenny hat sich die Debatte längst erledigt, seine Figuren rennen in der VR-Arbeit „The Bridge“ (2017) bloß noch um ihr nacktes Leben. So ergibt sich ein spannendes, konträres Bild diverser künstlerischer Strategien, die unsere Verhältnis zur Natur im Anthropozän beschreiben. Einfache Lösungen gibt es nicht, bloß vielfältige Ansätze, deren Unterschiede sich auch in der vom Berliner Autor Thomas Böhm moderierten Diskussion über Arts Activisim (ab 15 Uhr) niederschlagen werden. Teilnehmer sind Nancy Campbell, Flavio de Marco und Sissel Tolaas. Die Ausstellung hat parallel von 12 bis18 Uhr geöffnet.
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