Kultur: „Um Vater zu schockieren, kaufte ich einen Fontana“ Frieder Burda hat sich in Baden-Baden einen Traum erfüllt: Jetzt zeigt er Baselitz in seinem Museum
Hinter den Glasfenstern und den pulverbeschichteten weißen Aluminiumplatten des Museums drängten sich Scharen von Besuchern. Eigentlich hatte Frieder Burda geplant, sein Museum im südfranzösischen Mougins, dem Sterbeort Picassos, zu bauen, wo er ein Haus hat und seine Ferien verbringt, entschied sich dann aber doch für die Heimat.
Hinter den Glasfenstern und den pulverbeschichteten weißen Aluminiumplatten des Museums drängten sich Scharen von Besuchern. Eigentlich hatte Frieder Burda geplant, sein Museum im südfranzösischen Mougins, dem Sterbeort Picassos, zu bauen, wo er ein Haus hat und seine Ferien verbringt, entschied sich dann aber doch für die Heimat. Wenn man mit ihm durch den Kurpark von Baden-Baden geht, in den das Museum eingepasst ist, wird deutlich, wie sehr er in dieser Stadt verwurzelt ist. Er wird ständig gegrüßt, grüßt zurück, schüttelt eine Hand, Berührungsängste gibt es hier offenbar von keiner Seite. In dieser Region ist er nämlich nicht nur ein reicher Kunstsammler, sondern auch ein Arbeitgeber.
Frieder Burda wurde 1936 als einer der drei Söhne des Verlegerpaares Franz und Aenne Burda aus Offenburg/Baden geboren. Er leitet heute – nachdem der jüngste Bruder Hubert 1986 das Verlagsimperium übernahm – mit seinem Bruder Franz die F & F Burda Vermögensverwaltung GmbH. Die Familie Burda, väterlicherseits aus Böhmen stammend, kam aus einfachen Verhältnissen: „Mein Urgroßvater war Straßenmusikant, meine Mutter ist die Tochter eines Lokomotivführers.“ Der Vater hingegen, der schon mit 21 Jahren promovierte, war bereits der Sohn eines Druckers.
Das Gespür für das, was die Menschen sehen wollen, begann bei Frieder Burda aber nicht nur mit den familieneigenen Zeitungen, sondern auch angesichts der Kunst, die zu Hause an den Wänden hing: „Mein Vater kaufte immer, wenn er einen guten Geschäftsabschluss gemacht hatte, und er kaufte, was ihm gefiel: Kirchner, Chagall.“ Die ExpressionistenSammlung des Vaters legte den Grundstein für ein Leben, das so nicht geplant war, denn Sohn Frieder sollte – wie die anderen Brüder auch – in das Verlagsgeschäft einsteigen. Trotz Ausbildung zum Verlagskaufmann versuchte Frieder, sich aus diesem ehrgeizigen Milieu zu befreien und brachte es bis zum Linienpilotenschein. Schließlich übernahm er in Darmstadt einen väterlichen Betrieb, der von 1968–76 unter anderem Beilagen für den Daily Telegraph druckte.
Die innere Unabhängigkeit vom Vater erlangte er jedoch mithilfe der Kunst: „Um den Vater zu schockieren, kaufte ich 1968 einen Fontana, den ich auf der Documenta gesehen hatte.“ Mit sichtlichem Vergnügen nennt er dies seinen „Beitrag zur Jugendrevolution“, der allerdings ein bisschen ins Leere schoss, weil der Vater die zerschlissene Leinwand, für die der Sohn 3500 Mark zahlte, interessant fand. Erst nach dem Tod des Vaters 1986 dürfte Frieder Burda das Sammeln von Kunst intensiviert haben.
Über den Wert der gegenwärtigen Sammlung oder die Ankaufspreise der Werke gibt er keine Auskunft: „Preise ändern sich, man kann sie nicht festschreiben, egal was der Kunstmarkt macht. Ich glaube, Kunst soll den Menschen Freude machen. Wenn ich überall draufschreibe, was es gekostet hat, gucken die Menschen nur auf den Preis; deswegen sage ich nichts.“ Ihm ist wichtiger, wo und unter welchen Umständen er ein Bild gekauft hat, und er erzählt eine Geschichte von 1984: „Thomas Ammann, der Galerist aus Zürich, zeigte mir einen frühen Rothko. Das Bild „Black Stripe“ von 1958 hing über dem Kamin eines Hauses in der 58. Straße in New York, das auch einmal Warhol gehörte, und es kostete 800 000 Dollar. Das war sehr viel Geld, das ich vom Vater erbetteln musste. Als der Preis im Zollamt Baden- Oos in Mark umgerechnet werden musste, nahm mich der Oberzollrat beiseite und sagte: ,Wissen Sie, was Sie da tun? Haben Sie da nicht einen Fehler gemacht? Das kann doch nicht sein!’.“
Er habe seine Entscheidungen für Ankäufe früher aus dem Bauch heraus getroffen: „Sammlerleidenschaft kann man nicht erklären“, sagt er. Während er so wie einer seiner Künstler spricht, die auch nichts erklären wollen, springt ihm das Wohlgefühl eines Menschen aus den Augen, der liebt, was er kauft: „Kunst nur als Investition zu betrachten, halte ich für gefährlich. Ich habe ein Fernsehinterview mit Steffi Graf gesehen. Sie wurde an einem schönen Ort in Kalifornien gefragt, ob sie hier ein Haus bauen würde. Ihre Antwort war: Ja, aber zuerst muss ein Tennisplatz hin. Das ist es. Ohne Begeisterung geht es nicht“, sagt Frieder Burda und lacht. „Man muss sich vor der Obsession hüten, sie macht blind.“
Es ist wohl diese Mischung aus Intuition und Kennerschaft, die den Erfolg der Sammlung ausmacht. Allerdings werden Ankäufe nicht mehr so unvoreingenommen getätigt wie früher: „Heute denke ich: Ich habe ein Museum! Kommt das auch an? Ist das museumswürdig?“ Selbstverständlich gelingt es ihm immer wieder, gute Kunst zu kaufen. Zu den Händlern, mit denen er zusammenarbeitet, zählen Hans Mayer (Düsseldorf) und Michael Werner (Köln/New York), sein Haupthändler aber ist immer noch Arne Glimcher von PaceWildenstein in New York. Von Heiner Bastian kaufte Burda 2004 Anselm Kiefers „Böhmen liegt am Meer“ (1995), ein 1,90 mal 5,59 Meter großes Bild, das – wenn es gerade keine Ausstellungen gibt – in der Eingangshalle des Museums hängt.
Mit etwa 40 Ölbildern und Aquarellen hat Burda die größte Sammlung von Gerhard Richter in Deutschland, ein Werkblock, der nahezu 50 Jahre umspannt. Eine private Sammlung neben dem Museum gibt es nicht. In den letzten Jahren hat er sich intensiv mit junger Kunst beschäftigt: „Ich sehe nicht ein, dass ich heute für einen Richter derart horrende Preise zahlen muss“, sagt er und stellte 2006 seine Neuwerbungen vor: Neo Rauch, Tim Eitel, Karin Kneffel, Eberhard Havekost, Heribert C. Ottersbach. Aber so wie er an Richard Meier, dem Architekten seines Baden-Badener Museums, das ‚Antimonumentale’ mag, lässt er sich auch in der Malerei von einem nüchternen Blick leiten: „Ein Großteil dieser Maler wird wohl in Vergessenheit geraten; ob die alle für die Ewigkeit bleiben, das weiß man nicht; wir müssen sie jetzt zeigen.“
„Baselitz – 50 Jahre Malerei“, Sammlung Frieder Burda und Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, bis 14. März.
Rita Pokorny
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