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Energiebündel: Alondra de la Parra am Pult.
© Kai Bienert

Young Euro Classic: Kraftquellen der Musik

Hinein in die orchestralen Springfluten: Das Bundesjugendorchester mit Beethoven und einem Konzert von Enrico Chapelas bei Young Euro Classic.

Natürlich sind sie richtig gut, die Nachwuchsmusikerinnen und -musiker des Bundesjugendorchesters (BJO). Und das, obwohl sie höchstens 19 Jahre zählen. Bei ihrem Auftritt im Rahmen des Festivals Young Euro Classic fällt aber noch etwas unmittelbar auf: Es braucht auch Dirigenten und Solisten, die das Potential der Jugend gleichsam zu schätzen wie zu kitzeln vermögen. Die mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra, 35, hat dafür nicht nur das richtige Händchen, sondern zwei höchst autarke, energetische Ströme einfangende Arme. Sie verraten, dass der Dirigentin eine gewisse Treue zum Grundschlag zwar wichtig ist, dass es aber vor allem die entfesselten Einwürfe der Linken sind, mit denen sie Wirkung erzielt.

Das deutsch-mexikanische Programm auf den Pulten hat es in sich: Beethovens Coriolan- und seine dritte Leonoren-Ouvertüre verlangen in einer dramatischen Schichtung nach Überblick. Nie darf die Intensität erlahmen, sich die Wucht abnutzen. Die Dirigentin und das BJO kommen hier schon sehr weit heran an die Kraftquellen dieser Musik, an Steigerungen, die nicht mehr in die Lautstärke, sondern in den Nachdruck gehen.

Innig aus eigener Erfahrung auch das Verstehen mit Solist Johannes Moser, der einst im BJO Cello strich. Als deutsche Uraufführung spielt er Enrico Chapelas Konzert für elektronisch verstärktes Cello. Der Komponist verkabelt und überwacht die Klangwerdung selbst, Orchester und Solist werfen sich in sein gewitztes Werk, das Hitchcock-Klänge mit heiserem Heavy Metal überblendet und die Marseillaise in orchestralen Springfluten absaufen lässt. Moser wirft sich in die Musik und reißt dabei seine Nachfolgerinnen und Nachfolger im BJO spürbar mit. Die spielen als pralle Zugabe Arturo Márquez’ Danzón No. 2, raffiniert gesteigert bis der ganze Saal klatscht und jubelnd steht. Am 16. September wird das Bundesjugendorchester mit Alondra de la Parra und mehr mexikanischer Musik noch einmal nach Berlin kommen und dann den Konzertsaal der UdK sicher zum Brodeln bringen.

Ulrich Amling

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