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Kopfkino in der Virtual Reality. Szene aus dem VR-Wettbewerbsbeitrag "The Argos File" von Josema Roig.
© Venedig Festival

Filmfestival in Venedig: Kino, 360 Grad

Die Frauenquote lässt zu wünschen übrig, doch das Filmfestival Venedig präsentiert mit einem neuen Virtual Reality-Wettbewerb auch die Zukunft des Kinos.

Nur eine Regisseurin im Wettbewerb – Vivian Qu aus China –, nur zwei Frauen außer Konkurrenz und die erste Jury-Präsidentin seit elf Jahren. Annette Bening bringt es bei der Jury-Pressekonferenz des 74. Filmfests Venedig auf den Punkt: „Wir Frauen müssen scharfsinnig, gewitzt und kreativ sein bei der Wahl unserer Projekte“, sagt die Schauspielerin am Lido. Zweifellos gebe es Sexismus, „aber die Dinge ändern sich.“

Also schnell mal nachgeschaut beim Kino der Zukunft, im Virtual-Reality-Wettbewerb, den die Mostra als erstes großes Filmfest ins Programm hebt. Am besten gleich ins Wunderland, zu „Alice, The Virtual Reality Play“ – neben klassischen VR-Filmen nehmen sechs Installationen am Wettbewerb teil. Ein kratzfüßiger Page empfängt die Besucherin, bittet höflich, Schuhe, Schmuck und Identität abzulegen, stülpt dir die VR-Brille über den Kopf und schwupps, schon fällst du ins Kaninchenloch, bist du Alice, die Gefährtin von Rabbit, die letzte Rettung für Humpty Dumpty, die Konsumentin von Magic Mushrooms.

Klima-Doku und Krimi in virtueller Realität

Tatsächlich hat Virtual Reality nicht nur das Kino und Games als Referenz, sondern zielt auch in Richtung immersives Theater. Venedig präsentiert die Vielfalt der Technik, aber auch ihre Grenzen. Sämtliche Genres sind vertreten: eine Klima-Doku („Greenland Melting“ mit 360-Grad-Gletscherexpedition), das Zeitzeugen-Porträt eines Holocaust-Überlebenden („The Last Goodbye“), Gangsterstreifen („Gomorra VR“), einen Sci-Fi-Krimi, in dem man im Gedächtnis der Toten nach dem Mörder fahndet („The Argos File“), Animationen, Reisen in die Antike. Wer sich in die Zeichenhöhlen von Laurie Andersons und Hsin Chien Huangs „La camera insabbiata“ wagt, wer dort im Freiflug durch Buchstabenwolken navigiert und mit der eigenen Stimme abstrakte Skulpturen ins All zaubert, muss allerdings schwindelfrei sein.

Die Tücken: Noch lassen die Bilder Schärfe vermissen (zumal für Brillenträger), noch stellt sich mitunter der Puppenstuben-Effekt ein, ähnlich wie bei 3D. Auch kopieren die Stories die Dramaturgien von Filmen und Games, statt mit eigenen Erzählweisen zu experimentieren. Und: Anders als im Kino ist man in der virtuellen Welt entsetzlich allein.

Die VR-Filmschau ist auf der Lagunen-Insel Lazzaretto Vecchio untergebracht. Hier wurden im Mittelalter die Lepra- und Pestkranken weggesperrt. Zuletzt diente die Insel als Heimstatt für herrenlose Hunde, vor ein paar Jahren fand man hier 1500 Pest-Skelette. Willkommen in der analogen Welt: Zeitreisen kann man in Venedig auch ohne VR-Brille unternehmen.

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