Virtual Reality: Die 360-Grad-Computerwelt
Sie sind der Renner auf der diesjährigen CES in Las Vegas: Virtual-Reality-Brillen. Doch der Weg in die virtuelle 3D-Welt ist noch steinig.
Erinnern Sie sich noch an Geordi La Forge - bekannt aus der TV-Serie "Star Trek: The Next Generation"? Höchstwahrscheinlich nicht. Womöglich aber an seine schicke, silberne Brille: dem VISOR. Dank dem Augenaufsatz, der an eine hochmodernen Brille mit Lamellen erinnert, konnte der Kommandant des Raumschiffes USS Enterprise sehen. Geordi La Forge war von Geburt an blind.
Über 20 Jahre nach dem Ende der legendären Science-Fiction Serie kommen immer mehr sogenannte "Virtual-Reality-Brillen" auf den Markt. Auf der aktuell laufenden Consumer Electronics Show (CES) sind sie der Renner schlechthin. Im Gegensatz zu Geordi La Forges Brille unterstützen sie jedoch nicht das Sehvermögen. Stattdessen aber lassen sie den Nutzer in eine virtuelle Welt eintauchen, die realer kaum mehr werden kann.
Virtuelle Realität - das Konzept
Das Funktionsprinzip einer Virtual-Reality-Brille ist schnell erklärt - die Technik dahinter aber hochkomplex. Die eigentliche Brille (oder auch Headset) ist mit zwei einzelnen Displays ausgestattet, die im geringen Abstand vor den Augen des Nutzers positioniert sind. Durch eine spezielle Displayform und unter Einsatz von Linsen (ähnlich einem Fernglas) füllen die Displays nahezu den kompletten Betrachtungswinkel des menschlichen Auges aus. Bedeutet: Egal wohin der Nutzer auch schaut, sieht er eine computergenerierte Welt.
Die Displays des Headsets sind vor Lichteinstrahlungen von außen geschützt. Bewegungen von Augen und Kopf werden von Sensoren im Headset verfolgt - ein Computer errechnet innerhalb weniger Millisekunden eine realitätsnahe Reaktion der auf den Displays gezeigten virtuellen Welt.
Die Bildschirme sind zudem versetzt angeordnet - für den Betrachter entsteht ein 3D-Effekt. Eine extrem hohe Pixeldichte und eine in alle Blickrichtungen erstellte Computerwelt erzeugt eine täuschend echte Realität - nur ganz virtuell. So kann der Nutzer förmlich ins Geschehen abtauchen, sich frei in 3D-Welten umsehen und je nach Modell und angeschlossener Technik sogar mit den virtuellen Inhalten interagieren.
Ein neuer Megatrend
Schon seit Jahren gilt Virtual Reality als der neue Trend in der Zockerwelt. Zwar feilen Spieleentwickler an immer feineren und realistischeren Computerwelten, diese blieben bisher jedoch stets an den Bildschirm gebunden. Virtuelle Realität ermöglicht dagegen ein deutlich intensiveres Spielerlebnis.
Mittlerweile stehen eine ganze Bandbreite an Unternehmen kurz vor der Markteinführung eigener Virtual-Reality-Brillen.
Dennoch ist die Technik noch vergleichsweise jung. Branchenpionier Oculus trat 2013 den Trend los. Bereits ein Jahr später kaufte Facebook das amerikanische Start-up für rund 2,3 Milliarden US-Dollar. Sony verfolgt mit Project Morpheus für seine stationäre Spielekonsole Playstation 4 ähnliche Pläne.
Googles Cardboard und Samsungs Gear VR gehen andere Wege: Ihre Headsets dienen nur als reine Halterungen für Smartphones. Eine spezielle Software nutzt dann das Handy-Display als Tor zu den virtuellen Welten.
Noch viele Fragezeichen
Die virtuelle Welt erscheint allzu verlockend. Zwischen den einzelnen Modellen gibt es jedoch teils erheblich Unterschiede - auch im Preis. Mit rund 20 Euro unschlagbar günstig ist Googles Cardboard: Es besteht jedoch zum Großteil aus Pappe und muss zunächst vom Käufer zusammengesteckt werden.
Mit ähnlichen Wirkprinzip aber aus deutlich hochwertigerem Material ist Samsungs Gear VR - die hat mit rund 150 Euro aber auch ihren Preis. Beide Modelle sind allerdings reine Halterungen. Kompatible Handys sollten daher am Besten schon vorhanden sein.
Doch nicht nur die Liste passender Smartphonemodelle ist kurz: Kaum Programme und Spiele unterstützen die virtuellen Welten: So finden sich in Googles "Android Playstore" bisher nur eine kleine Zahl meist simpler Animationen oder Kurzspiele. Apple bietet für seine iPhones bisher noch keine Halterungen an.
Leistungsstarker Computer ist Pflicht
Deutlich teuer ist dagegen das "echte" Virtual-Reality-Headset von Oculus. Oculus erste Virtual-Reality-Brille "Oculus Rift" kann man seit gestern vorstellen. Geliefert wir das Headset aber erst Anfang Mai.
Offizielle Angaben zum endgültigen Preis gibt es noch keine - für Vorbesteller aus Deutschland kostet die Brille rund 750 Euro - inklusive Versand und Zoll. Der enorm hohe Preis sorgte für harsche Kritik in sozialen Netzwerken: Die beiden Entwicklerversionen kosteten mit 300 und 350 Euro immerhin nur die Hälfte.
Im Preis der finalen Version inbegriffen ist allerdings ein Controller zur Bedienung des Headsets und zwei Spiele. Hersteller Oculus teilte mit, man erwirtschafte mit dem Verkauf des Headsets zunächst keinen Gewinn sondern decke ausschließlich die Entwicklungskosten ab.
Anstelle des Handys übernimmt ein per Kabel angeschlossener Computer die Berechnung der virtuellen Welt. Dieser muss jedoch mit sehr potenter Hardware ausgestattet sein. Durch die aufwendige Technik und die hohe Auflösung der beiden Displays muss der Rechner bis zu siebenmal mehr Leistung aufbringen, als bei einem herkömmlichen Computerspiel. Oculus warnt: mit einem Laptop ist das kaum zu realisieren.
Branchenexperten gehen davon aus, dass weltweit gerade mal ein Prozent aller Computer diese enorme Leistung zur Verfügung stellen kann. Dafür sollen die virtuellen Welt bei Oculus umso realistischer und natürlicher wirken. Auch stehen bei Oculus deutlich mehr Anwendungen zur Verfügung. Neben diverser Spieleentwickler hat auch der amerikanische Streaming-Dienst Netflix eigene Software für das virtuelle Erlebnis angekündigt.
Microsoft erweitert die Realität
Einen ganz anderen Weg schlägt der Computerriese Microsoft ein. Seine "Hololens" getauften Headsets hat ein transparentes Sichtfeld. Ein angeschlossener Computer errechnet durch Auswertung von Sensordaten der Brille die exakte Position und den Abstand von Gegenständen, zum Beispiel in einem Raum.
Eine Software kann dann interaktive 3D-Projektionen in der direkten Umgebung darzustellen. Diese sind nur durch die Gläser der Brille sichtbar. Die Projektionen stellen jedoch keine Hologramme dar und werden auch nicht durch Pixel oder Raster dargestellt, sondern durch projizierte Lichtpunkte.
Der Nutzer kann über Gesten, Sprache, Kopf- und Augenbewegung mit den 3D-Projektionen interagieren. Durch die Projektion wird diese Technik auch "Augmented-Reality", erweiterte Realität, bezeichnet. Die Technik befindet sich allerdings noch in der Entwicklung. Ab dem ersten Quartal diesen Jahres soll Hololens zu kaufen sein - für mindestens 2.700 Euro.
Daniel Mosler