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Nase voll. Kunstsammlerin Julia Stoschek packt in Berlin ein.
© Matthias Balk/dpa

Kunstsammler kehren Berlin den Rücken: Julia Stoschek schließt ihr Medienkunsthaus

Erst verliert Berlin die Sammlung Flick, dann kündigt Thomas Olbrichts Me Collectors Room seinen Rückzug an. Und nun verlässt Julia Stoschek die Stadt.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis Berlins Kultursenator Klaus Lederer erstmals durch die 2016 eröffnete Sammlung von Julia Stoschek an der Leipziger Straße lief. Wirtschaftsministerin Ramona Pop kokettierte 2017 damit, dass dies ihr erstes Mal an diesem „tollen“ Ort sei – während sie in Stoscheks Räumen die Art Week eröffnete und von der Bedeutung zeitgenössischer Kunst für die Stadt schwärmte.

Die späte Begeisterung der Politiker für eine der wichtigsten Sammlungen internationaler Medienkunst ist gewiss nicht der Grund, weshalb nun - nach Thomas Olbrichts Me Collectors Room in der Auguststraße - auch Julia Stoschek ihre aufwändig sanierte Adresse an der Leipziger Straße aufgeben und Berlin verlassen wird.

Misstrauen, Ignoranz, fehlende Unterstützung

Aber sie ist symptomatisch für den Umgang der Stadt mit Sammlern, die ihren privaten Kunstbesitz öffentlich zugänglich machen wollen. Misstrauen, Ignoranz, fehlende Unterstützung: Das ist die Währung, in der Berlin ein solches Engagement abgleicht.

Erinnert sei an Barbara und Axel Haubrok, die pünktlich zum Gallery Weekend vergangenes Jahr mit einem Ausstellungsverbot in Lichtenberg belegt wurden; aus Angst der damals zuständigen Bezirksstadträtin Birgit Monteiro (SPD) vor einer Gentrifizierung ihres Bezirks. An die Stelle möglicher Gespräche rückte das Verbot, auch gültig unter Monteiros Nachfolger Kevin Hönicke.

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Erinnert sei auch an Egidio Marzona, dessen großartiges Archiv über die Kunst und Design der Moderne die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Angst vor den Folgekosten nach Dresden ziehen ließ; und an die seit Jahrzehnten in Berlin lebende Erika Hoffmann, die nie gefragt wurde, ob sie ihre Sammlung herausragender Werke von Andy Warhol, Isa Genzken oder Frank Stella nicht vielleicht in die hiesigen Museen integrieren wollen würde. Platz wäre ja nun, wo die Nationalgalerie jüngst die Sammlung Flick verloren hat...

Um Geld geht es dabei meist gar nicht. Was die Sammler verprellt, ist der Umgang. Julia Stoschek etwa hat vielfach darauf hingewiesen, dass ihr Mietvertrag an der Leipziger Straße in wenigen Jahren ausläuft und sie auf neue Räume angewiesen ist. Oder wenigstens auf eine Perspektive.

Was interessiert die Behörde der Publikumsmagnet

Die hat sie nun: Laut „Welt am Sonntag“ soll die Sammlerin nach einer Außensanierung des Gebäudes weit mehr Miete zahlen als bisher. Das ehemalige Tschechische Kulturzentrum ist im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, verkaufen wollte diese das Gebäude an Stoschek zuvor ebenso wenig, wie sie nun zur Kenntnis nimmt, dass die bereits Millionen investiert hat, um das Gebäude überhaupt nutzbar zu machen.

Dass die Julia Stoschek Collection zu den wenigen Adressen mit Anziehungskraft an dieser Stelle der lauten Straße Ort zählt – ja und? Dass ihre Sammlung mit rund 850 Werken aktueller Medienkunst, darunter frühe Arbeiten aus Pionierzeiten des künstlerischen Videos, auch ein jüngeres Publikum anspricht und Tausende Besucher jährlich zählt – was interessiert es die Behörde?

Wen wundert es da, wenn die 1975 geborene Unternehmenserbin aus Düsseldorf keine Lust hat, weiter Zeit und Geld zu investieren und Ende 2022 mit Mietvertragsende zusperrt. Ihr Projekt wird inzwischen zwar von allen gelobt. Alternative Räume aber sind ebenso wenig in Sicht wie der Versuch, die Bundesanstalt von ihrem Sanierungswahn abzubringen.

Christiane Meixner

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