Sammler Thomas Olbricht verlässt Berlin: Her mit dem Schwert
Zehn Jahre hat Thomas Olbricht seine private Kunsthalle Me Collectors Room in Berlin finanziert. Jetzt hört er auf.
Nun ist es heraus: Thomas Olbricht, einer der wichtigsten deutschen Sammler, schließt seine Räume, den Me Collectors Room auf der Auguststraße, und kehrt ins Ruhrgebiet zurück. Von dort war er vor einem Jahrzehnt und nach einigem Ärger mit dem Folkwang Museum um die Präsentation seiner Sammlung nach Berlin gegangen – mitsamt der Kunst, die er hier nun in einer eigenen privaten Halle zeigen wollte.
Es waren großartige Jahre für die Stadt. Ein offenes Haus im Zentrum gleich neben dem KW Institute for Contemporary Art, dessen museumsreife Ausstellungen mit Werken u.<ET>a. von Gerhard Richter, der amerikanischen Fotokünstlerin Cindy Sherman oder dem Maler Sigmar Polke den internationalen Diskurs über zeitgenössische Kunst spiegelten. Damit ist nun Schluss, und auch die einzigartige Wunderkammer im oberen Geschoss mit ihren teils bizarren Antiquitäten aus Mittelalter und barocken Zeiten wird abgebaut und nach Essen gebracht.
Das Museum Folkwang in Essen profitiert
Olbricht, sammelwütiger Wella-Erbe, ausgebildeter Mediziner und mit 72 Jahren alles andere als ein Rentner, hat sich mit seiner Familie schon vor Längerem für die Rückkehr nach Essen entschieden. Enttäuscht wie andere private Sammler, deren Kollektionen in jüngerer Zeit auffallend häufig nach Dresden wanderten oder – wie im Fall der Sammlung Flick (s. Tagesspiegel vom 7. Mai) – aus den hiesigen Museen abgezogen werden, wirkt Olbricht nicht. Aber sicher hätte man mehr tun können, um seine schillernde Bestandsaufnahme gegenwärtiger Kunstproduktion mit starkem Berlin-Bezug vor Ort zu halten. In Essen unterstützt die Stiftung Olbricht bereits eine Schule und plant weitere Partnerschaften in der Region zur Förderung der kulturellen Bildung. Auch das Museum Folkwang profitiert von Olbrichts erneuter Hinwendung zum Ruhrgebiet: Ein „Artist in Residence“-Programm ist in Vorbereitung. Bloß das „Wunderkammerschiff“ tourt noch bis Ende des Jahres als kulturpädagogische Stätte durch Brandenburg.
Nach der letzten Ausstellung kommen die Samurai
Vorbei. An die Stelle der Sammlung Olbricht rückt nach dem Ende der Jubiläumsschau „Mooving Energies“ (bis 17. Mai) und Umbauten das Samurai Museum Berlin. Sein Gründer ist der Berliner Peter Janssen, der nach 30 Jahren mit rund 40 Rüstungen, 200 Helmen, 150 Masken und 160 Schwertern einen inzwischen singulären Schatz besitzt. Nur im texanischen Dallas gibt es eine vergleichbare Sammlung mit Exponaten über das Leben, die Riten und ästhetischen Vorstellungen der legendären japanischen Krieger.
Berlins Asiatisches Museum verfügt über nichts Vergleichbares, seine bescheidenen Exponate zum Thema verschwanden nach 1945 als Kriegsbeute nach Russland. Man kann nur hoffen, dass Janssen sich in seinem künftigen Domizil so wohlfühlt, dass er dem Werben etwaiger auswärtiger Institutionen widerstehen kann. Auch Radevormwald hat ein Museum für Asiatische Kunst! Bei dem kulturellen Aderlass, den Berlin derzeit erlebt, scheint vieles möglich. Radevormwald liegt übrigens unweit von Essen. Olbricht ist schon dort – auch das sollte bei der Hege und Pflege von Berliner Sammlern zu denken geben.
Me Collectors Room, Auguststr. 68, www.me-berlin.com