100 Jahre Ufa: Im Zeichen der Raute
Der Name Ufa steht für das Kino der Weimarer Republik – und für die Propaganda der NS-Zeit. Zum 100. Geburtstag würdigt eine Ausstellung im Berliner Filmmuseum die wechselvolle Geschichte der Produktionsfirma.
Die Ufa – nationales Kulturgut und Ursünde des deutschen Kinos. Kaum ein Unternehmen, das in der öffentlichen Wahrnehmung und mit seinen personellen Verflechtungen für die Politik der Nationalsozialisten stand, wurde nach dem Krieg gründlicher seziert – und bei kaum einem Unternehmen war die Kontinuität vor und nach 1945 augenscheinlicher. Der Medienhistoriker Klaus Kreimeier schrieb anlässlich des 75-jährigen Jubiläums, der Name Ufa sei mit der Gleichschaltung der Kinoindustrie 1942 zum Synonym für den deutschen Film geworden: „So wie das Hakenkreuz als Signum für Hitler-Deutschland galt, so symbolisierte der Ufa-Rhombus alles, was mit Film und Kino im Reich zusammenhing“.
In gewisser Weise hat sich an der Stellung der Ufa bis heute wenig geändert, nur verlagerte sich die Ausrichtung des Konzerns mit der Übernahme durch das Medienunternehmen Bertelsmann 1964 ins Fernsehen. Heute, in der Ära Nico Hofmann, die mit der Gründung der Tochtergesellschaft Teamworx 1998 begann, gehört die Ufa zu den international erfolgreichsten deutschen Medienproduzenten, wobei man sich in den letzten Jahren wieder auf eine Corporate Identity beruft – inzwischen mit einer abstrakten Raute. Der „Event-Mehrteiler“ hat der Ufa neben dem „Tatort“ und Unterhaltungsshows einen festen Platz in der Primetime des deutschen Fernsehens beschert.
Schon das ganze Jahr feiert die 1917 als Propaganda-Arm des Deutschen Reichs gegründete Ufa ihr hundertjähriges Bestehen, mit Retrospektiven, Symposien und Publikationen. Dabei hat die „neue Ufa“ eigentlich nichts mehr mit der Weimarer Traumfabrik gemein, die das deutsche Kino kurzzeitig auf Augenhöhe mit Hollywood bugsierte. Aber auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal in der hiesigen Nachkriegsgeschichte: Der Ufa gelang es im Lauf der Jahrzehnte immer wieder, sich den Gegebenheiten des Marktes anzupassen, wenn auch manchmal zu spät. Der Wandel vom Mythos zur Marke wurde erfolgreich vollzogen.
Statt Filmgeschichte geht es um Unternehmensgeschichte
Peter Mänz und Klaudia Wick, die Kuratoren der Ausstellung „Die Ufa – Geschichte einer Marke“ im Berliner Film- und Fernsehmuseum, sind um ihre Aufgabe nicht zu beneiden. In einer „Aufarbeitung“ der Ufa-Historie kulminieren Kino- und Unternehmensgeschichte, diverse Medienumbrüche und in den vergangenen Jahren zudem eine dramatisch veränderte Rezeption bewegter Bilder. All dem Genüge zu tun, ist auf den wenigen Quadratmetern, die der Deutschen Kinemathek in ihrem Museum am Potsdamer Platz zur Verfügung stehen, nahezu unmöglich – auch wenn der Ufa schon in der Dauerausstellung viel Aufmerksamkeit eingeräumt wird.
Die Exponate aus der Weimarer Zeit und der NS-Zeit ergänzen zwei Stockwerke tiefer die architektonisch klare Konzeption von „Die Ufa – Geschichte einer Marke“. Dass sich die bekanntesten Stücke in der ständigen Ausstellung befinden, bietet immerhin Gelegenheit, neue Akzente in der Rezeption der Ufa zu setzen. Kinematheks-Chef Rainer Rother erklärt, dass man im Gegensatz zur letzten großen Ausstellung zum 75. Geburtstag der Ufa, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum kuratiert wurde, das Hauptaugenmerk nicht mehr auf Stars und Filme legen wolle, sondern auf unternehmerische Strategien.
Nun steckt das Wort „Marke“ aber auch im Begriff „Marketing“. Was die Frage aufwirft, ob es die Aufgabe eines Museums ist, eine Unternehmensgeschichte zu dokumentieren.
Es ist auch dem wenigen Platz geschuldet, dass „Die Ufa – Geschichte einer Marke“ etwas oberflächlich ausfällt. Hier ein Leuchtkasten, in der Vitrine ein paar Originaldokumente, im Mittelgang Sichtungsstationen mit Filmausschnitten. Man hat sich Mühe gegeben, das Terrain thematisch zu sondieren, aber die Objekte wirken mitunter wie Platzhalter, die einer ausführlicheren Erzählung bedürften. Die Infotafeln reichen oft nicht aus. So hätte man sich gerade zum Komplex „Zwangsarbeit“ mehr als die Memoiren des nach Potsdam abgestellten Kees de Boorder gewünscht. Man kann nur hoffen, dass Rothers Ankündigung, Teile der Ausstellung in die ständige Schau zu übernehmen, auch diesen Aspekt einschließt.
Über den Antisemitismus in der deutschen Filmindustrie
Es ist auch nicht so, dass sich die Ufa nicht selbst früh um eine Aufklärung der eigenen Vergangenheit bemüht hätte. So sind in der Fernsehsektion Ausschnitte aus der Eigenproduktion „Ufa – Januskopf des deutschen Films“ (1967) zu sehen, die Erinnerungen von Stars wie Ilse Werner, Grethe Weiser und Gustav Fröhlich kritisch kommentiert. Erhellend ist ein zeitgenössisches Interview mit dem ehemaligen Reichsfilmintendanten Fritz Hippler („Der ewige Jude“) über den Antisemitismus in der deutschen Filmindustrie. Der Lizenzrechteverwalter Transit legte damals Protest gegen die Ausstrahlung der Sendung ein, weil sie die Ufa in einem schlechten Licht darstelle und somit die Auslandsverkäufe schmälere.
Folgt man dem U-förmigen Parcours, stößt man auf den Übergang vom Kino- zur Fernsehgeschichte. Nach dem Krieg verpasste die Ufa zunächst den Anschluss ans Fernsehen, erst Norbert Sauer konnte Ende der Siebziger dieses Versäumnis wettmachen. Der ehemalige Theatermann „holte“ sich unter anderem den Ex-DDR-Schauspieler Manfred Krug und den Defa-Regisseur Frank Beier.
Die Zukunft des Kinos kann man im dritten Stock des Museums bestaunen, wo das „Ufa Lab“ in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut den „volumetrischen Film“ präsentiert. Für drei Minuten darf man sich mit Hilfe einer VR-Brille mit Herbert Knaup und Franziska Brandmeier in die virtuelle Welt eines Filmsets der Zwanzigerjahre begeben. Die 360-Grad-Kinoerfahrung, die Macher sprechen tatsächlich von einer experience, steckt noch in den Kinderschuhen, aber die „Marke Ufa“ hat schon ihre Fühler ausgestreckt.
Gut möglich, dass die Idee eines „begehbaren" Films in 30 Jahren lediglich als Kuriosium bewertet wird, das Kino vor den storytelling-Auswüchsen der sozialen Medien zu retten.
Museum für Film und Fernsehen, Potsdamer Str. 2, bis 22.4., Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr. Katalog 29 €
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