Comicserien „Kick-Ass“ und „Hit-Girl“: Im Sog der Gewalt
„Kick-Ass“ ist dank der Kinoverfilmungen weit über die Comicszene hinaus bekannt. Jetzt baut Mark Millar seine Erfolgsmarke in neue Richtungen weiter aus.
Der schottische Autor Mark Millar ist inzwischen weit über die Comicszene hinaus bekannt. Er feiert Erfolge mit verfilmten Comic-Epen wie „Civil War“ oder „Old Man Logan“ sowie mit Eigenkreationen wie der überdrehten Bond-Hommage „Kingsman – Secret Service“. Der Großteil seines Werks zelebriert die Liebe zu Popkultur-Archetypen ebenso leidenschaftlich wie die ihnen innewohnende, grotesk überzogene Gewalt.
Im Mittelpunkt der gleichermaßen kritisierten wie gefeierten Action-Exzesse thront die Capeträger-Persiflage „Kick-Ass“, die es bereits auf zwei Hollywood-Verfilmungen gebracht hat. Bislang gab es drei abgeschlossene Comic-Miniserien rund um den Teenager, den blanke Langeweile in die kostümierte Selbstjustiz drängt.
Eine Provokation für rechtskonservative US-Leser
In seiner neuen „Kick-Ass“-Reihe „Frauenpower“ behält Millar Titel und Kostüm seiner Gallionsfigur zwar bei, erfindet sie aber dennoch völlig neu. Hauptfigur ist jetzt die Mutter und US-Soldatin Patience Lee. Bei der Rückkehr von der Front in Afghanistan erwartet die Afroamerikanerin eine böse Überraschung. Ihr Ehemann hat seine Familie sitzen lassen, um mit einer jüngeren Frau seinen Traum vom Musikbusiness zu verfolgen.
Trotz mehrerer Jobs und anstrengender Nachtschichten als Kellnerin in ihrem von Gangs dominierten Viertel gelingt es ihr kaum, finanziell für ihre Familie zu sorgen. Nur einen einzigen Einbruch bei den schweren Jungs aus der Nachbarschaft will sie begehen, um die gröbsten Schulden ihres Mannes zu tilgen und bedürftigen Menschen zu helfen. Dabei gerät sie in einen Sog eskalierender Gewalt.
Erneut glänzt Romita Jr., Sohn des legendären Spider-Man-Zeichners, mit seiner Kombination aus schroffem Indiestrich und cartoonigen Proportionsverzerrungen. Anders als in der Ursprungsserie dient diese eigenwillige Optik aber nicht länger dazu, den anarchischen Humor zu unterstreichen. Die neue „Kick-Ass“ ist düsterer und ernster. Und sie provoziert rechtskonservative US-Leser. Denn obwohl Patience Patriotin und Soldatin ist, obwohl sie kurzen Prozess mit Drogendealern und Gangstern macht, positioniert sie sich auch klar gegen Trumps rassistische „Maga“-Kampagne.
Sidekick verzweifelt gesucht
Und es gibt weitere interessante Neuerscheinungen aus dem „Kick-Ass“-Universum. Den Ableger „Hit-Girl“ fertigte Millar anfangs ebenfalls gemeinsam mit „Kick-Ass“-Zeichner John Romita Jr. In jüngster Zeit haben Autoren wie der Kanadier Jeff Lemire oder Hollywood-Regisseur Kevin Smith die Szenarien für das niedlich aussehende Mädchen mit den todbringenden Nahkampffähigkeiten geschrieben.
Auf Deutsch wurde kürzlich der Sammelband „Hit-Girl in Kolumbien“ veröffentlicht. Hauptfigur ist erneut Mindy, ein junges Mädchen, das von seinem Comic-begeisterten Papa zur brutalen, kompromisslosen Superheldin erzogen wurde und nun nun über eine Kampftauglichkeit verfügt, die manchen Elitesoldaten vor Neid erblassen ließe.
Nachdem ihr letzter Partner, der erste „Kick-Ass“, sein Kostüm an den Nagel hing, ist die Rächerin im violetten Kostüm auf der verzweifelten Suche nach einem neuen Sidekick, einem Helden-Gehilfen. Den glaubt sie nun im kolumbianischen Kartell-Killer „Mano“ gefunden zu haben, den sie mit einem ferngesteuerten Sprengsatz an seinem Hals dazu zwingt, seine ehemaligen Gangster-Freunde über den Jordan zu schicken.
Der größte Verlust des neuen „Hit-Girls“ ist gleichzeitig auch der größte Gewinn. Anders als im Reboot der Ursprungsreihe „Kick-Ass“ ist nicht länger Stammzeichner John Romita Jr. verantwortlich für die Visualisierung der drolligen kleinen Soziopathin. Der deutlich deformiertere, verzerrtere und manchmal sogar abstraktere Stil von Zeichner Ricardo Lopez Ortiz wird Serien-Veteranen möglicherweise zunächst überfordern.
Bereits nach wenigen Seiten wird aber deutlich, wie viel Sprengkraft, Dynamik und Geschwindigkeit der ruppige Strich des gebürtigen Puerto Ricaners vermittelt. Das kann der von Serienschöpfer Mark Millar selbst verfasste Auftakt des „Hit-Girl“-Neustarts ausgezeichnet brauchen, denn selten wurde in den damals schon alles andere als zimperlichen Vorgänger-Reihen soviel in die Luft gejagt, zerschnetzelt oder mit Automatikfeuerwaffen durchsiebt.
Der abgeschlossene Band liefert genau die zynische, völlig überdrehte und ultrabrutale Action, die Fans der Serie zu schätzen wissen und liefert gleichzeitig den Auftakt für ein neues Serienkonzept. Nach Millar und Ortiz soll jeder neue Handlungsbogen nicht nur an einem anderen Ort spielen, sondern auch mit einem jeweils neuen Kreativ-Team aufwarten.
Bereits für den kommenden Band fährt die Serie dafür die ganz schweren Geschütze auf. In Kanada, der nächsten Station auf Mindys Reise, hat der kanadische Autoren-Primus Jeff Lemire gemeinsam mit dem nicht minder erfolgreichem Künstler Eduardo Risso die blutige Action orchestriert - dieser Band soll auf Deutsch im Februar 2019 erscheinen.
Mark Millar / John Romita Jr.: Kick-Ass, Frauenpower, Panini, 164 Seiten, 20 Euro
Mark Millar / Ricardo Lopez Ortiz: Hit-Girl in Kolumbien, Panini, 116 Seiten, 14,99 Euro
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