"Robert Moses - Der Mann, der New York erfand": Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt
Niemand prägte das Erscheinungsbild von New York nachhaltiger als Stadtplaner Robert Moses. Pierre Christin und Olivier Balez haben nun seine Biografie als Comic vorgelegt. Nicht ohne Schwächen, aber wunderschön anzusehen.
Wem gehört die Stadt? Robert Moses’ Antwort war so kurz wie einfach: ihm! Und so formte er sie, wie kein anderer zuvor. Zwischen 1924 und 1968 war der Nachfahre deutsch-jüdischer Einwanderer in diversen Ämtern oberster Stadtplaner New Yorks. Er ließ die Triborough-Bridge bauen und mehr als 600 Spielplätze, er betreute die Weltausstellung und das UN-Gebäude am East River. Er ließ gewachsene Viertel ohne Rücksicht abreißen, errichtete Wohntürme und immer wieder Stadtautobahnen. Kommt man nach New York, sei es „nachgerade unmöglich, nicht eine der Schöpfungen Robert Moses’ zu nutzen“, bilanziert der mit der Science-Fiction-Saga „Valerian und Veronique“ bekannt gewordene Autor Pierre Christin.
Knapp, aber wunderschön
Die Biografie ist so schnörkellos wie knapp geworden. In Schlaglichtern erzählt Christin von Moses' Ausbildung in Yale, von Antisemitismus, von der Mechanik der Politik, von Rassismusvorwürfen, Selbstherrlichkeit und dem Rechtsstreit mit der Aktivistin Jane Jacobs. Vieles, zum Beispiel das Privatleben Moses', wird dabei nur angedeutet, nur angespielt, manches ist auch unsauber (die Verrazano-Bridge beispielsweise, eines von Moses letzen Projekten, wurde erst ab 1959 erbaut und nicht schon 1954 fertig gestellt, wie Christin schreibt), aber optisch ist der Band durchaus sehenswert. Olivier Balez hat die Biografie im Stil der Gebrauchsgrafik der 1950er und 1960er Jahre wunderschön illustriert.
Wie wollen wir leben? Und wer darf darüber bestimmen?
Trotz aller Schwächen bietet der Band einiges zum Nachdenken. Denn die gesellschaftspolitische Kernfragen, die sich anhand von Robert Moses Aufstieg und Fall stellen, sind auch in der Gegenwart und insbesondere im Berlin des 21. Jahrhunderts (man denke an das Problem der Gentrifizierung oder den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld) noch unbeantwortet geblieben: Wie wollen wir leben? Und wer darf darüber bestimmen?
Pierre Christin & Olivier Balez: "Robert Moses – Der Mann, der New York erfand", Carlsen, 108 Seiten, 17,90 €
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