Sir Elton John wird 70: Glitzer, Drugs und Rock ’n’ Roll
Der britische Pianopop-Meister Elton John wird an diesem Samstag 70 Jahre alt. Eine kleine Würdigung eines großen Extravaganten.
Brillen, Schuhe, Federboas – alles muss raus. Sogar die riesige Plattensammlung kommt unter den Hammer, als Elton John sich 1988 entscheidet, sein Leben radikal zu ändern. So trennt sich der Popstar nicht nur von seiner Kostüm- und Musiksammlung, sondern auch von Kokain und Alkohol. Überdies lässt er sich Ende des Jahres von der deutschen Tontechnikerin Renate Blauel scheiden, mit der er seit 1984 verheiratet ist. Von da an lebt er offen schwul.
Zum Zeitpunkt dieser Zäsur hat der am 25. März 1947 in der Grafschaft Middlesex als Reginald Kenneth Dwight geborene Sohn eines Royal-Air-Force-Trompeters bereits eine erstaunliche Karriere hinter sich. Begonnen hat sie allerdings recht holprig. Nachdem der an der Royal Academy of Music ausgebildete Pianist und Sänger seine erste Band Bluesology Ende der 60er Jahre verlassen und sich aus den Vornamen des Saxofonisten und des Bandleaders seinen Künstlernamen zusammengebastelt hat, handelt er sich erst mal eine Reihe von Absagen ein. Weder King Crimson noch Gentle Giant wollen ihn als Sänger, einen Vertrag als Songwriter bei Liberty Records bekommt er auch nicht.
Letzteres ist Glück im Unglück, denn durch die Plattenfirma lernt Elton John den Texter Bernie Taupin kennen, der sich ebenfalls vergeblich beworben hatte. Es ist der Beginn einer fruchtbaren Kollaboration, die 1970 mit der Veröffentlichung von Elton Johns zweitem Soloalbum endlich auch den ersten Erfolg zeitigt. Das Stück „Your Song“ steigt sogar bis auf Platz zwei der britischen Charts.
Sieben Nummer-Eins-Alben in Serie
Ihren größten Lauf haben John und Taupin zwischen 1972 und 1975, als ihnen sieben Nummer-Eins-Alben hintereinander gelingen. Hits wie „Rocket Man“, „Daniel“ „Goodbye Yellow Brick Road“ und „Candle In The Wind“ gehören bis heute zum Konzertprogramm von Elton John, der sich mit seinen extravaganten Bühnenshows eine begeistert Anhängerschaft erspielt – in Europa ebenso wie in den USA. Er ist der schillernde Meister der Rockballade und des prachtvoll aufgeschäumten Pianopops.
Viel Glitzer und Glamour, viele Drogen und viel Alkohol ebenfalls. Er sei damals sehr paranoid gewesen, sagte Elton John dem „Spiegel“ zwei Jahrzehnte später. „Manchmal verließ ich das Zimmer nachts und schlich mich in die Küche, um noch mehr Whisky zu holen. Ich war so verängstigt, dass ich dafür manchmal eine Viertelstunde brauchte. Ein Albtraum. Manchmal, wenn ich über die Schweizer Alpen fliege, denke ich, da unten liegt all das Koks, das du geschnupft hast.“
Er spielte bei Lady Dianas Gedenkgottesdienst
In den 80er Jahren verlässt ihn zunächst das Glück, doch als Elton John die zwischenzeitlich eingestellte Zusammenarbeit mit Bernie Taupin wiederaufnimmt, flackert die alte Hit-Magie wieder auf. Sie integrieren den damals angesagten Synthesizer-Sound und sind mit Songs wie „I’m Still Standing“, „Nikita“ und „Sad Songs (Say So Much)“ zurück in den Charts. Ihr alles überstrahlender Song heißt aber „Candle In The Wind“. Erstmals 1973 auf dem Album „Goodbye Yellow Brick Road“ als Hommage an Marilyn Monroe veröffentlicht, schreiben sie das Stück nach dem Tod von Lady Diana 1997 um. Elton John war mit der Prinzessin befreundet gewesen, gemeinsam hatten sie einige Wochen zuvor noch die Beerdigung des ermordeten Designers Gianni Versace besucht.
Beim Gedenkgottesdienst in der Westminster Abbey spielt Elton John das umgetextete und neu arrangierte Lied, das nun mit der Zeile „Goodbye England’s rose/ May you ever grow in our hearts“ beginnt. Die Single bricht anschließend diverse Rekorde und verkauft sich über 33 Millionen Mal. Elton John hat diese Version seither nie wieder öffentlich aufgeführt, bei Konzerten singt er stets den Originaltext, in dem er Norma Jean – so Monroes Geburtsname – Lebewohl sagt.
Mit George Michael sang er ein Duett
Trotzdem bleibt „Candle In The Wind“ untrennbar mit Prinzessin Diana verbunden. Einer ihrer Trauergäste, der damals neben Elton John und seinem heutigen Ehemann David Furnish die Kathedrale betrat, war George Michael. Mit ihm verband den Rocket Man ebenfalls eine Freundschaft. Elton John trat unter anderem 1985 beim Abschiedskonzert von Wham! auf und sang mit George Michael seinen Song „Don’t Let The Sun Go Down On Me“ in einer Duettversion. Ab jetzt ist er wieder alleine mit dem Lied, das er einige Tage nach dem Tod des Freundes bei einem Konzert in Las Vegas sichtlich bewegt zur Hommage an ihn machte.
Im November 2016 hatte John einen anderen Kollegen verloren, den amerikanischen Pianisten und Songschreiber Leon Russell, mit dem er 2010 das feine Country- und Bluesalbum „The Union“ aufgenommen hat. Aber auch zu jüngeren Musikerinnen und Musikern pflegt Elton John enge Beziehungen. So jammte er ein paar Mal mit Lady Gaga, ist der Mentor des britischen Pop-Überfliegers Ed Sheeran und Fan des amerikanischen R-’n’-B-Sängers Gallant, den er bei einem Auftritt am Klavier begleitete.
Derzeit ist Elton John auf Welttournee
Elton John hält sich auf dem Laufenden. In seiner Radioshow „Rocket Hour“ beim Apple-Sender Beats1 spielt er regelmäßig aktuelle Neuerscheinungen und interviewt Kollegen wie Father John Misty, mit dem er diese Woche über Aufnahmetechniken plauderte. Analog sei besser, waren sich die beiden einig. Elton John hat seine letzten Alben allesamt auf Band aufgenommen. Zuletzt kam im Februar 2016 die von T-Bone Burnett produzierte Platte „Wonderful Crazy Night“ heraus, auf dem Elton John ein ziemlich routiniertes Programm abspult.
Derzeit ist der 1988 zum Ritter geschlagene Elton John auf Welttournee, im Sommer kommt er mit seiner Band nach Deutschland (Berlin: 7.7.). Das Arbeitspensum des Musikers, der am heutigen Samstag 70 Jahre alt wird, ist beeindruckend. Genau wie seine Sammelleidenschaft, die er nach dem großen Ausverkauf bald wiedergefunden hatte.
Die Tate Modern zeigt seine Fotosammlung
Inzwischen gilt sie der Fotografie. Elton Johns in 25 Jahren mit Ehemann David Furnish zusammengetragene Kollektion ist auf über 8000 Werke angewachsen. Eine Auswahl ist noch bis zum 7. Mai in der Tate Modern in London unter dem Titel „The Radical Eye: Modernist Photography from the Sir Elton John Collection“ zu sehen. Darunter einige erstmals gezeigte Man-Ray-Porträts sowie Vintage-Prints von Brassaï, Imogen Cunningham und Dorothea Lange.
Über Elton Johns Bett in seiner märchenhaften Villa in Atlanta, die einer Fotogalerie gleicht, hängt Man Rays berühmtes Frau-neben-Maske-Motiv „Noire et Blanche“. Der Musiker findet es „ cool“, darunter zu schlafen. Möge er dabei noch viele bunte Träume träumen – und dazu ein paar schöne Melodien, die ihm am nächsten Morgen hoffentlich noch einfallen.
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