Father John Misty live in Berlin: Komm in meine Arme, Honigbär
Schmerzensballaden, Kunstlieder, Americana: Father John Misty gibt ein schillerndes Konzert im Heimathafen Neukölln.
Das kommt also dabei heraus, wenn Eltern ihren Sprössling nach dem strengen Regelwerk des Herrn erziehen. Josh Tillman hat seine Kindheit als wenig erfreuliche Erfahrung beschrieben, in der ihn seine evangelikalen Erzeuger von schädlichen Einflüssen wie weltlicher Musik abschotteten. Immerhin: Bob Dylan durfte er hören, weil der als „christlicher Musiker“ galt. Nun, mit 33, tobt Tillman über die Bühne im ausverkauften Heimathafen Neukölln, verrenkt sich in waghalsigen Pirouetten, wirbelt mit dem Mikrofonständer, klettert auf die Basstrommel, liebkost ihm entgegengestreckte Arme – alles schon während des ersten Songs „I Love You, Honeybear“, dem Titelstück des zweiten Albums, das Tillman unter dem Alias Father John Misty veröffentlicht hat.
Dieser Father John Misty wirkt nicht nur wegen seines Repertoires an Popstarposen wie eine aus Facetten legendärer Performer kompilierte Figur. Auch seine Erscheinung, hoch aufgeschossen, schlank, vollbärtig, nicht-zu-langhaarig, markante Gesichtszüge, lässt an interessante Typen denken: den späten Jim Morrison, John Lennon, flamboyante Songwriter aus den 70ern. Wie diese schafft es Tillman durch die androgyne Brechung der maskulinen Rockstarkonvention, bei beiden Geschlechtern Begehrlichkeiten zu wecken. Trotz der dezibelstarken Überzahl weiblicher Fans lautet der vernehmbarste Zwischenruf „You are a beautiful man!“ – und kommt von einem Mann.
Der brave Folkrock der Fleet Foxes wurde Father John Misty zu eng
Mit der Frage, was an Father John Misty Kunstfigur und was authentisch ist, wird man nicht weit kommen. Tillman zündet eine Nebelkerze nach der anderen, was mit den mutmaßlich autobiografischen Texten anfängt und mit seinem zwischen Emphase und Sarkasmus ausschlagenden Bühnenverhalten noch nicht aufhört. Kein Wunder, dass der brave Folkrock der Fleet Foxes, bei denen er einst als Drummer beschäftigt war, zu eng wurde. Seine Musik kann jetzt alles sein: großes Balladen-Schmerzenskino, sattelschlepperfette Americana, Vaudeville-Kunstlieder wie von Rufus Wainwright in besten Tagen, Disco, Yachtpop, alles schnörkellos und kompetent vorgetragen von der sich strikt im Hintergrund haltenden sechsköpfigen Band. Denn vorne, da berserkert ja schon der Chef herum. Was wohl die Eltern dazu sagen würden?
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