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Regisseur Spike Lee spricht auf der Pressekonferenz zu "Chi-Raq" über Waffengewalt in Amerika.
© REUTERS/Fabrizio Bensch

Spike Lee auf der Berlinale: Geld gewinnt immer

Amerika hat sich ans tägliche Morden bereits gewöhnt: Spike Lee spricht über sein Gewaltdrama „Chi-Raq“.

Den Namen seines Films „Chi-Raq“ hat Spike Lee nicht selbst erfunden. „Der Begriff stammt von Rappern aus der South- und Westside von Chicago“, sagt der Regisseur bei der Pressekonferenz. „Sie vergleichen die Zustände in ihrer Heimatstadt mit dem Irak.“ Der Vergleich geht für Chicago nicht gut aus. Dort sterben jedes Jahr mehr Menschen durch Waffengewalt als amerikanische Soldaten während des gesamten letzten Irak-Krieges. „Da findet eine gewaltige Schlacht statt.“ Lee nennt Zahlen. Im Januar 2016 wurden in Chicago 53 Einwohner gewaltsam getötet, 83 Prozent mehr als im Vorjahr. In den Vereinigten Staaten insgesamt gibt es täglich 99 Schusswaffentote.

„Chi-Raq“ ist eine Art Agitprop-Revue, eine krude Mischung aus HipHop-Musical, Pamphlet und antikem Drama. Dabei hat sich Spike Lee noch zurückgehalten mit den Verweisen. Den weißen Priester einer afroamerikanischen Gemeinde, den John Cusack spielt, wollte er ursprünglich an Marlon Brandos Rebellenfigur in „Die Faust im Nacken“ anlehnen. Cusack legt eine grandiose Anti-Gewalt-Predigt hin, doch halbstark wirkt er nicht. „Diesen Priester gibt es wirklich“, erzählt Cusack. „Es ist ein Veteran der Bürgerrechtsbewegung, der radikal der Bibel folgt“. Viele solcher Menschen seien ihm begegnet, die gegen Gewalt und für Aussöhnung kämpfen, „Medien und das Kino müssten mehr auf sie aufmerksam machen.“

Der Film endet märchenhaft, aber an einen guten Ausgang im wirklichen Leben mag Spike Lee nicht glauben. „Wenn es zum Kampf zwischen Geld und Leben kommt, wird immer das Geld gewinnen“, lautet sein Befund. Amerika hat sich ans tägliche Morden bereits zu sehr gewöhnt. „In Chicago sprechen die Gangmitglieder von ,Scoren’, wenn sie jemanden erschießen, wie in einem Video-Game“, sagt Hauptdarsteller Nick Cannon. Natürlich wurde Spike Lee auch gefragt, warum er zum Boykott der Oscar-Feier aufgerufen habe. „Von Boykott habe ich nie gesprochen“, grinst er. „Aber meine Frau und ich werden nicht hingehen.“

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