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Schmerzensfrau. Isabelle Huppert, gemalt von der Künstlerin Oda Jaune.
© M. Fuchs

Huppert-Hommage in der Galerie Michael Fuchs: Du sollst dir hundert Bildnisse machen

Die Galerie Michael Fuchs ehrt die Grande Dame des französischen Kinos in einer umfangreichen Gruppenschau mit Videos und einem Dutzend Porträtarbeiten.

Kunst, an der Filmgrößen mitgewirkt haben, ist derzeit öfter zu sehen. Von der darstellenden profitiert die bildende Kunst auf jeden Fall, nicht nur wegen des Glanzes der Stars. Julian Rosefeldts „Manifesto“ lebt von der Wandlungsfähigkeit Cate Blanchetts, Candice Breitz’ „Love Story“ von den Stimmen einer Julianne Moore und eines Alec Baldwin. Nina Hoss kuratierte 2016 Christian Jankowskis Retrospektive in der Galerie Contemporary Fine Arts. Und Christian Jankowski schießt jetzt auch den Vogel ab in der Ausstellung „Behind the Screen“ der Galerie Michael Fuchs (Auguststraße 11–13, bis 15. Juni) zu Ehren von Isabelle Huppert.

Im Zentrum der Gruppenschau hängt zwar eine andere Arbeit: eine 100-teilige Serie intimer Fotoporträts, die die amerikanische Künstlerin Roni Horn in vielen Sitzungen von Huppert machte – 2005 für eine Hommage des New Yorker PS1 an die französische Schauspielerin. Die Reihe, nach Angaben der Galerie aus Hupperts eigener Sammlung, steht nun zum Verkauf (Preis auf Anfrage). Es sind Nahaufnahmen, die das Gesicht des Stars im Anschnitt zeigen, kaum geschminkt, die Lippen mal geöffnet, mal geschlossen, die Augen mal ernst, mal erstaunt. Jedes Mal versetzte sich Huppert in eine ihrer Filmrollen. Und so ähnlich sich die Bilder sind: Keine Aufnahme ist identisch mit einer anderen.

„From the Series: Portrait of an Image“ heißt die Reihe im Untertitel. Denn in ihrer Summe ergeben die Fotos ein Klischee von Isabelle Huppert: alterslos, mit transparentem Teint, ernst, scheinbar verletzt und subtil aggressiv zugleich. Das gilt auch für Marco Brambillas Videoporträt. Wie in einem Setzkasten tauchen in einem dicken Rahmen Filmszenen mit Hupperts Charakteren auf, die hier – sorgfältig zusammengeschnitten – in gereiztem Tonfall miteinander sprechen. „Ekele ich dich an?“, fragt die eine Huppert, „Mach doch, was du willst“, antwortet die andere. Oda Jaune wiederum, wie Brambilla ein Künstler im Programm der Galerie, erinnert in drei Aquarellen an den Film „Die Klavierspielerin“, in dem die Hauptfigur ihre Vagina verstümmelt. Zugleich beweist Jaune, wie sehr sich Aquarelltechnik dafür eignet, filmische Bewegtheit wiederzugeben.

Straßenkünstler machten Selbstporträts mit Hupperts Gesicht

Jaune, Horn und Brambilla unterstreichen Hupperts Ruf als Spezialistin für verletzte Heldinnen. Dabei kann die Schauspielerin auch ganz anders: komisch, zackig, aufgedreht. Christian Jankowski und Douglas Gordon aber verweigern sich der Arbeit an einer Ikone. Gordon zeigt eine Wandinschrift, die zu einer neuen Reihe schriftlicher Selbstporträts gehört. In nur elf Worten skizziert er sich hier als Schauspieler: „theatre is war“, so beginnt der Text.

Jankowski schließlich fordert Huppert heraus. Er beauftragte je einen Straßenkünstler von Montmartre, sich selbst zu porträtieren – und zwar mit dem Gesicht von Huppert. Und dann einen zweiten Straßenzeichner, sich daneben abzubilden – mit dem Gesicht eines anderen Schauspielers. In unterschiedlichsten Stilen muss sich Huppert nun vor den Kulissen von Montmartre neben Gérard Depardieu, George Clooney und Penélope Cruz behaupten. Schön schäbig sieht das aus, und neben allerhand Ideen zu Auftragsarbeiten, Filmgeschichte und dem Status nicht akademischer Kunst bringt dieser Streich auch eines zutage: wie sehr das Schauspiel von dem abhängt, der Regie führt. Isabelle Huppert spielt zwar Charlotte Gainsbourg an die Wand, doch neben Sophia Loren und dem jungen Alain Delon hat sie keine Chance.

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