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Tabea Blumenschein in "Bildnis einer Trinkerin" von Ulrike Ottinger, 1979.
© Ulrike Ottinger

Nachruf auf Tabea Blumenschein: Die Verwandlungskünstlerin

It-Girl der Achtzigerjahre: eine Erinnerung an die Schauspielerin und Allround-Künstlerin Tabea Blumenschein.

Sie war das It-Girl der Berliner Subkultur in den Achtzigern, sie gehörte zur Punkband Die tödliche Doris und zu den „Genialen Dilletanten“ – nach dem Punkkongress 1981 mit dem extra falsch geschriebenen Namen. Sie arbeitete als Schauspielerin, Kostümbildnerin und Zeichnerin, sie führte 1985 Regie beim Skinhead-Film „Zagarbata“ und posierte für das „Stern“-Cover mit ihrer damaligen Freundin, für den Artikel „Frauen, die Frauen lieben“. Einen Namen hatte sie sich zunächst durch ihr Erscheinen in den Filmen von Ulrike Ottinger gemacht. Die Filmemacherin, die gerade mit der Berlinale-Kamera geehrt wurde, schrieb nun diese Zeilen – in Erinnerung an Tabea Blumenschein. (Tsp)

"Sie, eine Frau von hoher Schönheit, geschaffen wie keine andere, Medea, Madonna, Iphigenie, Aspasia zu sein, beschloss an einem sonnigen Wintertag, ihrer Einsamkeit zu entfliehen und La Rotonda zu verlassen. Sie löste ein Ticket ,Allez – Jamais Retour’.“ So beginnt mein Film „Bildnis einer Trinkerin“ von 1979, und die Frau von hoher Schönheit, für die ich diesen Text schrieb, war Tabea Blumenschein. Nun ist sie, die Tochter Banater Schwaben, mit 67 Jahren gestorben.

Tabea Blumenschein liebte die Verwandlung. Acht Jahre lebten wir in den Siebzigerjahren zusammen; in hunderten von Fotosessions, in denen alles in der Wohnung Vorhandene als Draperie und Requisite diente, loteten wir Möglichkeiten von Gestik, Haltung und Mimik aus. Schon im ersten Film „Laokoon & Söhne“, der die Verwandlungsgeschichte der Esmeralda del Rio erzählt, wechselt sie schnell ihre Rollen, von der Diva zum Matrosen, vom Dandy zum Hawaiimädchen, von der Piratenkönigin „Madame X“, unterwegs auf den sieben Weltmeeren, zur „Trinkerin“ Nur sie konnte so spielen, unbekümmert gegenüber allen Konventionen.

Ihr Erscheinen auf der Leinwand (und auch im Alltag auf der Straße) löste immer große Faszination aus, ohne dass man beschreiben könnte, worin genau diese lag. Für ihre exzentrischen Auftritte bot ich ihr besondere Spielstätten in den Filmen, seien es die trostlosen Trinkorte der zerrissenen Metropole, die Bühnenkulissen vor dem Meeresrauschen oder dichte Pflanzenwelten, in denen sie sich als Paradiesvogel bewegte. Ihre Erscheinungen, vor allem die der Madame X und der Trinkerin, regten zu Projektionen an und machten sie zur Kultfigur der feministischen Bewegung und des Undergrounds.

Tabea Blumenscheins Bilder erzählen vom Glitzern einer aus der Ferne grüßenden Diva

1983 spielte sie noch einmal, in „Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse“ an der Seite von Veruschka. Später, nach ihrer Zeit bei der Tödlichen Doris und im Kreis der „Genialen Dilletanten“, zog sie sich in ihre Bilder zurück, die vom poetischen Glitzern einer aus der Ferne grüßenden Diva erzählen. Wir trafen uns weiterhin, um über ihre Zeichnungen und Bilder zu sprechen, von denen ich viele erwarb. Sie wohnte seit der Wende in der Allee der Kosmonauten, ein Name, der wie eine Startrampe klingt zu einer unbekannten Reise ins All, wo Erdenschwere sich in Schwerelosigkeit verwandelt.

Ulrike Ottinger

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