Michael Verhoeven zum 80.: Der Doktor und das liebe Kino
Unbequem und engagiert: Der Regisseur und Schauspieler Michael Verhoeven feiert seinen 80. Geburtstag.
Der Name Michael Verhoeven wird wohl auf ewig mit einem Film assoziiert, den nur die wenigsten Menschen je gesehen haben. Ein Film auch, der die Berlinale nachhaltig veränderte. 1970 soll Verhoevens Vietnam-Parabel „O.K.“ dort im Wettbewerb laufen, der amerikanische Krieg inszeniert als episches Theater im Bayerischen Wald. Als Jury-Präsident George Stevens droht, den Film wegen seiner „antiamerikanischen“ Haltung vom Wettbewerb auszuschließen, bahnt sich eine diplomatische Krise an, die schließlich zum Abbruch der Berlinale führt. Im folgenden Jahr feiert das Internationale Forum des Jungen Films, als Gegenfestival, seine Premiere.
Für Michael Verhoeven, der am Freitag seinen 80. Geburtstag feiert, ist es ein holpriger Start. Parallel praktiziert der promovierte Mediziner noch als Arzt, erst 1973 entscheidet er sich für den Film – und tritt damit in die Fußstapfen seiner Eltern, dem Schauspielerpaar Paul Verhoeven und Doris Kiesow. Seine bürgerliche Existenz und die familiäre Bande zu „Opas Kino“ erschwert es Verhoeven jedoch, bei den „Jungen Wilden“ Akzeptanz zu finden, obwohl er sich mit damals populären Schwabing-Komödien wie „Engelchen macht weiter, hoppe-hoppe Reiter“ einen Namen macht. Doch erst der Skandal um „O.K.“ sichert ihm den Respekt der Autorenfilmer: Fassbinder gehört zu den ersten, die aus Protest ihren Film von der Berlinale abziehen.
Seine größten Erfolge hatte er mit Filmen zur deutschen Geschichte
Politisch und unbequem ist Verhoeven geblieben, obwohl er seit 50 Jahren zum Establishment des deutschen Kinos gehörte. 1966 heiratet er Senta Berger, eine der großen Herzblattgeschichten der deutschen Filmbranche. Sie gründen kurz darauf die Produktionsfirma Sentana, gemeinsam produzieren sie auch einen der erfolgreichsten Kinofilme der vergangenen Jahre, die Geflüchteten-Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“. Regie führt ihr Sohn Simon Verhoeven.
Mit “den Hartmanns“ ist Verhoeven in der politischen Gegenwart der Bundesrepublik angekommen. Seine – auch international – größten Erfolge hatte er mit Filmen über die deutsche Geschichte: das Geschwister-Scholl-Biopic „Die Weiße Rose“ (1982) und „Das schreckliche Mädchen“ (1989) über eine Klosterschülerin aus der bayrischen Provinz, die sich mit einem NS-Verbrechen in ihrer Geburtsstadt beschäftigt und auf eine Mauer des Schweigens stößt. Schweigen war nie eine Stärke des Mitbegründers der Filmakademie. Zuletzt erregte er Aufsehen mit dem Dokumentarfilm „Der unbekannte Soldat“ (2006), anlässlich der Kontroversen zur Wehrmachtsausstellung. So leicht lässt Verhoeven sein Land nicht vom Haken.
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