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Die Berlinale hat Ulrike Ottingers „Bildnis einer Trinkerin“ mit Tabea Blumenschein programmiert.
© Ulrike Ottinger

Kino in der Coronakrise: Das Onlinefestival "We Are One" will das Kinopublikum erreichen

Gemeinsam Corona trotzen: 21 große internationale Filmfestivals präsentieren zehn Tage lang auf Youtube Programm-Höhepunkte.

Tribeca Enterprises und Youtube haben das Programm des Online-Filmfestivals "We Are One" verkündet, das vom 29. Mai bis zum 7. Juni auf Youtube stattfinden wird. Zu den 21 Filmfestivals, die zu dem kuratierten Programm beitragen, gehören neben der Berlinale die Festivals in Cannes, Venedig, London, Toronto, Mumbai, Sarajevo, Tokyo, Sundance, Jerusalem und New York. Über 100 Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Kurzfilme werden in den zehn Tagen zu sehen sein, außerdem Filmgespräche und Virtual-Reality-Produktionen.

Initiiert wurde das digitale Festival vom Tribeca Filmfestival, das 2002 von Robert De Niro und der Produzentin Jane Rosenthal als Reaktion auf den Anschlag auf das World Trade Center ins Leben gerufen wurde.

Mit "We Are One" will die internationale Film-Community die Lücke schließen, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie entstanden ist. So wurden die Festivals in Cannes und Locarno für dieses Jahr bereits abgesagt, in Venedig und Toronto werden im Moment noch kleinere, modifizierte Ausgaben geplant.

Die Berlinale ist mit drei Beiträgen dabei

Es ist auch ein Statement für das Kino in dieser schwierigen Zeit, viele Festivals wie das Dokfest München oder Kinos wie das Berliner Arsenal wandern gerade vorübergehend ins Netz ab. "Gemeinsam haben wir ein faszinierendes Programm kuratiert, das die feinen Unterschiede, die die Eigenarten jedes dieser Festivals ausmachen, reflektieren", erklärt Jane Rosendahl. Die Kooperation mir Youtube zeigt allerdings auch, dass Filmfestivals auch nach der Pandemie verstärkt gefragt sind, neue Konzepte zu erwägen, um mit einer neuen Generation von Filmfans in Dialog zu treten.

Das Programm von "We Are One" umfasst 13 Weltpremieren, 31 Online-Premieren und fünf internationale Online-Premieren. Die Berlinale ist mit drei Beiträgen vertreten, Ulrike Ottingers Neuer-Deutscher-Film-Klassiker "Bildnis einer Trinkerin" von 1979 mit der kürzlich verstorbenen Tabea Blumenschein sowie zwei Gesprächen aus dem diesjährigen Jubiläums-Programm "Transmission". Oscar-Preisträger Ang Lee unterhält sich mit dem japanischen Palmen-Gewinner Kore-eda Hirokazu, die französische Regisseurin Claire Denis mit ihrem Kollegen Olivier Assayas. Weitere Gesprächsgäste sind Guillermo de Toro (aus dem Marrakesch-Programm), Jackie Chan, Tessa Thompson, Jane Campion (alle Sundance) und John Waters (Locarno).

Gemeinschaft ist wichtiger denn je

"Kino entsteht nicht nur in Teamarbeit, es ist auch ein gemeinsames Erlebnis", kommentieren Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian den Berlinale-Beitrag. "In diesen Zeiten der räumlichen Distanz sind Kooperationsgeist und Gemeinschaftssinn nötiger denn je." In vielen Ländern sind die Kinos weiterhin geschlossen, auch darum sind die Filme im "We Are One"-Programm kostenlos. Die Veranstalter bieten dem Publikum jedoch an, die Covid-19-Hilfsmaßnahmen der WHO durch eine Spende zu unterstützen. Hierfür befindet sich neben jedem Film ein Button.

Zu den Weltpremieren gehört unter anderem der Dokumentarfilm "Iron Hammer" der Schauspielerin Joan Chen über den chinesischen Volleyballstar Jenny Lang Ping, der israelische Neo-Noir-Thriller "Losing Alice" und der Kurzfilm "The Yalta Conference Online", den der japanische Regisseur Koji Fukada exklusiv für das Festival gedreht hat.

Jeder Film hat auf Youtube einen festen Sendeplatz

Weitere Highlights sind der Dokumentarfilm "Ricky Powell: The Individualist" über den berühmten Straßenfotografen, die indische Sozialsatire "Eeb Allay Ooo!", die im Februar auch auf der Berlinale zu sehen war, und das 40-minütige Mystery-Klassendrama "Electric Swan" aus Argentinien, das im vergangenen Jahr in Venedig seine Weltpremiere hatte.

Das Gesamtprogramm ist unter www.weareoneglobalfestival.com einzusehen. Indem jeder Film einen festen Programmplatz hat (nach amerikanischer Ostküstenzeit), versuchen die Organisatoren, zumindest ein wenig Festivalflair aufkommen zu lassen. Mit diesem Schritt möchte man auch dem Konsumverhalten auf den großen Streamingportalen entgegenwirken.

Die Hoffnung, dass die diesjährige Festival-Saison nach "We Are One" noch ein versöhnliches Ende nehmen könnte, geben die Veranstalter dennoch nicht auf. Gerade Toronto und Venedig sind für die Kinobranche und die Oscars im nächsten Jahr von größter Bedeutung. Nicht zuletzt aber auch für die Filmemacherinnen und Filmemacher selbst. "Wir wünschen all diesen wundervollen Künstler*innen, dass das Publikum ihre Werke bald wieder gemeinsam auf der großen Leinwand sehen kann", wünschen sich nicht nur Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian. Tsp
Vom 29. Mai bis 7. Juni auf YouTube.com/WeAreOne.

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