Nach dem Tod von Liu Xiaobo: China lässt auch die Witwe nicht reisen
Trauerarbeit und Zensur: Wie der Westen auf die Nachricht vom Tod des chinesischen Nobelpreisträgers Liu Xiaobo reagiert. Und wie China sich gegen Einmischung verwahrt.
Nach dem Tod des chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, der am Donnerstag mit 61 Jahren an seiner Leberkrebserkrankung starb, fordern die USA und Deutschland Freiheit für seine Witwe Liu Xia, die unter Hausarrest steht. Die chinesische Führung erklärte unterdessen, die Wünsche der Familie für die Beerdigung würden respektiert und auf Wunsch unterstützt. Zugleich zeigte sie sich deutlich verärgert wegen der internationalen Kritik am Umgang mit Liu Xiaobo und legte bei den Regierungen der USA, Deutschlands, Frankreichs sowie den Vereinten Nationen offiziell Protest ein.
Die USA und Deutschland forderten dagegen eine Ausreiseerlaubnis. „Ich rufe die chinesische Regierung auf, Liu Xia aus dem Hausarrest zu entlassen und ihrem Wunsch gemäß zu erlauben, China zu verlassen“, erklärte US-Außenminister Rex Tillerson. Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte die chinesische Regierung mit Nachdruck dazu auf, Liu Xia Bewegungs- und Kommunikationsfreiheit zu gewähren. Gabriel sagte: „Liu Xia und ihr Bruder Liu Hui sollten umgehend nach Deutschland oder ein anderes Land ihrer Wahl ausreisen dürfen, wenn sie dies wünschen“. Auch Amnesty International sorgt sich um den Gesundheitszustand der Witwe.
Chinas Zensoren arbeiten derweil auf Hochtouren. In den sozialen Netzwerken dürfen die Todesnachricht über Liu Xiaobo und vor allem die Trauer von Lius Landsleuten darüber keine Spuren hinterlassen. Würdigungen und Trauerbekundungen wurden gelöscht, auch einfache Bildsymbole wie eine Kerze. Die Suchmaschine Baidu zeigte am Freitag keine Suchergebnisse zu Liu Xiaobos Tod an, der Kurzmitteilungsdienst Weibo blockierte alle Einträge mit seinem Namen.
Verhaftungen, Diskriminierungen: Die Menschenrechtslage in China hat sich verschlechtert
Experten zufolge hat sich die Menschenrechtslage in China seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping drastisch verschlechtert. Zuletzt berichtete Amnesty International, dass der Aktivist Liu Shaoming zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Er hatte im Internet über seine Erinnerungen an das Massaker am Pekinger Tiananmen-Platz geschrieben, was laut Gericht eine „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsmacht“ darstellt. Vor kurzem jährte sich zum zweiten Mal die Festnahme von rund 300 Rechtsanwälten und Menschenrechtsverteidigern, von denen sich immer noch einige in Haft befinden. Auch werden Minderheiten wie Tibeter und Uiguren von der Staatsführung systematisch diskriminiert.
Liu Xiaobo hatte das Bürgerrechtsmanifest „Charta 08“ mitinitiiert und war 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ende Juni hatte man den Schwerkranken vom Gefängnis in eine Klinik verlegt. Der Autor, der 2010 den Friedensnobelpreis hielt, schrieb in „Ich habe keine Feinde, ich kenne keinen Hass“, dem einzigen auf Deutsch erschienenen Buch mit seinen Schriften: „Die Freiheit der Meinungsäußerung ist die Grundlage der Menschenrechte, die Quelle der Menschheit und der Mutter der Wahrheit. Wer die Redefreiheit erwürgen will, der zertrampelt die Menschenrechte“. (Tsp/epd/AFP/dpa)