Turbulenzen in der Schwedischen Akademie: Arbeitsunfähig
Nach dem Rücktritt der Jury-Vorsitzenden Sara Danius erleidet das Image des Literaturnobelpreises und der Schwedischen Akademie weiteren Schaden.
Da waren es nur noch elf. Nachdem am Donnerstag die umstrittene Lyrikerin Katarina Frostenson ihren Sitz in dem Stockholmer Literaturnobelpreiskomitee niedergelegt hatte, folgte ihr auch die seit 2015 als Ständige Sekretärin amtierende Sara Danius, die Vorsitzende der Nobelpreisjury. „So hat es die Akademie gewollt“, soll Danius gesagt haben. „Der Beschluss bedeutet für mich auch, dass ich mit sofortiger Wirkung meinen Stuhl verlasse, Stuhl Nummer sieben. Und wie fühlt sich das an? Ganz gut.“
Ob sie das ernst gemeint hat? Das könnte schon sein. Denn seit Monaten steckt die aus 18 Mitgliedern bestehende Schwedische Akademie, die alljährlich den Literaturnobelpreis vergibt, in einer schweren Krise, nachdem aufgedeckt worden war, dass Frostenson ihrem Mann, dem Fotografen Claude Arnault, finanzielle Vorteile verschafft hatte. Zudem soll Arnault Frauen sexuell belästigt und Namen von Literaturnobelpreisträgern vorher ausgeplaudert haben. Als die Akademie vor einer Woche über den Fall Frostenson beraten wollte, kam es zu entscheidenden Verwerfungen.
Eine Mitgliedschaft in der Akademie erlischt erst mit dem Tod
Seitdem zerlegt sich das Literaturnobelpreiskomitee sehenden Auges. Eine Mehrheit der bis dato sechzehn aktiven Mitglieder (die Schriftstellerin Kerstin Ekman und die Literaturwissenschaftlerin Lotta Lotass lassen ihre Sitze seit Jahren aus unterschiedlichen Gründen ruhen) konnte sich nicht für den Ausschluss Frostensons entscheiden. Daraufhin gaben drei weitere Mitglieder bekannt, nicht mehr an den Sitzungen teilnehmen zu wollen: der Historiker Peter Englund, der Schriftsteller Klas Östergren und der Literaturwissenschaftler Kjell Espmark.
Nun ist es aber so, dass laut der Akademie-Statuten niemand austreten oder herausgeworfen werden kann; eine Mitgliedschaft erlischt erst mit dem Tod. Das heißt zum einen, dass wegen der nun sieben ruhenden Mitgliedschaften die Akademie gerade nicht arbeitsfähig ist. Sie dürfte kaum dazu in der Lage sein, einen Literaturnobelpreis zu vergeben, und kann auch keine neuen Mitglieder einstellen (dafür braucht es zwölf). Zum anderen führt deshalb und nicht zuletzt wegen der Zerwürfnisse innerhalb des Gremiums an der Änderung der Statuten wohl kein Weg vorbei, wozu sich der als Vermittler eingeschaltete und als Schirmherr der Akademie fungierende König Carl-Gustaf auch bereit erklärt hat. Das Image des Literaturnobelpreises und der Akademie aber hat schon jetzt schweren Schaden erlitten.