Literaturnobelpreis: Krise in der Schwedischen Akademie
Korruption, Vorteilsnahme, sexuelle Übergriffe: Sogar der schwedische König hat sich eingeschaltet, um den Ruf der ehrwürdigen Institution zu retten.
Es gehört zu den beliebtesten Rate- und Spekulationsspielen im Kulturbetrieb, wer denn alljährlich neuer Träger oder neue Trägerin des Literaturnobelpreises wird; von welchem Kontinent der oder die kommen mag, ob es ein Lyriker oder eine Prosaschriftstellerin wird oder gar doch noch Philip Roth, obwohl der seit Jahren nicht mehr schreibt. Dieses Jahr dürfte das nicht viel anders sein. Nur wird der menschliche Makel eine viel größere Rolle spielen. Überhaupt muss vorher geklärt werden, wer genau von den 18 Mitgliedern des schwedischen Literaturnobelpreiskomitees den Preis vergibt, wer von diesen im Oktober noch dabei ist.
Es rumort nämlich in der Jury, seitdem bekannt wurde, dass die Lyrikerin Katarina Frostenson, die in der Jury sitzt, ihrem Mann, dem Fotografen Jean-Claude Arnault, nicht nur Entscheidungen des Komitees vorab verraten haben soll, sondern sie auch Mitglied eines von Arnaults betriebenen Kunstclubs ist und dieser wiederum Gelder aus den Mitteln der Schwedischen Akademie erhalten hat. Auch von Steuerhinterziehung und sexuellen Übergriffen durch Arnault ist die Rede. Vergangene Woche kam es schließlich innerhalb der Akademie zu schweren Unstimmigkeiten, als bei einer Sitzung über den Ausschluss von Frostenson beraten und entschieden werden sollte.
Austritte, Wiedereintritte: Die Mitglieder der Akademie sind sich uneins
Nach der Sitzung, in der man sich mehrheitlich nicht für einen Rauswurf Frostensons entscheiden konnte, teilten drei Mitglieder ihren Austritt mit: der Historiker Peter Englund, der Schriftsteller Klas Östergren und der Literaturwissenschaftler Kjell Espmark. Zwei Tage später gab auch die Schriftstellerin Sara Stridsberg bekannt, ihren Austritt zu überdenken, sollte Frostenson Mitglied bleiben und die Vorfälle im Zusammenhang mit Arnaults Club nicht konsequent aufgeklärt werden.
Da waren es nur noch vierzehn, könnte man sagen. Weil zwei Mitgliedschaften seit längerem ruhen, ist die Beschlussfähigkeit dieses Gremiums bedroht, gerade auch, was die Berufung neuer Mitglieder betrifft; und ja, es dürfte überdies fraglich sein, von welchem Wert der Literaturnobelpreis des Jahres 2018 unter solchen personellen Voraussetzungen ist. Zumal es bei Vorwürfen wie Korruption, Vorteilsnahme, Vetternwirtschaft, Steuerhinterziehung und sexuellen Übergriffen überhaupt um die Glaub- und Ehrwürdigkeit des Literaturnobelpreiskomitees geht. Am Sonntagabend hat sich nun auch der schwedische König Carl-Gustav eingeschaltet und Sara Danius getroffen, die ständige Sekretärin der Schwedischen Akademie, um Lösungen für die vertrackte Lage zu finden. Nach dem Treffen erklärte das Königshaus jedoch nur etwas blumig-nichtssagend, man wolle der Akademie wieder einen guten Ruf verschaffen und die beklagenswerten Zustände verbessern. Der einzige Trost nach diesen Vorfälle dürfte sein: Zerwürfnisse und menschliche Unzulänglichkeiten wie diese sind hinlänglich Stoff der Literatur, über die die Akademie Jahr für Jahr befindet.
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