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Zukunftsfroh. Robin Ticciati, 37, ist Chefdirigent des DSO.
© Jörg Brüggemann / Ostkreuz

Deutsches Symphonie-Orchester: Alternativen zum Sinfoniekonzert

Wagner und kleine Formationen: Das Deutsche Symphonie-Orchester stellt seine Pläne für die Saison 2020/21 vor.

Die Fotos, mit denen die Saisonvorschau des Deutschen Symphonie-Orchesters bebildert ist, zeigen Szenen aus glücklicheren Tagen. „An einem sonnigen Novembertag sowie Mitte Januar sind die entstanden“, erzählt Orchesterdirektor Alexander Steinbeis.

Lange also, bevor die Coronakrise das öffentliche Leben lahmlegte. Ein bestens gelaunter Chefdirigent Robin Ticciati ist da zu sehen, im Freizeitlook mit Windjacke und Jeans. Zusammen mit seinen Musikerinnen und Musikern, von denen einige ihre Instrumente auf dem Rücken tragen, streift er durch verschiedene Kieze der Hauptstadt.

Mit der so sympathisch bebilderten Broschüre blicken der 37-jährige britische Maestro und das DSO voraus auf ihre vierte gemeinsame Spielzeit. „We are family“, lautet die Botschaft. Die Chemie zwischen Ticciati und dem Orchester stimmt, künstlerisch herrscht weiterhin Aufbruchsstimmung, gemeinsam haben sie viel vor: Unter anderem ein Festival, das die Verbindungen zwischen Richard Wagner und Paris untersucht.

Eine Hassliebe verband den Komponisten mit der Metropole. Deren Kulturleben bewunderte der junge Wagner, doch es gelang ihm in seinen Pariser Hunger-Jahren nicht, dort eine Karriere zu machen.

Unter den französischen Avantgardisten, besonders bei den Dichtern, fand er erst später glühende Verehrer, mächtig war sein Einfluss schließlich auf die nachfolgenden Musikergenerationen, die sich jeweils individuell für oder gegen den Wagnérisme entscheiden mussten.

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Richard Wagners Verbindung zu Paris

Der Erfinder der Grand Opéra, Giacomo Meyerbeer, wird ebenso in dem Festivalprogramm vertreten sein wie Wagners ästhetische Vorbilder Hector Berlioz und Franz Liszt. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Vertonungen der Gedichte von Mallarmé und Baudelaire. Vom Bayreuther Meister selber erklingen Auszüge aus seinen wichtigsten Opern.

Ob sich die Pläne allerdings wirklich so umsetzen lassen wie geplant, steht derzeit in den Sternen. Bleibt es bei den strengen Corona-Abstandsregeln, sind große Sinfonieorchester nicht mehr handlungsfähig. „Das wäre eine traurige Situation für uns, denn das Orchester ist jetzt schon frustriert, hofft inständig darauf, bald wieder zusammenspielen zu können“, sagt Orchesterdirektor Alexander Steinbeis.

„Aktuell heißt es von der Bundesregierung, dass ,Großveranstaltungen bis zum 31. August verboten sind. Wir warten nun auf konkrete Ansagen der Politik, was denn genau darunter zu verstehen ist.“

Sollten nur kammermusikalische Besetzungen möglich sein, könnte das DSO aus eigenen Kräften attraktive Alternativen zu den Sinfoniekonzerten anbieten.

Auftritte in kleinen Formationen

Denn die Musikerinnen und Musiker des Orchesters sind auch auf diesem Gebiet aktiv. Die Auftritte in kleinen Formationen, die normalerweise in der Villa Elisabeth in Mitte sowie in den Staatlichen Museen stattfinden, könnten dann auf die große Philharmonie-Bühne wechseln.

Fünf Dirigentinnen hat Orchesterdirektor Alexander Steinbeis für die Saison 2020/21 verpflichtet – und zwar nicht aus Proporz-Erwägungen, sondern allein wegen ihrer künstlerischen Exzellenz, wie er betont. Dazu kommen einerseits Altmeister wie Roger Norrington und Leonard Slatkin, andererseits männliche Jungstars wie Santtu-Matias Rouvali und Jakub Hrusa.

Mit Kent Nagano und Ingo Metzmacher sollen wieder zwei Ex- Chefs ans Pult treten. Und dann wäre da auch noch ein ganz besonderer Coup mit Simon Rattle.

Robin Ticciati ist es gelungen, den langjährigen Philharmoniker-Chef, der einst zu seinen Mentoren gehörte, für einen Gastauftritt beim DSO zu gewinnen. Es wäre ein Wiedersehen alter Bekannter: Sir Simon hat sein Berlin-Debüt 1977 nämlich beim Deutschen Symphonie-Orchester gegeben (weitere Infos unter www.dso-berlin.de).

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