65 Jahre Micky-Maus-Heft: Als Entenhausen nach Deutschland kam
Vor 65 Jahren erschien das erste Micky-Maus-Heft. Das Magazin wurde die beliebteste Kinderzeitschrift des Landes - und hat heute schwer zu kämpfen.
Es war gewissermaßen die „Geburtsstunde Entenhausens“: Am 29. August 1951, vor 65 Jahren, kam das erste Micky-Maus-Heft in deutscher Sprache in die Kioske. Von den rund 300.000 Exemplaren der anspruchsvoll gestalteten deutschen Erstausgabe wurde allerdings nicht mal die Hälfte verkauft. Der Rest ging als kostenlose Werbeexemplare an Schulen oder in den Reißwolf. Dann aber entwickelte das Heft sich schnell zur beliebtesten Kinderzeitschrift in Deutschland.
75 Pfennige kostete „Micky Maus - Das bunte Monatsheft“ rund sechs Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Gedruckt war es im für damalige Verhältnisse einzigartigen Vierfarb-Kupfertiefdruck bei W. Girardet in Essen. Wer heute noch ein Heft der Erstausgabe besitzt, erhält dafür von Sammlern - je nach Zustand - 6.000 Euro und mehr. Am Kiosk kostet das aktuelle „Micky Maus Magazin“ 3,50 Euro.
Anfangs wollten Kritiker das Heft verbieten lassen
Schon im ersten 32seitigen Heft tauchen neben Micky auch Donald Duck, dessen Vetter Gustav, Tollpatsch Goofy, Donalds Augenstern Daisy, der treue Hund Pluto und Donalds drei Neffen auf. Die hießen allerdings damals nicht Tick, Trick und Track, sondern Rip, Rap und Rup. Die Übersetzungen der Comics aus der Disney-Produktion stammten bis 1988 von Erika Fuchs (1906-2005), die bis dahin Chefredakteurin der Micky Maus war.
In den meisten anderen europäischen Ländern war Donald die Titelfigur der Disney-Hefte. In Deutschland jedoch war Micky im Jahr 1951 wesentlich bekannter. Der Grund: Die ersten Micky-Maus-Filme wurden schon 1930 in Deutschland gezeigt - 1928 hatte Disneys Micky Maus in dem Tonfilm „Steamboat Willie“ das Licht der Comic-Welt erblickt. Donald kam in einer Nebenrolle 1934 im Zeichentrickfilm „Die kluge kleine Henne“ das erste Mal vor, 1935 aber stoppte Walt Disney den Export seiner Trickfilme nach Nazi-Deutschland.
Am Anfang waren die Micky-Maus-Comics in Deutschland nicht unumstritten. Im Land der Dichter und Denker sahen nicht wenige Kritiker in Comics „Schundhefte“ und fürchteten einen Verfall der deutschen Sprache. Andere warnten vor Analphabetentum im Zusammenhang mit dem Konsum der bunten Bilder-Geschichten und wollten deren Erscheinen sogar gerichtlich verbieten lassen.
„Dieser Ort fasziniert immer noch alle Generationen“
Inzwischen hat sich die Einstellung in Deutschland geändert, Comics werden zunehmend als Kulturgut geschätzt. Und in Schwarzenbach an der Saale führt das Erika-Fuchs-Haus – Deutschlands erstes Museum, das ausschließlich dem Comic gewidmet ist – die Verdienste der einstigen Micky-Maus-Chefredakteurin für die deutsche Sprache vor Augen.
Das alles hat das Micky-Maus-Magazin überlebt. Der Kunstdidaktiker Dietrich Grünewald von der Universität Koblenz schätzt an den Comics aus Entenhausen, dass kleine Leser am Vorbild von Micky und seinen Freunden „Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein lernen“. Und sie würden erfahren, dass man als Kind „nicht alles immer hinnehmen muss“.
Seit 1957 erschien das Micky-Maus-Magazin wöchentlich, seit einigen Jahren gibt es 41 Ausgaben pro Jahr, die jeweils freitags an den Kiosken zu haben sind. 1991 noch lag die Druckauflage des Heftes bei über einer Million Exemplaren, verkauft wurden davon rund 650.000 Stück.
Das ist lange her, die Generation Youtube liest weniger Zeitschriften. Nach Angaben des Verlags werden aktuell pro Heft nur noch 85.000 Exemplare verkauft. Erreicht würden wöchentlich etwa 576.000 Kinder pro Heft, hieß es unter Bezug auf die Kids-Verbraucheranalyse des Verlags von 2015. Bei Zeitschriften für Sechs- bis 13-Jährige liegt demnach das Micky-Maus-Magazin noch immer vorn.
Auch Gerhard Severin vom Erika-Fuchs-Museum merkt, dass sich das Medienverhalten der Kinder und Jugendlichen verändert hat: „Fest steht, dass bei Führungen von Schulklassen auf die Frage nach dem Umgang mit Comics nur wenige Schüler dazu noch einen Zugang haben“, sagt er.
Auf der anderen Seite, beobachtet Severin, „sitzen dann aber alle Schüler in der Bibliothek und sind vertieft gerade in die Comics über Entenhausen“. Für ihn ist klar, dass die gedruckten Geschichten der Einwohner Entenhausens „trotz Internet und Playstation weiterleben und weitergelesen“ werden: „Dieser Ort fasziniert immer noch alle Generationen“. (epd, mit lvt)
Andreas Rehnolt
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