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Extrem einfach in der Zubereitung, raffiniert und ein idealer Ostereier-Verwerter: Senfeier mit marinierter Bete
© Florian Bolk

Mulacks neue Berliner Küche - die Rezeptkolumne: Senfeier mit marinierter Bete

Ei, Kartoffel, Senf – das schmeckt zusammen einfach. Wen wundert’s, dass Senfeier ein Leibgericht der Berliner sind – nicht nur zu Ostern.

Senfeier haben etwas mit, sagen wir mal, dem Butterbrot gemein. Sie sind so einfach gestrickt, so naheliegend kombiniert, dass es wohl nicht den einen „Erfinder“ gibt, der das Rezept in die Welt getragen hat. Irgendwann waren sie einfach da und spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts nachweislich im deutschen Kochkanon verankert, wie die Rezepte in Henriette Davidis „Praktisches Kochbuch“ (1845) und Betty Gleims „Bremisches Kochbuch“ (1843) belegen. Ungefähr zeitlich zuordnen lässt sich die Geburtsstunde der Senfeier wohl dem Beginn der Verbreitung der Kartoffel. Bereits um 1600 begann der Feldanbau in Irland, es sollte aber noch mehr als hundert Jahre dauern, ehe Erdäpfel bei uns bekannt und noch gut weitere 50 Jahre, bis sie auch gerne gegessen wurden.

Senf brachte Schärfe in die Küchen

Senf kannte man dagegen schon deutlich länger: Knapp 2000 Jahre vor unserer Zeitrechnung wurde er in Indien kultiviert. Die Römer entwickelten bereits unterschiedliche Arten der Senfzubereitung und in den europäischen Küchen des frühen Mittelalters war Senf ein wichtiges Würzmittel: Außer durch Meerrettich gab es bis dahin keine Möglichkeit, Schärfe ins Essen zu bekommen. Pfeffer verbreitete sich hierzulande erst im 14 Jahrhundert, blieb dann aber lange dem Adel vorbehalten. Und Chili kam im späten 15 Jahrhundert nach Europa.

Kristof Mulack modernisiert in der Kochkolumne Berliner Klassiker
Kristof Mulack modernisiert in der Kochkolumne Berliner Klassiker
© Florian Bolk

Was die beiden Kochbücher aus der Mitte des 19 Jahrhunderts noch verraten, ist, dass in der deutschen Küche Senfeier in zwei Varianten verbreitet waren: Als gekochtes Ei, das mit Senfsoße übergossen wird, und als in Senfsoße gekochtes Ei. Letzteres ist definitiv mehr ein eigenständiges Gericht, da hier die Zutaten zusammen verarbeitet werden.

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Resteverwertung zu Ostern

Gekochte und geviertelte Eier mit Senfsoße zu übergießen, ist aber ein guter Trick, den Berg an gefärbten Ostereiern nach dem Fest abzuarbeiten. Die Soße kann analog wie in Mulacks Rezept hergestellt werden, die marinierte Bete aus seiner Version passt gleichwohl dazu, kann aber auch durch säuerlich eingelegte Kapern, Gurken, Speckcrumble oder Schnittlauchröllchen ersetzt werden (noch mehr Verwendungsmöglichkeiten für gekochte Eier im Kasten unten auf der Seite). Spannend wurde es ab den 2000er Jahren, als Köche anfingen, sich der Wiederbelebung deutscher Küchenklassiker anzunehmen. Das in Senfsauce gekochte Ei erlebte seine erste Verfeinerung als pochiertes Ei, dessen Dotter noch flüssig serviert wurde. Sternekoch Tim Raue servierte in seinem Restaurant „La Soupe Populaire“ eine erste Version, in der die Soße, mit Kartoffeln gemixt, als Basis diente, auf der er Kartoffelchips und Ei mit Saiblingskaviar arrangierte. Es folgten Neuauflagen, bei denen ein weichgekochtes Ei in Panko-Mehl paniert wurde. Spätestens, als das traditionell in den heißen Quellen Japans bei um die 64 Grad wachsweich gegarte Ei die gehobenen Küchen Europas eroberte, war eine Komplexität bei der Zubereitung erreicht, die es auch anderen Spitzenköchen erlaubte, diese Speise legitim in ihr Repertoire mit aufzunehmen

Kristof Mulack verzichtet bei seiner Modernisierung auf die technischen Kniffe der Gourmetlabore. Er orientiert sich am Rezept seiner Oma, das er in Kindertagen noch nicht wirklich schätzte, das aber inzwischen zu den Top-Five seiner Lieblingsgerichte gehört. Seine Neuinterpretation konzentriert sich zum einen auf die Cremigkeit der Soße, die er mit Butter und Sahne verstärkt, sowie ein wohl ausbalanciertes Spiel von Süße und Säure aus zwei Sorten Senf, Kurkuma und roh marinierter Bete als Beilage. Ein einfach zubereiteter Glücklichmacher, der seine Herkunft nicht verleugnet, aber sich mit Pfiff von der Alltagsküche abhebt.

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Senfeier mit marinierter Bete - das Rezept

Zutaten
6 Bio Eier
mittelscharfer Senf
grober Dijonsenf
500 g Sahne
100 ml Milch
250 g Butter
heller Saucenbinder
1 kg mehlig kochende Kartoffeln
1 Rote Bete (auch Chioggia Bete oder Ringelbete)
1 EL Weißer Balsamico
1/2 Zitrone
Salz, Zucker und weißer Pfeffer (nach Geschmack)
1 Messerspitze Kurkuma
Senfkresse oder Schnittlauch zum Anrichten

Zubereitung
Zuerst die Rote Bete mit einem Turning-Slicer zu Spaghetti aufschneiden, alternativ auf einer „Mandoline“ oder mit einem sehr scharfen Messer vorsichtig in dünne Scheiben schneiden. Die Bete mit Salz, Zucker und etwas weißem Balsamico marinieren und bis zum Anrichten zur Seite stellen.
Wasser in einem Topf zum Kochen bringen und die Eier darin sechs Minuten lang weichkochen.
Anschließend in Eiswasser abschrecken, pellen und zur Seite stellen.
Die Kartoffeln schälen, stückitg schneiden und in gesalzenem Wasser weich kochen. Waser abgießen, ausdampfen lassen und mit Milch und der Hälfte der Butter zu einer cremigen Masse zerstampfen.
Für die Senfsoße einen kleinen Topf aufstellen und die Sahne mit beiden Senfarten und dem Rest der Butter unter ständigem Rühren einmal aufkochen lassen.
Mit Salz, Pfeffer, Zucker, Kurkuma und etwas Zitronensaft kräftig abschmecken.
Zum Schluss mit dem Saucenbinder auf die gewünschte Sämigkeit bringen.

Anrichten
Einen tiefen Teller nehmen und einen großzügigen Kleks Kartoffelstampf in die Mitte geben. Darauf die Eier setzen und das Ganze mit Soße übergießen. Dann die marinierte Rote Bete obenauf setzen und mit Senfkresse oder Schnittlauch garnieren.

Mein Tipp
Wer noch gefärbte Ostereier übrig hat, muss nicht extra neuen Eier kochen, auch hartgekochte Eier schmecken in diesem Gericht, wenn sie in der Senfsoße vorsichtig mit erwärmt werden.

Hier finden Sie weitere Rezepte aus der Serie "Mulacks neue Berliner Küche"
Teil 1: Königsberger Klopse
Teil 2: Blumenkohl polnisch
Teil 3: Hackepeter Deluxe
Teil 5: vegetarische Soljanka

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