Für CDU und FDP in Berlin: Die Czaja-Brüder sind zurück
Sie reden dauernd über Politik. Nur nicht miteinander. Die Brüder Mario und Sebastian Czaja entzweite der Ehrgeiz. Nun treffen sich beide im Parlament – gemeinsam in der Opposition. Unser Blendle-Tipp.
Mario Czaja schüttet Aspirin in sein Mineralwasser, trinkt einen Schluck, zieht das Jackett aus, lehnt sich in den Sessel – und seufzt leise. Der Wochentag, trotz Sonne herrscht schon Herbstfrische, beginnt in seinem Wahlkreisbüro in Mahlsdorf. Ostberliner Stadtrand, alte Eichen, Häuschen, junge Familien.
Für Mario Czaja enden turbulente Wochen, wenn nicht Jahre: Als Sozial- und Gesundheitssenator ist er für Flüchtlingsheime zuständig gewesen. Chaos, Korruptionsvorwürfe, Rücktrittsforderungen folgten. Dann verlor die CDU die Wahl heftiger als erwartet. Und nun tobt in der Partei eine Sexismus-Debatte.
Doch das Seufzen zeugt auch davon, dass der Druck auf Czaja nachlässt. Er ist erleichtert – zumindest berlinert Czaja nur, wenn es ihm gut geht. Wie geht’s, Herr Noch-Senator? ’n bisschen entspannter is’ et schon!
Mario Czaja, 41 Jahre, war der erfolgreichste der 652 Direktkandidaten der Abgeordnetenhauswahl. Während seine CDU-Kollegen in ihren West-Berliner Hochburgen an Stimmen verloren, gewann Czaja nicht nur seinen Mahlsdorfer Wahlkreis. Er verbesserte sein Ergebnis sogar: 47,4 Prozent der Erststimmen für ihn, 31 Prozent der Zweitstimmen für die lokale CDU. Und das dort, wo nicht nur die Linke viele Stammwähler hat, sondern auch die AfD stärker wurde.
Und doch gibt es neben Mario Czaja jemanden, der bei dieser Wahl ebenso unerwartet erfolgreich war. Jemanden, der als Spitzenkandidat die Stimmen für seine abgeschlagene Partei vervierfachte und sie wieder ins Abgeordnetenhaus führte: Sebastian Czaja, 33, FDP-Landeschef – und Marios jüngerer Bruder.
Es ist nicht lange her, da galten die Czaja-Brüder als abgeschrieben. Selbst in ihren Parteien glaubten viele nicht so recht, dass sich mit den Brüdern noch politische Schlachten gewinnen lassen. Beim Älteren, weil er in der Flüchtlingskrise zögerte und selbst mitregierende Sozialdemokraten ihn derart bloßstellten, dass er seinen Rücktritt anbot. Beim Jüngeren, weil er die CDU im Streit verließ und mit der untergehenden FDP auf die falsche Partei gesetzt hat.
Früher schauten sich die Brüder oft nicht mal an
Nun sind die Brüder, die belächelten Ossis, zurück. Über Politik reden beide andauernd. Nur nicht miteinander.
Zwar bestätigen die Brüder, man habe ein gutes Verhältnis, sehe sich ab und zu bei den Eltern, die in jenem Haus in Mahlsdorf wohnen, in dem sie aufgewachsen sind. Doch selbst nach dem Wahlerfolg vermieden es beide, gemeinsam in einem Fernsehstudio zu sitzen. Früher schauten sich die Brüder oft nicht mal an, wenn sich ihre Wege im Abgeordnetenhaus kreuzten.
Dabei ähneln sie sich. Wie sein Bruder schätzt Sebastian Czaja die Ironie. Eine Nähe auch beim Stil: straffe Anzüge, auf die Ernährung achten beide, kontrolliert sind sie auch, nie polternd, die Berliner Version von „smart“. Und beide sind politisch so begabt wie ambitioniert. Darin liegt auch das, was beide trennt – und zu Konkurrenten macht.
Stratege der eine, der Ältere, der immer schon daran dachte: Was hat das für Folgen – morgen, nächstes Jahr, zur kommenden Wahl? Der andere, Jüngere, ein bisschen zu eifrig, wollte Abkürzungen nehmen: Wie klappt es bei mir so schnell wie bei Mario? Klar, dass das bei Brüdern zu Konflikten führt.
Mario Czaja zieht sich das Jackett an, plaudert mit seinen Mitarbeitern, verlässt das Büro und...
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