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Mama und Mama: Die Akkermanns erwarten bald ein Kind. Doch als Mutter beim Standesamt darf nur Gesa (rechts) eingetragen werden, nicht ihre Frau Verena.
© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Lesbisches Elternpaar zieht vor Gericht: Zwei Mütter? Vom Staat nicht gewollt

Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann erwarten ein Kind. Nach deutschem Recht dürfen nicht beide als Mütter eingetragen sein - dagegen klagen sie jetzt.

Bis zum Geburtstermin ist es noch eine gute Woche bei Gesa Teichert-Akkermann. Das Kinderzimmer ist schon eingerichtet. Nur die Gardinen fehlen, an ihnen näht sie gerade. „Das wird alles ein bisschen maritim. Wir sind halt schon sehr nordisch“, erzählt sie.

„Wir“, das sind sie und ihre Frau Verena. Die beiden leben in einem Dorf bei Hildesheim, das Norddeutsche hört man durch, wenn man sich mit Gesa Teichert-Akkermann unterhält. Kommt Verena abends nach Hause, legt sie die Hand auf Gesas Bauch. Das Kind reagiert dann sofort und beginnt zu strampeln. So weit, so normal, so geschieht es jede Woche bei tausenden Elternpaaren, die das lange ersehnte Wunschkind bekommen.

Doch für den deutschen Staat sind Teichert-Akkermann und ihre Frau keineswegs „normale“ Eltern.

Zwei Mütter sind vom Gesetz nicht vorgesehen

Ganz im Gegenteil: Zwei Mütter sind vom Gesetz nicht vorgesehen. Verena Akkermann wird nicht automatisch als zweites Elternteil beim Standesamt eingetragen werden.

Mutter wird laut Geburtsurkunde nur Gesa – anders als bei Hetero-Paaren. Dort wird der Ehemann selbst dann erstmal automatisch als Vater eingetragen, wenn er es biologisch gar nicht ist.

Für Gesa Teichert-Akkermann ist das eine „krasse Diskriminierung und Abwertung“ durch den Staat: „Uns wird gezeigt: Eure Familienkonstellation soll es eigentlich nicht geben.“

Sie sind das erste lesbische Paar, das wegen der Mutterschaft vor Gericht zieht

Deswegen sind die Akkermanns jetzt als erstes lesbisches Paar in Deutschland vor Gericht gezogen, um auch die zweite Mutter direkt als Elternteil anerkennen zu lassen.

Hinter der Klage steht eine Lücke bei der Ehe für alle: Lesbische Paare wurden bei deren Einführung in der Frage der Co-Mutterschaft nicht mit heterosexuellen Paaren gleichgestellt – obwohl über 90 Prozent aller Kinder in Regenbogenfamilien bei zwei Müttern leben. Anläufe von Familienministerin Franziska Giffey und der damaligen Justizministern Katarina Barley, das Abstammungsrecht danach zu ändern, verliefen im Sand.

Die Co-Mutter – in diesem Fall wäre das also Verena – muss daher noch immer das Kind als Stiefkind adoptieren, selbst wenn die Schwangerschaft durch eine anonyme Samenspende oder wie im Fall der Akkermanns durch eine Embryonenspende erfolgt.

Bisheriger Weg: die Stiefkindadoption

Die Stiefkindadoption ist eine langwierige Prozedur, die ein bis zwei Jahre dauern kann und das Jugendamt und das Familiengericht involviert. „Völlig absurd“ sei diese Regelung, sagt Gesa Akkermann-Teichert: „Meine Frau ist keine Stiefmutter. Wir sind seit mehr als zwanzig Jahren zusammen, wir haben uns gemeinsam für das Kind entschieden, wir haben den ersten Herzschlag gemeinsam gehört.“

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Für die beiden war es ein langer Weg zum Baby. Sie versuchten es mehrfach über eine Samenspende, dreimal verlor Teichert-Akkermann in der Schwangerschaft das ungeborene Kind. Weil sie inzwischen Mitte Vierzig sind, hatten die beiden eigentlich bereits aufgegeben. Sie wollten sich von ihrem Arzt schon verabschieden, als er ihnen die Möglichkeit einer Embryonenspende erklärte.

Ein sehr seltener Eingriff, bei dem der Embryo von einem anderen Paar in die Gebärmutter übertragen wird, die genetischen Eltern bleiben dabei zunächst anonym. Ihre Daten werden bei einem Notar hinterlegt, um dem Kind später die Kenntnis über seine genetische Abstammung zu ermöglichen.

Die Unterstützung für die Akkermanns ist groß

Die Akkermanns standen erst auf der Warteliste, dann hatten sie Glück. Und der Eingriff klappte. Geburtstermin ist Mitte Februar. Das Kind wird dann per Kaiserschnitt entbunden, auch weil Teichert-Akkermann wegen einer seltenen Krankheit im Rollstuhl sitzt.

Anfangs konnten es die Akkermanns selbst kaum glauben, dass der Gesetzgeber die Frage der doppelten Mutterschaft offengelassen hat.  „Ich dachte erst, ich finde den Gesetzestext nicht, ich bin zu doof zum Googlen.“ Es sei für sie eine „politische“ Entscheidung gewesen, die Stiefkindadoption abzulehnen, sagt Gesa Teichert-Akkermann: „In diese Logik wollten wir uns gar nicht erst hineinbegeben.“

In ihrem Bekanntenkreis, im Dorf, bei der Arbeit – Teichert-Akkermann ist Referentin bei der Hirschfeld-Stiftung, ihre Frau Direktorin eines Gymnasiums – sei die Unterstützung groß: „Die können es alle kaum fassen, dass wir vor dem Gesetz nicht beide Mütter sein dürfen.“

Der Standesbeamte bedauerte, den Antrag abweisen zu müssen

Als das Standesamt den Antrag auf Mit-Mutterschaft ablehnte, schrieb der Standesbeamte dazu, er bedauere das persönlich – aber es gebe keine Rechtsgrundlage dafür. Erst vor wenigen Tagen wies auch das Amtsgericht ihre Klage zurück.

Jetzt beraten die Akkermanns, wie sie damit umgehen, ob sie dazu erneut Stellung nehmen oder ob den weiteren Weg durch die Instanzen nehmen. Und so beschäftigt sich Gesa Teichert-Akkermann in den letzten Tagen ihrer Schwangerschaft auch mit juristischem Schriftverkehr. Sie könnte sich sicher eine gewöhnlichere Geburtsvorbereitung vorstellen.

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