Elfenbeinküste: Schokolade ist unfair
Eine Gewerkschafterin aus der Elfenbeinküste will den Kakaobauern dabei helfen, mehr zu verdienen. Nur dann sieht sie eine Chance, die Kinderarbeit auf den Plantagen in Westafrika zu überwinden.
Wie viel die Kinder von „Plant for the Planet“ zum Gelingen des Pariser Klimagipfels beigetragen haben, lässt sich nicht genau messen. Aber die Kinderorganisation hat während des Gipfels jeden Morgen Schokolade verteilt. Insgesamt waren es nach eigenen Angaben 50 000 Tafeln – und die haben Verhandlern, Beobachtern und Journalisten über manchen Nachmittag geholfen. 2007 hat der damals neunjährige Münchener Schüler Felix Finkbeiner „Plant for the Planet“ gegründet. Nach eigener Zählung hat die Organisation seither mehr als 14 Milliarden Bäume gepflanzt. Ihre „gute Schokolade“, die sie seit einiger Zeit sogar in Supermärkten vermarktet, ist klimaneutral und ohne Kinderarbeit hergestellt.
Das ist die Ausnahme. Denn in der Elfenbeinküste, wo 60 Prozent der jährlich in Deutschland verarbeiteten Kakaobohnen herkommen, arbeiten rund 1,15 Millionen Kinder in den Kakaoplantagen. Und trotzdem gelingt es den Kleinbauernfamilien nicht, über ein Einkommen von mehr als 50 US-Cent pro Kopf am Tag hinauszukommen, hat das Entwicklungs- Netzwerk Inkota recherchiert.
Marie-Jeanne N’Zore Kombo weiß, wie es auf den Plantagen zugeht. Die Kämpferin gegen die Kinderarbeit konnte als kleines Mädchen oft selbst nicht zur Schule gehen, weil sie ihren Eltern bei der Ernte der Kakaofrüchte helfen musste, aus denen dann die Bohnen herausgetrennt werden. Sie selbst ist so oft sie konnte in die Schule gegangen. Und weil sie die Lage in den Anbaugebieten kennt, hat ihre Gewerkschaft sie beauftragt, dabei zu helfen, die Kinderarbeit zu überwinden. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erzählt sie, dass es vor allem die Armut der Kakaobauern ist, die es so schwer mache, die Kinderarbeit zu beenden. „Wer Kinderarbeit bekämpfen will, muss die Bauern aus der Armut holen“, sagt sie. Evelyn Bahn, die für Inkota die europäische Kampagne „Make Chocolate fair!“ koordiniert, sagt ebenfalls, „ dass die Bäuerinnen und Bauern einen fairen Preis für ihren Kakao erhalten müssen“.
Doch was ist ein fairer Preis? Das staatliche Kaffee- und Kakao-Amt zahlt den Kakaobauern in der Elfenbeinküste einen Mindestpreis, der seit 2013 mehrfach angehoben worden ist. Nach Angaben von Inkota liegt er derzeit bei 1,67 Dollar pro Kilogramm. Die rund 800 000 Kleinbauern, die in dem westafrikanischen Land Kakao anbauen, bewirtschaften im Schnitt rund 3,5 Hektar. Ihr Ernteertrag liegt bei etwa 0,5 Tonnen pro Hektar. Sie leiden darunter, dass seit 1980 die Weltmarktpreise dramatisch gefallen sind. Außerdem hat sich der Anteil, den die Kakaobauern vom Verkauf ihrer Ware bekommen, dramatisch verringert. 1980 kamen noch rund 16 Prozent des Schokoladenpreises bei ihnen an, heute sind es noch knapp sieben Prozent.
Dazu kommt die politische Lage in Cote d’Ivoire, wie sich das Land selbst nennt. Der Bürgerkrieg der frühen 2000er Jahre und vor fünf Jahren die Auseinandersetzungen nach der Wahl, als der damalige Präsident Laurent Gbagbo trotz Wahlniederlage seinen Posten nicht verließ, taten ein Übriges. In diesem Jahr ist der damalige Wahlsieger Alassane Ouattara mit großer Mehrheit wieder gewählt worden. Und die Regierung, sagt Marie-Jeanne N’Zore Kombo, habe „gute Gesetze gemacht“. Die Kinderarbeit ist über die Mithilfe im Familienbetrieb hinaus längst verboten. Aber sie hat in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen, berichtet die Gewerkschafterin.
Die politische Instabilität hat weiter dazu beigetragen, dass in die Kakaoindustrie nicht genug investiert worden ist. Die Plantagen wurden nicht erneuert. Außerdem beklagt die Gewerkschafterin, dass die Farmer alles in Handarbeit machen müssten, es gebe keine Maschinen und kein Geld für Dünger oder andere Agrarchemikalien.
Die Bauern können vom Kakao kaum leben
Weil die Bauern von ihrem Kakao kaum leben können, leisten sie sich in der Erntezeit auch die Löhne für Plantagenarbeiter nicht. Deshalb werden immer wieder Kinder aus den Nachbarländern Burkina Faso und Mali verschleppt – oder von ihren Eltern zur Arbeit im Nachbarland verkauft. Die Arbeit mit den Macheten ist gefährlich, und für Kinder auch sehr schwer. Oft bleibt ihre Bildung unterwegs auf der Strecke. Und weglaufen können sie nicht, „weil die Farmen im Wald liegen“. Da sei nichts darum herum, berichtet Marie-Jeanne N’Zore Kombo.
Anfang Dezember war sie dabei, als einige Entwicklungsorganisationen mehr als 120 000 Unterschriften aus ganz Europa für eine „faire Schokolade“ an den Europäischen Süßwarenverband übergeben haben. Der Verband versprach, dabei mitzuwirken, einen fairen Mindestlohn für die Kakaobauern zu ermitteln. Das ist für die Gewerkschafterin der erste Schritt zur Besserung. In Deutschland helfen dabei auch die Kinder von Schokofair, einem Projekt einer Montessori- Schule in Düsseldorf gegen Kinderarbeit, die es mit ihrem Anliegen immerhin schon in den Bundestag geschafft haben.
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