Schlechte Ernte, steigende Preise: Schokolade wird zur teuren Versuchung
Die Preise für Kakao, Haselnüsse und Mandeln sind gestiegen – das macht Schokolade teurer. Zudem gehen den ersten Supermärkten nach schlechter Ernte die gemahlenen Nüsse aus.
Einmal im Jahr ist das Naschen erlaubt. Dominosteine, Schoko-Nikoläuse und Nussecken gehören zur Adventszeit einfach dazu. Zehn Kilogramm Schokolade isst der Deutsche im Schnitt jedes Jahr – ein Großteil an den Feiertagen. Dazu kommen pro Kopf 7,1 Kilogramm Feingebäck und 5,7 Kilogramm anderer Süßkram wie Marzipan oder Bonbons. Doch das Naschen wird teurer. Die Preise für wichtige Zutaten sind zuletzt gestiegen. Das gilt vor allem für Kakao, Haselnüsse und Mandeln.
KAKAO
Weltweit wächst die Nachfrage nach Schokotafeln, Pralinen und Riegeln. Während sich die Naschsucht der Deutschen auf einem hohen Niveau eingependelt hat, haben andere Länder Nachholbedarf. „Wachstumsmärkte sind derzeit Indien, Australien und China“, sagt Torben Erbrath vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie. Allein in China haben sich die Ausgaben für Schokoartikel seit 2009 fast verdoppelt. Das Marktforschungsunternehmen Euromonitor prognostiziert, dass die Chinesen 2019 bereits Schokoartikel für 3,7 Milliarden Dollar kaufen werden.
Den deutschen Herstellern eröffnet das neue Märkte – es stellt sie aber auch vor eine Herausforderung. Denn die Nachfrage nach Kakaobohnen und der daraus gewonnenen Kakaomasse wächst schneller als das Angebot. Die ersten Schokoladenproduzenten warnen bereits vor einer Kakao-Lücke. 2020 könnte die Nachfrage das Angebot an Kakao um eine Million Tonnen übersteigen, heißt es bei den Schokoladenproduzenten Mars und Barry Callebaut.
Deshalb wird Schokolade teurer. In diesem Jahr sollen bereits mehrere Konzerne ihre Preise für einzelne Produkte wie Tafelschokolade erhöht haben: darunter Nestlé, Lindt & Sprüngli, Hershey und Mars. Andere Firmen könnten ihrem Beispiel bald folgen.
Das Problem: Die Kakao-Ernte lässt sich nicht schnell steigern. Denn Kakaopflanzen sind empfindlich. Sie wachsen nur in einem feuchten und warmen Klima entlang des Äquators – und sie wachsen sehr langsam. Fünf Jahre dauert es, bis nach dem Setzen der Pflanzen die ersten Kakaobohnen geerntet werden können. Hinzu kommt, dass Dürren und Schädlinge sehr oft zu Einbußen bei der Ernte führen.
Je knapper jedoch die Kakaobohnen werden, desto höher steigt ihr Preis. Kostete eine Tonne an der Warenterminbörse in London vor drei Jahren noch 1400 Pfund (1700 Euro), sind es heute bereits 1900 Pfund (2400 Euro). In diesem Jahr ist der Kakao zudem aufgrund der Ebola-Epidemie teurer geworden. Über die Hälfte der Kakaobohnen wird in Westafrika angebaut – vor allem an der Elfenbeinküste und in Ghana. Zwar sind diese Länder bislang von Ebola nicht betroffen – doch allein die Angst vor der Ausbreitung reicht aus, um den Preis für Kakao in die Höhe zu treiben. „Das ist ein rein psychologischer Effekt“, sagt Erbrath.
Zudem hängt der Kakaopreis nicht nur vom Angebot der Bauern und der Nachfrage der Süßwarenindustrie ab – sondern auch vom Verhalten der Spekulanten. Immer wieder verknappen Finanzinvestoren das Angebot für Kakao und treiben so die Preise in die Höhe. Gelungen ist das vor vier Jahren zum Beispiel dem britischen Hedgefondsmanager Anthony Ward, der auf steigende Kakaopreise gesetzt hat. Über Terminkontrakte hat der Geschäftsmann – Spitzname „Schokofinger“ – 241 000 Tonnen Kakao im Wert von einer Milliarde Dollar gekauft. Das entspricht etwa sieben Prozent der Welternte und würde reichen, um ein Jahr lang die Schokosucht der Deutschen zu stillen.
Für die Schokoladenfirmen sind die Spekulanten so etwas wie natürliche Feinde. Denn durch sie schwanken die Preise am Markt sehr stark, was den Firmen den Einkauf und die Kalkulation erschwert. Unternehmen wie Ritter Sport versuchen, sich deshalb weniger abhängig vom Weltmarkt zu machen. Der Hersteller aus Baden-Württemberg baut derzeit in Nicaragua eine eigene Kakaoplantage auf – die erste Ernte will er 2017 einfahren.
Warum Haselnüsse dieses Jahr besonders knapp sind
HASELNÜSSE
Neben dem Kakao sind zuletzt auch die Preise für Haselnüsse deutlich gestiegen. Die Strauchfrüchte sind in diesem Jahr besonders knapp. Der Grund: Mehr als 70 Prozent der Haselnüsse, die weltweit verkauft und weiterverarbeitet werden, kommen von der türkischen Schwarzmeerküste. Dort ist die Ernte in diesem Jahr eingebrochen. Ein später Frost im Frühjahr hat die ersten Blüten der Pflanzen erfrieren lassen. Doch je weniger Blüten ein Haselnussstrauch trägt, desto mickriger fällt die Ernte aus.
Entsprechend gering ist derzeit das Angebot. Kommen in einem guten Jahr etwa 800 000 Tonnen Haselnüsse auf den Markt, sind es 2014 gerade einmal halb so viel. Die Preise haben sich in der Folge mehr als verdoppelt. Kostete ein Kilogramm vor einem Jahr sechs Euro, liegt der Preis am Weltmarkt heute bei 12,50 Euro. Auswirkungen hat das sowohl für Schokoladenhersteller als auch für Verbraucher.
Wer in diesen Tagen Weihnachtsplätzchen backen will und dafür gemahlene Haselnusskerne braucht, kann Pech haben. In mehreren Supermärkten sind die Regale mittlerweile leer gekauft. „Seit Wochen werden aus den Erzeugerländern Haselnüsse kaum oder nicht in ausreichender Menge nach Deutschland geliefert“, sagt eine Sprecherin der Supermarktkette Kaufland. „Hiervon ist der gesamte deutsche Handel betroffen.“ So soll es derzeit nur noch in einzelnen Kaufland-Filialen ein paar Restbestände mit Päckchen gemahlener Haselnüsse geben. Wann neue Ware geliefert werden könne, sei nicht absehbar.
Auch Edeka berichtet von „Lieferengpässen bei Haselnüssen und Mandeln“. In den Real-Märkten im Süden und Osten Deutschlands sind nach Firmenangaben vor allem die gemahlenen Haselnüsse der preisgünstigeren Anbieter vergriffen. Und auch Aldi Nord teilt mit: „Bei Haselnüssen können die Lieferanten unsere Qualitätsansprüche in den von uns benötigten Mengen derzeit nicht mehr sicherstellen.“
Die Schokoladenhersteller haben sich dagegen zwar rechtzeitig mit Haselnüssen eingedeckt – mussten dafür aber deutlich mehr zahlen. Ein Problem ist das zum Beispiel für Ritter Sport. Mehrere tausend Tonnen Haselnüsse kauft das Unternehmen jedes Jahr direkt nach der Ernte im Herbst ein. „Wir verdienen an unseren Nusssorten mittlerweile nichts mehr“, sagt Sprecher Thomas Seeger. Dabei sind gerade die Tafeln mit Nuss bei den Kunden beliebt. Bei anderen Herstellern ist das ähnlich. Daher könnten die Preise für Nussschokolade schon bald steigen, heißt es in der Branche.
Auch der Großkonzern Ferrero spürt das knappe Angebot. Für Produkte wie Nutella, Ferrero Rocher oder Hanuta soll der Konzern jährlich etwa ein Viertel der weltweiten Haselnussernte brauchen. Auf Anfrage heißt es, Schwankungen bei der Ernte habe es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Der Konzern habe sich darauf eingestellt. Man versuche die „Auswirkungen auf die Endverbraucher so gering wie möglich“ zu halten. Genauer will sich der Konzern zu der Frage, ob die Preise steigen werden, nicht äußern. Allerdings versucht auch Ferrero, sich weniger abhängig von den Weltmarktpreisen zu machen. So hat der Konzern erst im Sommer die Oltan Group übernommen: Das Unternehmen ist Marktführer in der Türkei bei der Beschaffung, Verarbeitung und Vermarktung von Haselnüssen.
MANDELN
Anders als Großkonzerne wie Ferrero, für die Haselnüsse als Hauptzutaten für ihre Produkte unverzichtbar sind, können Hobbybäcker auf Mandeln umschwenken. Die sind in den meisten Supermärkten nämlich noch zu haben. Allerdings ist auch ihr Preis gestiegen. Kostete ein Kilogramm Mandeln als Rohstoff auf dem Weltmarkt 2013 noch fünf Euro, sind es mittlerweile bereits 7,60 Euro. Denn Mandeln sind beliebt – und zwar nicht nur als Substitut für die knappen Haselnüsse. Vor allem in den USA und China steigt der Konsum.
2013 sind weltweit 1,1 Millionen Tonnen Mandeln geerntet worden. Ein Großteil davon, etwa 80 Prozent, kommt aus Kalifornien, dem größten Anbaugebiet. Mehr als 40 Milliarden Dollar sollen die Amerikaner im Jahr mit den Mandeln einnehmen. Allerdings leiden die Anbaubetriebe seit drei Jahren immer wieder unter extremer Dürre. Dabei brauchen Mandelbäume viel Wasser – an einem heißen Tag sind es pro Baum gut 300 Liter. Bleibt der Regen aus, müssen die Bauern die Pflanzen künstlich bewässern. Doch das geht ins Geld und lässt den Preis für Mandeln weiter steigen. Weil Mandeln wiederum aber zum Beispiel für den deutschen Christstollen unverzichtbar sind, könnte auch der bald teurer werden.
Carla Neuhaus
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