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Der Kölner Comedian Marius Jung versucht dem Rassismus mit Witzen beizukommen.
© Carlsen-Verlag

Marius Jung und die politische Korrektheit: Krampf, Komik und das N-Wort

Der Kölner Comedian Marius Jung rechnet mit der politischen Korrektheit ab. Mit genau der kämpft die Nürnbergerin Anne Chebu um mehr Respekt.

Marius Jung hat 185 Seiten gebraucht, um in seinem neuen Buch mit der politischen Korrektheit abzurechnen. Dabei ließe sich seine Kernthese so zusammenfassen: Politisch korrekt ist humorlos, zerstört die Sprache und ist „Moral für Dumme“, so lautet der Titel seines zweiten Buches. Die politisch Korrekten seien „Menschen, die mich zum Opfer machen wollen“, sagt er und schüttelt den Kopf.

Bei einem Treffen in einem Berliner Cafe an der Spree gibt sich Marius Jung viel Mühe zu erklären, warum er als Linker mit der politischen Korrektheit abrechnen will. Auch im Vorwort seines gemeinsam mit Oliver Domzalski verfassten Buches schreibt Jung: „Unser Buch macht sich nicht lustig über die Anliegen der Politisch Korrekten, sondern über ihre Methoden.“

Der Kölner Comedian ist mit seinem ersten Buch „Singen können sie alle. Handbuch für Negerfreunde“ einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Zunächst habe sich das Buch überhaupt nicht verkauft, bekennt er in seinem neuen Buch. Denn die Buchhändler hätten das Buch mit dem „N-Wort“ im Titel nicht auslegen wollen. Vielleicht hat sie auch gestört, dass Jung sich nackt mit einer riesigen roten Schleife vor dem Gemächt hatte fotografieren und auf den Titel drucken lassen. Wie auch immer, der Verlag wurde das Buch zunächst nicht los. Doch dann tat ihm das „Referat für Gleichstellung & Lebensweisenpolitik des Student_innenRats der Universität Leipzig“ den Gefallen, Jung einen Negativpreis für seinen rassistischen Buchtitel zu verleihen. Plötzlich war das Buch Thema in Zeitungen und Talkshows, und ist mittlerweile ein Bestseller geworden.

Die Fernsehjournalistin Anne Chebu aus Nürnberg weiß politische Korrektheit zu schätzen - jedenfalls in Maßen.
Die Fernsehjournalistin Anne Chebu aus Nürnberg weiß politische Korrektheit zu schätzen - jedenfalls in Maßen.
© Noel Richter

Daraus müsste sich doch mehr machen lassen, haben sich Jung und sein Ko-Autor gedacht – und scheitern daran. Jung arbeitet sich ausgiebig an politisch korrekten Begriffen ab, die außer ihm kaum jemand verwendet, der „Maximalpigmentierte“ zum Beispiel, ein Wort, das angeblich statt Schwarzer verwendet werde. Jung und Domzalski versuchen es auch mit Überspitzung. Dabei kommt so etwas heraus: „Hier spricht der Flugkapitän/die Flugkapitänin.

Der zuständige Sachbearbeiter/die zuständige Sachbearbeiterin im Flughafenkontrollzentrum hat uns mitgeteilt, dass eine Notlandung unmittelbar bevorsteht.“ Jung regt sich über die Kinderbuchdebatte auf und ist genervt von den „Sprachblockwarten“, die er seit der Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes in den Amtsstuben am Werk sieht. Dennoch will er nichts mit denen zu tun haben, die wie Thilo Sarrazin „ein in politisch korrekter Sprache klar rassistisches Buch“ geschrieben haben und fordern: „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.“

Marius Jung rechnet mit der politischen Korrektheit ab.
Marius Jung rechnet mit der politischen Korrektheit ab.
© Carlsen Verlag

Im direkten Gespräch ist Jung deutlich reflektierter. Er sagt: „Ein Wort ist nicht böse.“ Es gehe um die Haltung, mit der es gesagt werde. Deshalb macht er in seinem Bühnenprogramm weiter Witze mit rassistischen Stereotypen. Ihm gehe es darum, dass über die Themen geredet werde. Darüber, wo der Rassismus herkommt, zum Beispiel. „Ich bin mir sicher, dass es ihn immer geben wird“, sagt Jung. „Diese Angst muss irgendwo hin.“ Damit meint er die Angst der Weißen vor dem „Fremden“, aber auch die Angst, im Umgang mit Schwarzen etwas falsch zu machen.

Anleitung zum Schwarz sein

Das ist auch das Thema von Anne Chebu. Die Fernsehjournalistin und Moderatorin aus Nürnberg hat Ende 2014 eine „Anleitung zum Schwarzsein“ vorgelegt. Sie beschreibt in einem Ratgeber für junge schwarze Deutsche, wie sie sich über ihre Hautfarbe bewusst geworden ist. Mit Blick auf Marius Jung schreibt sie: „Im Übrigen finde ich auch die schwarzen Comedians, die immer wieder im deutschen Fernsehen rassistische Klischees durch ihre Witze bestätigen, unglaublich peinlich und ärgerlich.“

Aus ihrer Sicht ist Jungs Strategie, durch Ironie auf Rassismus aufmerksam machen zu wollen, nicht erfolgversprechend. Wenn Schwarze einen „Freifahrtschein für das N-Wort“ erteilten, sagte sie in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, trage das nur dazu bei, dass Menschen, die sich davon verletzt fühlten, mit noch mehr „Unverständnis“ konfrontiert würden, wenn sie sich wehrten. „Für mich passen Rassismus und Ironie nicht zusammen“, schreibt Chebu.

Anne Chebu hat eine "Anleitung zum Schwarz Sein" geschrieben.
Anne Chebu hat eine "Anleitung zum Schwarz Sein" geschrieben.
© Unrast-Verlag

Chebu kämpft auch in der Initiative „Schwarze Menschen in Deutschland“ für mehr Respekt. Sie findet es „übertrieben und etwas albern“, mit allen Mitteln zu versuchen, „die Hautfarbe nicht zu nennen“, wenn es einen Grund dafür gibt. Gegen Gelächter hat Chebu ebenfalls nichts einzuwenden. Ausführlich lobt sie in ihrem Buch das Projekt „Edutainment Attacke“, das die Lächerlichkeit von Rassismus auf die Bühne brachte.

Übrigens ist Jung, dem es nach eigener Aussage auch um mehr Respekt für Schwarze geht, nicht überzeugt davon, dass die politisch unkorrekte Haltung immer richtig ist. Im Streit um das Firmenlogo des Mainzer Dachdeckerunternehmens Neger, das einen stilisierten Schwarzen mit Baströckchen zeigt, ist Jung überzeugt, dass das „rassistisch ist“. Er könne nicht verstehen, warum Thomas Neger das Logo nicht einfach ändere – und die kostenlose positive PR einfach mitnehme.

Dagmar Dehmer

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