Mainz wie es ringt und lacht: Ist das Firmenlogo von Thomas Neger rassistisch?
Der Unternehmer und Fastnachter Thomas Neger besteht auf seinem Firmenlogo. Das hat sein Großvater Ernst Neger, der "singende Dachdeckermeister", einst erdacht. Doch es sei rassistisch, kritisiert eine Initiative.
Er hängt in Mainz an beinahe jedem Baugerüst – der Neger. Ein dicklippiger schwarzer Bursche mit großen Ohrringen und Baströckchen. Kahlköpfig und hammerschwingend. Es ist das Logo der Baufirma Neger. Und das stilisierte Baströckchen ist eigentlich gar keins. Sagt Firmenchef Thomas Neger: Es soll ein Dach darstellen. So erklärt er gerne die Idee seines Großvaters Ernst Neger, der hat dieses Logo vor mehr als siebzig Jahren im Unternehmen eingeführt. Ernst Neger war Dachdecker. Und als singender Dachdeckermeister wurde er sogar über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Bis heute unvergessen sind seine Lieder „Humba Humba Täterä“ oder das Nachkriegslied „Heile, heile Gänsje“, das alle echten Mainzer bis heute zu Tränen rührt und das dort sogar bei Tauffeiern gesungen wird.
Auch Enkel Thomas ist ein stadtbekannter Mann. Er sitzt für die CDU im Mainzer Stadtrat, er ist ein aktiver Fastnachter. Wie einst der Opa steht auch er jedes Jahr zu Fastnacht auf allen Bühnen der Stadt, und – ganz der Opa – landete auch er vor fünf Jahren mit dem Lied „Wir alle leben im Schatten des Doms“ einen Hit in Mainz.
Umstritten aber ist sein Firmenlogo. Es sei rassistisch und verletze die Gefühle von schwarzen Menschen. Doch der Karnevalist geht auf solche Vorwürfe gar nicht groß ein und behauptet, das Logo gehöre zur Familie Neger. Zuletzt hat der Fachschaftsrat Ethnologie der Universität Mainz in einem Brief an Thomas Neger versucht, das Problem zu erklären: Das liege darin, dass der Nachname des Unternehmensgründers in Verbindung mit dem kolonialistisch geprägten Image afrikanischer Menschen auftauche. Es gehöre eine gewisse Ignoranz, eine „Weg-Seh-Kultur“ dazu, diese bewusst angestrebte Assoziation so vehement abzustreiten.
Die Mainzer Ethnologen sind nicht die Einzigen, die das so sehen. Auch andere Bürger appellierten an die Firma, die diskriminierende Darstellung endlich von Briefpapier, Firmenwagen und Bannern zu entfernen. Neger solle sich ein Beispiel an der Firma Sarotti nehmen, heißt es da. Die habe vor ein paar Jahren ihren „schwarzen Mohren“ doch auch ersetzt. In diesem Jahr, mitten in der Fastnachtszeit, droht der Streit zu eskalieren. Überall in der Stadt sind an Laternen Aufkleber aufgetaucht: „Rassismus einen Namen geben“. Daneben das umstrittene Logo und ein Foto von Thomas Neger. Dem geht das zu weit. Das sei keine konstruktive Kritik mehr, wird der Unternehmer in der Lokalpresse zitiert. Er hat Strafanzeige gegen unbekannt gestellt wegen Beleidigung, übler Nachrede und Urheberrechtsverletzung. Und er gibt keine Stellungnahmen mehr ab: „Herr Neger will sich in dieser Angelegenheit vor Fastnacht nicht mehr äußern“, lässt sein Unternehmen wissen.
Die Leser in der Mainzer Presse haben dagegen ein großes Mitteilungsbedürfnis. Sie erregen sich über die „selbsternannten Weltverbesserer“, die „immer wieder pünktlich zur Fassenacht die übliche Sau durchs Dorf treiben“. Von einer „Hexenjagd auf anständige Bürger“ ist da die Rede. Aber es gibt auch andere Töne: „Ich würde mir wünschen, dass man Minderheiten und ihre Gefühle in ihrem Ansinnen zumindest ernst nimmt und respektiert, sich vielleicht mal ernsthaft der Debatte stellt“, schreibt eine Leserin. Schließlich zeichne gerade der Minderheitenschutz eine Demokratie aus.
Denn viele Kritiker und Betroffene können nicht verstehen, dass Neger so stur an seinem Logo festhält. Auch Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarzer Deutscher, kann über den Fall nur noch den Kopf schütteln: Immer wieder hätten sich in den vergangenen Jahren schwarze Deutsche schriftlich an Thomas Neger gewandt. Immer wieder habe man versucht Herrn Neger zu erklären, dass die Darstellung verletzend sei und von rassistischem Gedankengut, das auf die Kolonialzeit zurückgeht, zeuge. „Dass Thomas Neger das nicht verletzend findet, ist egal – entscheidend ist, dass Schwarze das so wahrnehmen und das Gefühl bekommen, in unserer Gesellschaft immer noch nicht als gleichwertige Mitglieder wahrgenommen zu werden.“
Das politische Mainz gibt dazu weiter keinen Kommentar ab: „Firmensache“, heißt es im Stadtrat. Im närrischen Mainz ermittelt jetzt erst einmal die Polizei – was sie genau macht, will sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten.
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