Extreme Stürme, extreme Hitze: Klimawandel verursacht immer mehr Naturkatastrophen
308 Naturkatastrophen gab es 2019, 77 Prozent davon klimabedingt. Das Rote Kreuz warnt im Weltkatastrophenbericht vor den fatalen Folgen der Erderwärmung.
Schwere Überschwemmungen, Erdrutsche und mindestens 67 Tote: Nachdem der Taifun „Vamco“ die Philippinen verwüstet hat, nimmt er jetzt Kurs auf Vietnam. Dort hat die Regierung angeordnet, dass knapp 500 000 Menschen sich in Sicherheit bringen sollen.
Zeitgleich bereiten sich die Bewohner Mittelamerikas auf den als „extrem gefährlich“ eingestuften Hurrikan „Iota“ vor – nicht einmal zwei Wochen nachdem „Eta“ auf die Küste Nicaraguas getroffen war und 150 Menschen das Leben kostete.
Meteorologen mussten auf das griechische Alphabet zurückgreifen, um die Stürme zu benennen – in der diesjährigen Hurrikansaison im Atlantik haben sich so viele starke Stürme gebildet, dass die 21 dafür vorgesehenen Namen längst aufgebraucht sind.
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Während die Corona-Pandemie derzeit medial die größte Aufmerksamkeit erregt, wüten wetter- und klimabedingte Naturkatastrophen immer stärker. Das geht aus dem Weltkatastrophenbericht 2020 hervor, den die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) an diesem Dienstag in Genf veröffentlicht.
Anstieg der Extremwetterereignisse um 35 Prozent
„Der Klimawandel ist langfristig eine größere Herausforderung als die Coronavirus-Pandemie“, sagt Christian Reuter, Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), dem Tagesspiegel. „Aufgrund der globalen Erwärmung treten Wetterextreme wie Überschwemmungen, Stürme und Hitzewellen immer häufiger auf, ihr Ausmaß wird immer fataler.“ Die Weltgemeinschaft müsse dringend Maßnahmen umsetzen, um die Erderwärmung zu stoppen.
Dem Bericht zufolge standen in den vergangenen zehn Jahren 83 Prozent der Naturkatastrophen in Zusammenhang mit dem Wetter oder dem Klima. Seit den 60er Jahren steigt die Zahl der Extremwetterereignisse, in den vergangenen 30 Jahren ist sie um fast 35 Prozent angestiegen. Auch der prozentuale Anteil der klima- und wetterbedingten Katastrophen hat zugenommen, von 76 Prozent aller Naturkatastrophen in den 2000ern auf 83 Prozent in den 2010er Jahren.
2019 gab es weltweit 308 Naturkatastrophen, davon 77 Prozent bedingt durch das Klima oder das Wetter. 97,6 Millionen Menschen waren betroffen, 24.396 Menschen kamen ums Leben.
Besonders viele Tote haben dabei die Hitzewellen in Westeuropa gefordert: 3453 Menschen starben im Sommer 2019. Der Hurrikan „Dorian“ kostete im September 379 Menschen in den USA und auf den Bahamas das Leben. Buschfeuer zerstörten in Australien 19,4 Millionen Hektar Land.
Überdurchschnittlich oft treten Extremwetterereignisse in Ländern mit niedrigem Durchschnittseinkommen auf. Dürren in Afghanistan und in Ost- sowie Südafrika betrafen insgesamt mehr als 19 Millionen Menschen, der Zyklon „Fani“ in Indien tötete 50 Menschen und hatte vielfältige Auswirkungen auf 20 Millionen. In Paraguay kam es zu verheerenden Überschwemmungen, auf den Philippinen und an der südafrikanischen Küste wüteten Stürme.
Am meisten Tote gab es durch Hitzewellen und Stürme
In den vergangenen zehn Jahren haben klimabedingte Naturkatastrophen mehr als 410 000 Tote gefordert, die überwiegende Mehrheit davon in armen Ländern. Am meisten Tote gab es durch Hitzewellen und Stürme. 1,7 Milliarden Menschen waren in den vergangenen zehn Jahren von klima- und wetterbedingten Naturkatastrophen betroffen.
„Um Gemeinden besser vor der zunehmenden Bedrohung durch Wetterextreme zu schützen, müssen lokale Strukturen gestärkt und nachhaltige Investitionen in die Katastrophenvorsorge getätigt werden“, sagt Reuter vom Deutschen Roten Kreuz. Das gelte für Regierungen, Geldgeber und humanitäre Akteure.
Das DRK habe gemeinsam mit der IFRC das Konzept der „vorausschauenden humanitären Hilfe“ entwickelt. Ziel ist es, anhand von Wetterdaten drohende Extremwetterereignisse besser vorherzusagen, um bereits vor dem Auftreten der Katastrophe aktiv zu werden und finanzielle Hilfsmittel freizugeben. Die Auswirkungen sollen so minimiert werden. Das DRK arbeite daran, die vorausschauende Hilfe auch im Gesundheitsbereich zu etablieren, um künftig besser auf Pandemien vorbereitet zu sein.