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Die Polizei sichert den Tatort in Poway
© REUTERS/John Gastaldo
Update

19-Jähriger festgenommen: Frau stirbt bei Angriff auf Synagoge in Poway

Die jüdische Gemeinde in Poway feierte den Abschluss des Pessachfestes, als ein Mann ihre Synagoge stürmte. US-Präsident Trump verurteilt das „Hassverbrechen“.

Bei einem Angriff auf eine Synagoge im US-Bundesstaat Kalifornien sind am Samstag ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden. Unter den Verletzten sei auch der Rabbiner der Gemeinde, teilten die Behörden mit. Er, ein weiterer Mann sowie eine Jugendliche schwebten alle nicht in Lebensgefahr. Das israelische Außenministerium teilte am Sonntag mit, unter den Verletzten seien zwei Israelis, ein achtjähriges Mädchen und ihr 31-jähriger Onkel. Sie seien vor einigen Jahren aus der israelischen Grenzstadt Sderot nach San Diego gezogen.

Der mit einem Gewehr bewaffnete Angreifer war am letzten Tag des jüdischen Pessachfestes in die Synagoge der orthodoxen Chabad-Bewegung in Poway nördlich von San Diego eingedrungen. Poways Bürgermeister Steve Vaus sprach von einem „Hassverbrechen“.

Der mutmaßliche Schütze wurde festgenommen. San Diegos Polizeichef David Nisleit sagte, es handele sich um einen weißen 19-Jährigen aus San Diego. Er sei zunächst vom Tatort geflohen, habe dann aber selbst die Polizei angerufen und sich anschließend widerstandslos festnehmen lassen. Bürgermeister Vaus sagte dem Sender CNN, er gehe davon aus, dass der Angreifer gezielt eine Synagoge ins Visier genommen habe. „Ich habe gehört, dass es definitiv jemand mit Hass in seinem Herzen war, Hass auf unsere jüdische Gemeinschaft.“ Vaus dankte „denen in der Gemeinde, die sich dem Schützen entgegenstellten und verhinderten, dass dies ein noch schlimmerer Vorfall wurde“.

Um 11 Uhr am Sabbat hatte in dem jüdischen Zentrum eine Feier zum Abschluss des einwöchigen Pessachfestes begonnen, das an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei erinnert. Die einwöchigen Feierlichkeiten hätten am Samstagabend mit einem Essen beendet werden sollen. Kurz nach Beginn der Feier ging ein Notruf bei der Polizei ein: Ein Mann habe mit einem automatischen Gewehr die Synagoge betreten und um sich geschossen. Er habe das Feuer mit einem Sturmgewehr eröffnet, das offenbar nicht richtig funktionierte, wodurch noch Schlimmeres verhindert worden sei, sagte Sheriff Gore.

Polizei prüft im Internet veröffentlichte Kampfschrift

Ein Grenzpolizist, der gerade nicht im Dienst war und sich in der Synagoge aufhielt, versuchte den Täter zu stoppen und eröffnete seinerseits das Feuer. Er traf jedoch nur den Wagen, mit dem der 19-Jährige die Flucht ergriff. Bald darauf gelang es allerdings einem der anrückenden Polizeibeamten, ihn zu stellen. Er ließ sich widerstandslos festnehmen. Die genauen Hintergründe der Attacke waren zunächst noch unklar.

Gedenkveranstaltung in einer presbyterianischen Kirche in Poway
Gedenkveranstaltung in einer presbyterianischen Kirche in Poway
© REUTERS/John Gastaldo

Sheriff Gore sagte, man prüfe, ob eine im Internet veröffentlichte Kampfschrift, die dem Festgenommenen zugeschrieben wurde, authentisch sei. Darin schreibt der Autor, dass Juden „nichts als die Hölle“ verdienten. „Ich werde sie dorthin schicken.“ Der Verfasser bezieht sich darin auch auf den mutmaßlichen Attentäter von Christchurch. Der Rechtsextremist soll für den Anschlag auf zwei Moscheen mit 50 Todesopfern in Neuseeland verantwortlich sein.

Der Autor bekennt sich in dem nicht verifizierten Schreiben auch zu einem bislang nicht aufgeklärten Brandanschlag auf eine Moschee im kalifornischen Escondido kurz nach dem Anschlag in Christchurch. Sheriff Gore sagte, es werde geprüft, ob es eine Verbindung zu dieser Tat gebe.

Trump verurteilt „das Übel des Antisemitismus und des Hasses“

US-Präsident Donald Trump verurteilte jeglichen Antisemitismus auf das Schärfste. „Unsere gesamte Nation trauert um den Verlust von Leben, betet für die Verletzten und ist solidarisch mit der jüdischen Gemeinschaft“, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in Green Bay im Bundesstaat Wisconsin. „Mit Nachdruck verurteilen wir das Übel des Antisemitismus und des Hasses, das besiegt werden muss.“

Auch der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, verurteilte die Tat. „Wir können die Umstände dieser entsetzlichen Tat nicht ignorieren“, fügte er hinzu. „Niemand sollte Angst haben, sein Gotteshaus zu besuchen, und niemand sollte wegen seines Glaubens angegriffen werden.“ Der demokratische Abgeordnete für Kalifornien, Mike Levin, erklärte, der Hass und die Gewalt müssten aufhören.

Der israelische UN-Botschafter Danny Danon, erklärte, es sei Zeit zu handeln und den Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles erklärte, die Tat erinnere „auf schreckliche Weise daran, dass die Flammen des Hasses bei einigen noch immer wüten". Attacken auf Gotteshäuser - „von Kirchen in Sri Lanka und Frankreich über Synagogen in Jerusalem oder Pittsburgh bis zu Moscheen in Christchurch“ - seien „ein Angriff auf die menschliche Würde“.

Bundesaußenminister Heiko Mass äußerte sich erschüttert. „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Getöteten und bei den Verletzten“, erklärte der Minister. Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, stellte die Attacke in eine Reihe mit den „jüngsten abscheulichen Angriffen gegen Betende und Gotteshäuser in Reims, Pittsburgh, Neuseeland und Sri Lanka“. Gotteshäuser müssten von ihren Regierungen angemessen geschützt und Schusswaffen eingeschränkt werden. Goldschmidt kritisierte zudem die Internetkonzerne. Sie sollten dafür verantwortlich gemacht werden, eine Plattform für Rassismus, Antisemitismus und Hass zu bieten. „Die 5700 Mitarbeiter von Facebook, die das Hassmaterial ihrer zwei Milliarden Nutzer überwachen, sind ein trauriger Witz“, erklärte er.

Hassverbrechen in den USA haben zuletzt zugenommen. Die auf Bekämpfung des Antisemitismus spezialisierte Anti Defamation League (ADL) meldete im vergangenen Jahr einen Anstieg antisemitischer Vorfälle um 57 Prozent im Jahr 2017. Die Behörden in Los Angeles kündigten nach der Tat in Poway an, die Sicherheit vor Synagogen und anderen Gotteshäusern zu verstärken.

Genau sechs Monate nach dem Verbrechen von Pittsburgh

Die Attacke ereignete sich exakt ein halbes Jahr nach dem bislang schlimmsten antisemitischen Verbrechen in der Geschichte der USA. Am 27. Oktober hatte ein 46-Jähriger in einer Synagoge in Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania während eines Gottesdienstes um sich geschossen und elf Menschen getötet. Bei dem Schützen handelte es sich um einen 46-jährigen Rassisten, der in sozialen Netzwerken gegen Juden, Muslime und Einwanderer gehetzt hatte. Er gab an, Donald Trump nicht gewählt zu haben, und warf ihm vor, nicht genug für Weiße zu tun. Der US-Präsident geriet nach der Attacke in die Kritik, weil er vor den Midterm-Wahlen im November seine Rhetorik erneut verschärft hatte.

Dem Täter von Pittsburgh wird derzeit der Prozess gemacht. Ihm könnte nach Angaben des US-Justizministeriums die Todesstrafe drohen. Der Angriff hatte weit über die Grenzen der USA hinaus für Entsetzen gesorgt. (mit mes, dpa, AFP)

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