Synagogen-Anschlag und Briefbomben: Schwere Vorwürfe gegen Trump nach Eskalation politischer Gewalt
Der US-Präsident will an diesem Dienstag die von Anschlag heimgesuchte jüdische Gemeinde in Pittsburgh besuchen. Doch das passt nicht allen.
Nach dem tödlichen Synagogen-Anschlag sowie den Briefbomben in den USA sieht sich Präsident Donald Trump mit zunehmenden Vorwürfen konfrontiert, durch seine aggressive Rhetorik gegen Kritiker und gesellschaftliche Minderheiten den Boden für derartige Gewalttaten bereitet zu haben. Jüdische Vertreter aus dem von dem Anschlag heimgesuchten Pittsburgh beschuldigten Trump, die "wachsende weiße nationalistische Bewegung ermutigt" zu haben. Der Präsident will die Stadt dennoch am Dienstag besuchen.
Zusammen mit First Lady Melania Trump wolle der Präsident dort seine "Unterstützung für die jüdische Gemeinde" zum Ausdruck bringen, sagte am Montag die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Trump hatte den Besuch bereits am Samstag kurz nach dem Schusswaffenangriff auf die Lebensbaum-Synagoge mit elf Toten und sechs Verletzten angekündigt, aber noch keinen Termin genannt.
"Präsident Trump, Sie sind in Pittsburgh nicht willkommen, bis sie den weißen Nationalismus nicht umfassend verurteilen", hieß es jedoch am Sonntag in einen offenen Brief von jüdischen Vertretern der Stadt. Sie bezeichneten den Angriff auf die Lebensbaum-Synagoge als "direkte Zuspitzung" von Trumps "Einfluss". Der dortige Rabbi Jeffrey Myers sagte hingegen dem Sender CNN, Trump sei in seiner Gemeinde "mit Sicherheit willkommen".
Der Präsident hatte am Samstag zu dem Anschlag gesagt: "Diese bösartige antisemitische Attacke ist ein Angriff auf uns alle." Er verurteilte den Antisemitismus und auch andere Formen des Hasses auf Religionen und Minderheiten.
Allerdings setzte Trump bereits kurz danach seine Wahlkampfauftritte und heftigen Verbalattacken gegen Kritiker politische fort. Die im Zusammenhang mit der jüngsten Gewalteskalation gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er zurück. Stattdessen bezichtigte er die sogenannten Mainstream-Medien, für das extrem aufgeheizte politische Klima verantwortlich zu sein. Er bezeichnete sie am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter auch erneut als "Volksfeinde".
Streit um Ursachen
Durch die politischen Gewalttaten ist der Streit um die Ursachen des vergifteten Klimas sowie die Verantwortung des Präsidenten kurz vor den Kongresswahlen am Dienstag kommender Woche zu einem zentralen Thema der Debatte geworden. Die "New York Times" befand in einem Leitartikel: "Als Kandidat und als Präsident hat Herr Trump es versäumt, die fanatische Intoleranz konsequent und unmissverständlich zu verurteilen."
Der Anschlag in Pittsburgh ist der wohl tödlichste antisemitische Angriff der US-Geschichte. Der mit einem Sturmgewehr und mindestens drei Pistolen bewaffnete Täter brüllte während des Angriffs judenfeindliche Parolen und soll vor der Tat auch antisemitische Botschaften im Internet verbreitet haben.
Am Montag erschien der mutmaßliche Täter Robert Bowers vor Gericht. Der 46-jährige saß dabei im Rollstuhl. Er war bei seiner Festnahme verletzt worden. Bowers war blass im Gesicht und sagte wenig. Auf die Fragen des Richters, die sich auf seine Identität und formale Prozeduren bezogen, antwortete er nur: "Ja, Sir."
Am Vortag hatten tausende Menschen im ganzen Land mit Trauerfeiern und Mahnwachen der Opfer des Synagogen-Anschlags gedacht. In den Tagen vor dem Blutbad hatte bereits das Auftauchen von Rohrbomben für Entsetzen gesorgt, die an prominente Trump-Kritiker gerichtet waren. Zu den Adressaten gehörten Ex-Präsident Barack Obama, die frühere Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und der jüdische Milliardär George Soros sowie CNN.
Ein weiterer verdächtiger Brief an den Fernsehsender wurde am Montag in einer Poststelle in Atlanta abgefangen. Sollte sich bestätigen, dass auch diese Sendung - wie zwei frühere an CNN - eine Rohrbombe enthält, würde die Zahl der entdeckten Sprengsätze auf rund 15 steigen. Der mutmaßliche Briefbomber war am Freitag im Bundesstaat Florida gefasst worden. Bei dem 56-jährigen handelt es sich offensichtlich um einen fanatischen Trump-Anhänger. (AFP)