Todesgefahr durch Klimawandel: 606.000 Tote seit 1995 durch Wetterextreme
Wetterextreme haben in den vergangenen 20 Jahren vor allem in Asien Hunderttausende Menschen das Leben gekostet. Die UN sprechen von 250 Milliarden Dollar Schäden pro Jahr.
6457 Wetterkatastrophen haben in den vergangenen 20 Jahren 606.000 Menschen getötet, 4,1 Milliarden sind dabei verletzt worden oder mussten wegen Überflutungen, Erdrutschen, Waldbränden oder Stürmen ihre Heimat verlassen. Diese Zahlen hat das UN-Büro zur Katastrophenvorsorge (UNISDR) am Montag veröffentlicht. Genauso lang wird bei Weltklimagipfeln darüber gestritten, wie die globale Erwärmung unter einer Schwelle gehalten werden kann, die einen „gefährlichen Klimawandel“ auslöst, wie es in der Klimarahmenkonvention heißt. Kommende Woche beginnt in Paris der 21.UN-Klimagipfel, der zu einem neuen Abkommen führen soll.
In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Wetterkatastrophen deutlich gestiegen. 90 Prozent der schweren Naturkatastrophen hatten einen Klimabezug. Am schwersten getroffen wurden die USA mit 472 Wetterkatastrophen, China mit 441, Indien mit 228, die Philippinen mit 274 und Indonesien mit 163. Fast die Hälfte (47 Prozent) der Wetterkatastrophen waren Überflutungen, und zwar vor allem in Asien. 2010 stand Pakistan wochenlang bis zu einem Fünftel unter Wasser. Hunderttausende Menschen mussten flüchten und waren monatelang auf Lebensmittelhilfe angewiesen. In diesem Frühjahr verwüstete ein tropischer Wirbelsturm die Inselgruppe des pazifischen Kleinstaates Vanuatu. Dazu kommt, dass dieses Jahr ein El-Niño-Jahr ist. Dieses periodisch auftretende Klimaphänomen löst auf dem halten Globus Wetterchaos aus. Im Süden Afrikas und in Äthiopien spielen sich dramatische Dürren ab. Und selbst Kalifornien, das seit vier Jahren von extremer Trockenheit geplagt ist, kann sich über die Starkregenfälle wegen El Niño nicht richtig freuen. Denn die trockenen Böden können das Wasser nicht aufnehmen.
Es fehlen oft präzise Daten
Wie hoch die wirtschaftlichen Kosten dieser Ereignisse waren, lässt sich schwer abschätzen. Die Daten, die der Rückversicherungskonzerns Munich Re in seiner Nat-Cat-Datenbank sammelt, beruhen oft auf Schätzungen, weil vor allem in armen Ländern nur ein Bruchteil der Häuser oder anderer Werte versichert sind. Auch in der Em-Dat-Datenbank des belgischen Cred-Instituts, dessen Daten das UN-Büro ausgewertet hat, fehlen oft präzise Angaben über die wirtschaftlichen Schäden der Katastrophen.
Das ist im Zusammenhang mit den Debatten um die Finanzierung des Klimaschutzes, aber auch der Anpassung an den Klimawandel aber eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Darauf weist UNISDR-Chefin Margaretha Wahlström hin, die die Studie am Montag in Genf vorstellte. Die dokumentierte Zahl von knapp 1,9 Billionen Dollar Verlusten durch Wetterkatastrophen in den vergangenen 20 Jahren sei zu niedrig geschätzt, weil für 35 Prozent der ausgewerteten Katastrophen Angaben zu den wirtschaftlichen Schäden fehlten. Das UNISDR hält jährliche Schäden von 250 bis 300 Milliarden Dollar für realistisch.
Bei den menschlichen Verlusten gibt es eine ungleiche Verteilung auf der Welt. In armen Regionen sterben bei Naturkatastrophen wie Überflutungen mehr Menschen als in Industriestaaten. Bei Hitzewellen dagegen sterben in den entwickelten Staaten mehr Menschen. Die tödlichsten Naturkatastrophen sind nach Einschätzung des UNISDR jedoch Stürme. Das liegt vor allem daran, dass der verheerende Zyklon Nargis in dieser Statistik enthalten enthalten ist, der 2008 Birma traf. Mehr als 84 000 Menschen starben, 53 000 sind bis heute vermisst.