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Im Auge des Zyklons. Der Wirbelsturm „Pam“ gehört als Sturm der Kategorie fünf zu den stärksten je gemessenen. In der Spitze erreichte er Geschwindigkeiten von 350 Stundenkilometern. Der bisher stärkste Taifun „Haiyan“, der 2013 die Philippinen traf, hatte 370 Stundenkilometer erreicht.
© Goddard Modis Rapid Response Team Nasa/dpa

Zyklon "Pam" im Pazifischen Ozean: Ein Monstersturm

Der Zyklon „Pam“ verwüstet den pazifischen Inselstaat Vanuatu. Umliegende Atolle sind ebenfalls bedroht. Tuvalu musste die für Dienstag geplanten Wahlen verschieben.

Als der Zyklon „Pam“ die Hauptstadt des pazifischen Inselstaats Vanuatu trifft, sitzt Alice Clements mit dem Rücken gegen die Badezimmertür gepresst auf dem Boden. Der Strom ist ausgefallen. Eine Taschenlampe beleuchtet das Gesicht der Neuseeländerin, die für das Kinderhilfswerk Unicef noch vor dem Orkan auf die Insel gereist ist, um in Port Vila bei den Vorbereitungen auf den „Monstersturm“ zu helfen. Das Hotel, in dem Clements das Unwetter übersteht, ist eine dreistöckige Betonkonstruktion. „Die Balkontüren sind weggefegt worden“, berichtet sie im Handy-Video, das Unicef Neuseeland auf seine Internetseite gestellt hat. Sie hört den Wind im Zimmer heulen und befürchtet, dass das Dach wegfliegen könnte.

Es flogen viele Dächer umher. In der Hauptstadt mit knapp 50 000 Einwohnern sind am Samstagmorgen nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde etwa 80 Prozent der Häuser beschädigt. Offiziell bestätigt werden am Nachmittag sechs Tote, doch Hilfsorganisationen sprechen von mindestens 44. Die Behörden rechnen mit steigenden Zahlen.

„Pam“ hat Vanuatu fast direkt getroffen und fegte mit Windgeschwindigkeiten von 250 Stundenkilometern über das Atoll hinweg. Dabei dauerte die Katastrophe länger, als Alice Clements sich das hatte vorstellen können. Von 15 bis 30 Minuten spricht sie im neuseeländischen Radio. Cloe Morrison von der Hilfsorganisation World Vision beschreibt den Sturm als „furchteinflößend“. World Vision ist mit 80 Mitarbeitern und Lagern mit Hilfsgütern auf den 83 Inseln Vanuatus präsent. Doch ob die Lager gehalten haben, weiß Morrison noch nicht. „Es wird Wochen dauern, bis wir wissen, wie es auf den anderen Inseln aussieht“, sagt sie.

Isso Nihmei, der für die Klimaaktivisten von 350.org auf Vanuatu arbeitet, hat den Sturm im Gebäude des Wetterdienstes überstanden. Gleich zu Beginn der Katastrophe sei die gesamte Kommunikation zusammengebrochen. In der Hauptstadt funktionieren die Mobiltelefone zwar inzwischen wieder. Aber Strom gibt es keinen mehr. Wenn die Akkus leer sein werden, wird auch Port Vila von der Welt abgeschnitten sein, so wie unzählige Inseln in der Region. „Ich habe noch keinen solchen Sturm gesehen und weiß, dass das für die meisten Menschen meines Landes ein Schock war“, schreibt Nihmei auf der Internetseite von 350.org.

Neuseeland und Australien haben Hilfen zugesagt. Doch wie schnell sie die Atolle erreichen können, ist schwer vorhersehbar. Neuseeland bereitet sich gerade selbst darauf vor, Ausläufer des Sturmsystems abzubekommen, eine für Sonntag geplante Segelregatta nach Brasilien wurde verschoben. Und solange „Pam“ noch wütet, können keine Flugzeuge losgeschickt werden. Derzeit könnten sie in Port Vila allerdings auch nicht landen. Der Flugplatz ist überflutet, auch das Krankenhaus ist stark zerstört, berichtet die Katastrophenschutzbehörde. Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale bat im japanischen Sendai, wo er an einer UN-Katastrophenschutzkonferenz teilnahm, um internationale Hilfe.

Traditionelle Häuser hatten gegen die Wucht des Sturms keine Chance. Das Foto eines Unicef-Mitarbeiters zeigt die Bewohner dieser Hütten am Morgen danach. Es ist kaum noch etwas übrig.
Traditionelle Häuser hatten gegen die Wucht des Sturms keine Chance. Das Foto eines Unicef-Mitarbeiters zeigt die Bewohner dieser Hütten am Morgen danach. Es ist kaum noch etwas übrig.
© Graham Crumb/Unicef/dpa

Bevor „Pam“ Vanuatu traf, hatte der Wirbelsturm in Papua-Neuguinea schwere Schäden angerichtet. Eine Person starb. Eine Insel der Salomonen sieht nach Angaben der Behörden aus „wie eine Wüste“, nachdem der Sturm sie getroffen hat. Im 700 Kilometer entfernten Tuvalu löste der Sturm eine Flut aus. Mehrere Inseln wurden überschwemmt, Trinkwasserbrunnen versalzen. Die Regierung rief den Notstand aus – und verschob die Wahl, die für Dienstag geplant gewesen war. Die Fidschi-Inseln, etwa 1200 Kilometer östlich von Vanuatu gelegen, haben sich ebenfalls auf starke Regenfälle und Überflutungen vorbereitet.

In Japan findet der UN-Gipfel zur Katastrophenvorsorge statt

2011 hatte der Tsunami nach dem schweren Seebeben die Stadt Sendai in Japan zerstört. Am Samstag eröffnete der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, genau dort den UN-Gipfel zur Katastrophenvorsorge. Er sagte: „Meine Gedanken sind bei den Menschen in Vanuatu.“ Ban wies darauf hin, dass vier von fünf Naturkatastrophen der vergangenen 20 Jahre einen Klimabezug hatten. Wetterkatastrophen hinterließen jedes Jahr rund 300 Milliarden Dollar Schäden, fügte er hinzu. Das Geld, das für Frühwarnsysteme und Notunterkünfte ausgegeben werde, sei gut angelegt. In Vanuatus Hauptstadt Port Vila gibt es 23 solcher Zentren, in denen rund 2000 Menschen in der Nacht zum Samstag Zuflucht gesucht haben. Zwischen 2005 und 2015 hatten sich die UN-Staaten verpflichtet, den Katastropenschutz zu verbessern. In Sendai soll ein Folgeabkommen geschlossen werden. Japans Premier Shinzo Abe kündigte bei der Eröffnung an, dafür rund vier Milliarden Dollar bereitstellen zu wollen. 2013 sind 22 Millionen Menschen durch Wetterkatastrophen vertrieben worden, hat das norwegische Flüchtlingszentrum IDMC ermittelt. Vor allem die Philippinen und China würden überproportional oft von Wetterkatastrophen getroffen, berichtet das IDMC in Sendai.

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