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Georg Mascolo, Leiter des deutschen Rechercheverbunds der "Panama Papers".
© Tagesspiegel/DasErste.de

"Anne Will" zu den "Panama Papers": Wie über Bruchstücke einer Enthüllung diskutieren?

Keine zwei Stunden nach Bekanntwerden der "Panama Papers" diskutiert Anne Will mit ihren Gästen über Steueroasen und Briefkastenfirmen. Klar ist nur ein rechtlicher Aspekt.

Seit Sonntagabend um 20 Uhr erste Teile der spektakulären "Panama-Papers"-Recherche veröffentlicht wurden, kennt die Medienöffentlichkeit kaum noch ein anderes Thema. Gleich nach dem "Tatort" setzte sich auch Anne Will in ihrer Talkshow mit Steueroasen und Briefkastenfirmen auseinander - ein Thema, das wohl aus gutem Grund seit einigen Tagen feststand.

Problematisch war nur: Von der detailreichen Veröffentlichung des brisanten Materials bis hin zur TV-Diskussion waren nur knapp eineinhalb Stunden vergangen. Großes Einlesen in die Tiefen des Skandals dürfte vor der Sendung kaum möglich gewesen sein. Relativ groß war daher zunächst die Rat- und Ahnungslosigkeit: Wie über eine Enthüllung diskutieren, von der erst Bruchstücke bekannt sind?

Eingeladen war deshalb unter anderem Georg Mascolo, als Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" der logischerweise am besten informierte Talkgast. Ihm fiel die Aufgabe zu, zu erklären, womit es die Öffentlichkeit bei den "Panama Papers" eigentlich zu tun hat.

"Schwer- und schwerstkriminelle Geschäfte" seien durch die Recherche von rund 400 Journalisten weltweit enthüllt worden: In die Briefkastenfirmen verstrickt sind unter anderem einige von Wladimir Putins engsten Freunden, ein Cousin von Syriens Diktator Baschar al-Assad, der isländische Premierminister sowie Fußballstar Lionel Messi.

Mascolo beobachtete bei der ein Jahr dauernden Recherche weniger Steuerschönung, sondern Finanzbewegungen, die noch weitaus problematischer sind: den Weg von Drogengeldern, Geldern aus und für Kriegsgebiete, mafiöse Strukturen. Soweit sein kurzer Überblick.

Nicht moralisch, aber per Gesetz legal

Michael Meister, parlamentarischer Staatssekretär des Bundesfinanzministers, findet Briefkastenfirmen nicht per se problematisch. Moralisch sind sie nicht, doch per Gesetz sind sie legal, das bekräftigte auch die Wirtschafts- und Finanzanwältin Simone Kämpfer. Dass die meisten Menschen, die ihr Geld auf den British Virgin Islands, in Panama oder in Samoa parken, vermutlich nicht gerade die besten Absichten haben, stünde auf einem anderen Blatt.

Für Gregor Gysi ziemlich unerträglich: "Manche tricksen sich weltweit durch" - während der Normalbürger brav seine Steuern zahlen muss. Er plädierte dafür, innerdeutsche juristische Lücken zu schließen, um Steueroasen und Offshore-Firmen auflaufen zu lassen. Meister: "Tun wir doch." Geht es nach ihm, ist die Bundesrepublik sehr fleißig in Sachen Finanztransparenz und Steuerehrlichkeit. Weil Maßnahmen im eigenen Land nicht reichen - deutsche Gerichtsurteile sind auf den British Virgin Islands beispielsweise nicht vollstreckbar - suche die Regierung nach international Verbündeten.

Banken? "Mir fällt fast keine ein, die nicht mitgemacht hat"

Rudolf Elmer, selbst ehemaliger Ex-Bankmanager und Whistleblower, der Informationen an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergab, sprach von einem System der "Verdunklung und der Verschleierung". Allein: Auch das ist nicht strafbar. Mascolo ging ebenso wie er davon aus, Panama und die geleakte Kanzlei Mossack Fonseca hätten durch die jüngste Berichterstattung zwar sicher einen erheblichen Imageschaden erlitten, das weltweite System von Briefkastenfirmen sei aber weiter intakt.

Dann die Frage des Abends: Werden im Laufe der weiteren Berichterstattung auch deutsche Namen auftauchen? Ja, werden sie. Allerdings haben sie wohl nicht ganz das Kaliber der bisher veröffentlichten Namen; laut Mascolo findet sich kein deutscher Politiker darunter. Neue Hinweise gebe es dafür zum Siemens-Skandal, ein Thema, über das die "Süddeutsche Zeitung" ebenfalls in den kommenden Tagen berichten will. Auf die Frage, welche deutschen Banken Kunden behilflich gewesen sei, Gelder in Steueroasen und Briefkastenfirmen anzulegen, sagte Mascolo: "Mir fällt fast keine ein, die nicht mitgemacht hat".

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