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Sebastian Vettel musste in Silverstone einen Reifenplatzer verdauen. Lange Gesichter könnte es bei RTL geben, wenn die ARD sich die Formel-1-Rechte schnappt.
© Rickett/dpa

Formel-1-Fernsehrechte: Wer erobert die Pole Position?

ARD will RTL die Formel 1 abspenstig machen. Formel-1-Eigner John Malone könnte jedoch ganz andere Pläne haben. Mit gravierenden Folgen für die deutschen Fernsehzuschauer.

Am vergangenen Sonntag waren RTL und ARD direkte Konkurrenten im Wettkampf um die Gunst sportinteressierter Zuschauer. Bei RTL lief das Formel-1-Rennen in Silverstone, die ARD übertrug die 15. Etappe der Tour de France. RTL war an dem Tag der klare Sieger: 4,74 Millionen Zuschauer sahen den Sieg von Lewis Hamilton, das Interesse an der Tour war zwar ebenfalls groß, blieb aber mit 2,32 Millionen Zuschauern hinter der Formel 1 zurück.

Solche Zahlen machen die ARD kribbelig. Nach „FAZ“-Informationen steht der Senderverbund in Verhandlungen über die Übertragungsrechte der Formel 1 von der Saison 2018 an – und tritt damit in Konkurrenz zum Privatsender RTL, der seit 1991 Live-Übertragungen von den Grand Prix’ anbietet. Nicht nur in Köln ist man überrascht, dass plötzlich auch die Formel 1 zur öffentlich-rechtlichen Grundversorgung gehören soll. Die ARD wollte das zunächst nicht kommentieren: „Zu laufenden Ausschreibungsverfahren äußern wir uns grundsätzlich nicht“, ließ Sportkoordinator Axel Balkausky mitteilen. Offenbar sind die Intendanten bislang dagegen.

Die DTM wäre für RTL kaum mehr als ein Trostpflaster

Der Vertrag von RTL endet nach dieser Saison. Bislang überträgt das Erste Rennen der DTM-Serie und wäre offenbar breit, die Rechte daran an RTL abzutreten. Gerhard Berger, der neue Chef der DTM, soll schon Gespräche mit RTL aufgenommen haben. Für RTL wäre die DTM jedoch nur ein Trostpflaster. Während die Formel 1 bei RTL im Schnitt auf vier und mehr Millionen Zuschauer kommt, liegt die Tourenwagen-Meisterschaft in der ARD bei rund einer Million Zuschauer. „Wir sind ganz sicher nicht in Verhandlungen zur DTM und werden uns dazu auch nicht weiter äußern“, sagte RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer dem Tagesspiegel.

Die Formel 1 läuft seit 1991 bei RTL im frei empfangbaren Fernsehen. Parallel überträgt Sky die wichtigste Motorsportserie im Pay-TV. RTL würde die Formel 1 gerne auch in Zukunft übertragen – wenn die Konditionen, sprich die Preise stimmen. „Wir leben und lieben die Formel 1! Das wollen wir auch in den nächsten Jahren mit vielen Millionen Fans teilen“, hatte RTL-Sportchef Manfred Loppe erst kürzlich bekräftigt. Neben dem Preis spielt aber auch die Anzahl der Rennen eine Rolle, bisher sind es 20.

Der neue Formel-1-Besitzer Liberty Media unter Eigner John Malone will bei der Vermarktung des Produktes neue Wege gehen: Vor allem die Pay-TV-Kanäle sollen künftig eine gewichtigere Rolle spielen, weil dort nach Ansicht von Liberty Media mehr Geld zu holen ist. Damit die Formel 1 für die Bezahlsender attraktiver wird, könnte das englische Modell auf andere Länder ausgeweitet werden. Wer auf der Insel alle Rennen der Saison sehen will, braucht ein Pay-TV-Abo bei Sky UK, im englischen Free-TV werden nur zehn Rennen übertragen.

Englische Lösung: Im Free-TV laufen zehn der 20 Rennen

Für Deutschland bietet sich eine Radikal- oder eine Mixlösung an. Radikal, wenn Liberty nach dem Fußball-Champions-Modell vorgeht und die Rechte nur an Sky und den Streaming-Dienst Dazn vergibt: Damit würde die Formel 1 hinter der Bezahlschranke verschwinden. Oder es bleibt beim Mix-Modell aus Pay-TV und Free-TV. Und da wird die Frage interessant, wie viele der 20 Rennen bei den frei empfangbaren Sendern laufen? Für die so oder so gearteten Free-TV-Lizenzen interessieren sich RTL und ARD. Und sie haben allen Grund: Der Privatsender überträgt die Formel 1 seit 26 Jahren, er hat zum Rennsport in guten wie in schlechten Tagen gehalten, die Formel gehört zum RTL-Portfolio wie neuerdings Nationalmannschafts-Fußball und Klitschko-Boxen, dessen Zukunft allerdings endlich ist. Die ARD ist im Vergleich mit seinem öffentlich-rechtlichen Konkurrenten ZDF weit ins Hintertreffen geraten. Im Juni erreichte das ZDF 13,2 Prozent Marktanteil, das Erste 10,7 Prozent. Im fragmentierten TV-Markt sind das Welten. Die ARD könnte sich mit der Formel 1 Zuschauer und Marktanteile kaufen.

Doch auch ohne das unerwartete Interesse der ARD an der Formel 1 sind die Verhandlungen für die neuen Rechte so spannend wie nie zuvor. Mit dem Internet-Sportkanal Dazn und der Eurosport-Mutter Discovery Communications sind weitere Player aufs Spielfeld gerückt, die ebenfalls an populären Sportrechten interessiert sind. Discovery/Eurosport, die ebenfalls zum Imperium von John Malone gehören, hatten ARD und ZDF bekanntlich die Rechte an vier Olympischen Spielen abspenstig gemacht.

Wie der Formel-1-Poker in Deutschland ausgeht, wird sich dem Vernehmen nach Ende August oder Anfang September entscheiden.

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