zum Hauptinhalt
Rudi Carrell.
© picture alliance / dpa

ZDF-Show zu 50 Jahre Farb-TV: Vergissmeinnicht - 50 Jahre Farbfernsehen

Als Comedians noch Spaßvögel hießen: Das ZDF wird nostalgisch und feiert sich in vier Shows selbst. Aber ist das Farbfernsehen wirklich besser?

Es ist ja nicht so, dass mit Farbe alles besser aussieht. Wer sich das Primetime- Fernsehprogramm gerade auch der Öffentlich-Rechtlichen in diesen Tagen anschaut, taucht beim ZDF in die Romanze „Inga Lindström“, erlebt beim NDR „Das große Wunschkonzert“ mit Andrea Berg & Co. oder hört Schwester Hanna im Ersten „Um Himmels Willen“ rufen. In die große TV-Show „Wir lieben Fernsehen!“, die das ZDF am Donnerstag anlässlich von 50 Jahren Farbfernsehen ausstrahlt, werden es diese Formate sicherlich nicht schaffen.

Johannes B. Kerner und Steven Gätjen präsentieren dort „unsere größten Film- und Serienstars“. Alissa Jung (aus „Inga Lindström“) und Janina Hartwig alias Schwester Hanna gehören, bei aller Liebe, nicht dazu. Drei weitere Ausgaben „Wir lieben Fernsehen!“ sollen sich dann mit prominenten Komikern – beziehungsweise „Spaßvögeln“, wie das lange Zeit hieß –, Sportlern und Moderatoren den schönsten TV-Momenten aus den vergangenen fünf Jahrzehnten widmen.

Fußball zieht: Die WM 1970 in Mexiko, schon in Farbe
Fußball zieht: Die WM 1970 in Mexiko, schon in Farbe
© picture alliance / dpa

Da werden mächtig Bilder aus dem Archiv aufgefahren und vor Kamera und Bildschirm erste Farb-TV–Erinnerungen ausgetauscht: „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell, „Einer wird gewinnen“ mit Kulenkampff oder das glücklich gewonnene Fußball-WM-Finale in Deutschland gegen Holland 1974, bei dem Oliver Welkes Opa vor Aufregung statt in die Packung mit den Flips in einen vollen Aschenbecher griff, weil er sich so über die Holländer aufregte.

Steven Gätjen war noch gar nicht geboren

Millionen Zuschauer dürften das, genauso wie die WM 1970 in Mexiko, noch in Schwarz-Weiß gesehen haben. Nachdem der damalige Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt am 25. August 1967 bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin auf den roten Knopf gedrückt hatte (was wegen einer Attrappe des roten Knopfes für einige technische Verwirrung sorgte; Brandt war bereits bunt, bevor er drückte), vergingen noch zehn, 15 Jahre, bis der Farbfernseher wirklich in den allermeisten Wohnzimmern stand. Damals, zum Start, waren nur einige tausend Farbbildschirme im Einsatz. Es gab sogar die Diskussion, ob Farbfernsehen wirklich besser ist.

Steven Gätjen war noch gar nicht geboren, Kerner schon, als am Abend des 25. August 1967 dann Vico Torrianis „Goldener Schuss“ erstrahlte. Andere Farbfernsehsendungen der ersten Stunde: „Was bin ich?“ mit Robert Lembke, „Vergissmeinnicht“ mit Peter Frankenfeld, natürlich auch US-Serien wie „Bonanza“, „Daktari“, „Flipper“ oder „Bezaubernde Jeannie“.

Zunächst boten ARD und ZDF „nur“ vier Stunden die Woche Farbsendungen an. Nachrichten wie „heute“ und die „Tagesschau“ blieben bis 1970 schwarzweiß, und es fällt dem Autor keine einzige Folge seiner 97-teiligen Lieblingskrimiserie „Der Kommissar“ mit Erik Ode ein, die in den 1970ern in Farbe ausgestrahlt wurde. Gut so, das hätte in Farbe gar nicht besser aussehen können. In Schwarz-Weiß wirkten die morbiden Münchner Mord-Geschichten, die von 1968 bis 1975 ausgestrahlt wurden, noch morbider, noch gruseliger.

Unvergessen: Erik Ode als „Der Kommissar“.
Unvergessen: Erik Ode als „Der Kommissar“.
© picture-alliance/ dpa

Schwarz-Weiß-Fernsehen? Undenkbar das für die Privatsender, die die Geschichte des Fernsehens dann ab Mitte der 1980er Jahre mit bunten Shows wie „Tutti Frutti“ (RTL Plus), Daily Soaps à la „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder der „Harald Schmidt Show“ (Sat1) fortschrieben. Irgendwann auch mit Johannes B. Kerner, und damit schließt sich der Kreis.

Einer der Höhepunkte der vierteiligen Kerner/Gätjen-Show und Selbst-Befeierung des ZDF wurde vor einigen Wochen am Rande der Aufzeichnung bekannt. Thomas Gottschalk, der viele Jahre für das ZDF durch „Wetten, dass..?“ führte, wird seinen Showklassiker noch einmal für einige Minuten auflegen und mit Kerner und Gätjen eine Wette auflegen. Dass das der Anfang von mehr sein könnte, einem Comeback von „Wetten, dass..?“ mit Gottschalk, dementierte das ZDF recht schnell. So viel Nostalgie geht doch nicht. Dann lieber Herzkino.

„Wir lieben Fernsehen!“, Donnerstag, ZDF, 20 Uhr 15. Die weiteren Folgen am 24.8. (größte Spaßvögel), 31.8. (Sportler), 2.9., (Moderatoren).

Zur Startseite