Reformjahre eines ARD-Senders: RBB krempelt TV-Programm um
Patricia Schlesinger wurde als Programm-Intendantin zum RBB geholt. Nach nicht einmal 100 Tagen im Amt legt sie ihre Fernsehpläne vor - die neue Formate, aber auch schmerzhafte Einschnitte vorsehen.
Die neue Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) lässt keine Zeit verstreichen. Nach noch nicht einmal 100 Tagen im Amt stellte Patricia Schlesinger am Donnerstag zusammen mit Programmchefin Claudia Nothelle in der Zweiländeranstalt die Pläne für eine Reform des Fernsehprogramms vor. Der Umbau, der große Teile des TV-Hauptabends betrifft, beginnt Anfang 2017 und zieht sich über zwei Jahre. Neue Formate kommen hinzu, einige Sendungen werden runderneuert, andere entfallen ganz. Und auch das eine oder andere prominente Fernsehgesicht wird künftig nicht mehr im RBB-Programm zu sehen sein.
„Ich bin mit dem Auftrag angetreten, das TV-Programm mutiger, kantiger, wahrnehmbarer, erfolgreicher und vielleicht auch substanzieller zu machen“, sagte Patricia Schlesinger dem Tagesspiegel. Im Abendprogramm werde es weniger Wiederholungen und Übernahmen aus dem Ersten oder von anderen dritten Programmen geben, „wir werden mehr selber machen“. Claudia Nothelle spricht von der Grundsteinlegung für ein neues RBB-Fernsehen. „Dazu werden wir zwei völlig neue Sendungen produzieren und im Laufe des nächsten Jahres acht weitere Formate überarbeiten“, so die Programmchefin.
Verbraucher- und Gesellschaftsmagazin mit regionalem Fokus
Neu ist nach den Plänen, die den Sendergremien vorgelegt werden, zum einen ein wöchentliches Verbrauchermagazin, das im ersten Quartal 2017 startet. Die Sendung „Was! Wirtschaft, Arbeit, Sparen“ wird darin aufgehen. Details zum Inhalt stehen nicht fest, als Ausstrahlungstermin ist der Montagabend um 20 Uhr 15 vorgesehen. Ebenfalls zur Primetime, aber am Donnerstag, soll es zum anderen vom Frühsommer 2017 an ein wöchentliches Format mit gesellschaftspolitischen Themen geben – mit satirisch-augenzwinkerndem Blick. Beide Sendungen sollen sich an regionalen Themen orientieren. Für die Moderation gilt: Es gibt keinen Automatismus, nachdem der Moderator eines bestehenden Formats auch durch die neue Sendung führt.
Fest steht dagegen, dass auf die Mitarbeiter des RBB-Fernsehens viel Arbeit zukommt, um das Programm aus dem Quotenkeller zu holen. Zuletzt lag der Marktanteil des RBB-Fernsehens am Ende aller Dritten Programme. „Wir haben mit dem Fernsehen zuletzt eine echte Durststrecke erlebt. Die müssen wir überwinden und ich spüre im Haus den Wunsch und die Bereitschaft, daran mitzuwirken“, ist Patricia Schlesinger optimistisch.
Das TV-Programm, das Schlesinger vorschwebt, soll wiedererkennbar sein. Zugleich setzt die neue RBB-Chefin auf Relevanz. Um dies zu erreichen, wird der Reporterpool und damit die investigative Berichterstattung gestärkt. Weil sich aktuelle Recherchen und ein vierzehntägiger Rhythmus nicht vertragen, wird das Magazin „Klartext“ allerdings eingestellt.
Auch sonst bleibt im TV-Programm kein Stein auf dem anderen. Aus dem regionalen Geschichtsmagazin „Theodor“ wird ein Hauptabendmagazin mit dem Arbeitstitel „Erlebnis Geschichte“. Uwe Mädels „Täter – Opfer – Polizei“ wird aufgewertet und mit verlängerter Sendezeit in den Hauptabend rücken. Das Kulturmagazin „Stilbruch“ wechselt runderneuert auf den Platz am Sonntagabend hinter „RBB aktuell“. Um Glaube, Weltanschauung und Integration dreht es sich in einem neuen Format, das im Jahresverlauf 2017 für den Samstag vorgesehen ist.
Kein Max Moor im RBB-Fernsehen
Auf Max Moor müssen die Zuschauer des RBB-Fernsehens verzichten. Die bestehenden Verträge für „Bücher und Moor“ sowie „Bauer sucht Kultur“ sind ausgelaufen und werden nicht verlängert. Selbst die quotenstarke Sendung „Köche und Moor“ fällt der Reform zum Opfer, ebenso "Stadt, Rad, Hund". Gleiches gilt für die Reportagesendung „RBB um vier“, dafür wird „RBB um sechs“ künftig sieben Mal die Woche gesendet. Der „Sportplatz“ am Sonntagabend soll ebenfalls reformiert werden und auf einen neuen, noch nicht bekannten Sendeplatz rutschen. Die Reform sei ein Langstreckenlauf, kein Sprint und es könne durchaus auch zu Umwegen und Pannen kommen, sagte Schlesinger.
Bei der Vorstellung der Pläne im RBB habe es nur ganz vereinzelt Kritik gegeben, insbesondere an der Einstellung von „RBB um vier“, sagte Schlesinger. Der Schritt sei bedauerlich, aber finanziell nötig. Insgesamt aber werde die Reform von allen Seiten mitgetragen. „Ich habe einen Rahmen mit einer Skizze in die Mitte gestellt. Wie genau das fertige Bild aussieht, mit welchen Farben, Konturen, Inhalten und Stimmungen, überlasse ich den Redaktionen. Ich freue mich auf konkrete Vorschläge “, erklärte die RBB-Intendantin.
Die Kosten für die Reform belaufen sich auf insgesamt 6,7 Millionen Euro, von denen fünf Millionen durch Umschichtungen im Etat stammen werden. Die restlichen 1,7 Millionen Euro sollen aus den Mehrerträgen aus der Umstellung der Rundfunkgebühr kommen.