Nach der RBB-Intendantenwahl: Patricia Schlesinger: „Die Menschen müssen den RBB schätzen“
Den Hebel setzt sie dort an, wo es besonders nottut: Patricia Schlesinger, die designierte RBB-Intendantin, will das Programm-Profil des Senders schärfen
Über fünf Stunden Präsentation und Diskussionen, sechs Wahlgänge – selten war die Kür eines ARD-Intendanten so spannend wie die am Donnerstagabend für die Fernsehjournalistin Patricia Schlesinger zur neuen Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Die beiden Kandidaten Patricia Schlesinger und ZDF-Paris-Studioleiter Theo Koll gingen durch ein Wechselbad der Gefühle, ehe kurz nach 21 Uhr die Siegerin feststand. Schlesinger bekam im sechsten und letzten Wahlgang 22 der 29 Stimmen im Rundfunkrat, erreichte damit die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Eine am Ende eher pragmatische Entscheidung des Wahlgremiums, auch wenn Schlesinger in jedem Wahlgang die Nase vorn hatte. Beide Kandidaten war eine gute Präsentation gelungen, vor allem, was die RBB-Schwachstelle Fernsehen betrifft, beide hätten es profilierterweise werden können. Am Ende musste eine Entscheidung her. Die der Unterlegene, Theo Koll, am Tag danach so kommentierte: „Es wurde gekrönt und damit gilt: Es lebe die Königin.“
Jetzt wird für die Zweiländeranstalt in die Zukunft geblickt, was erwartet man von der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, 54, der bisherigen NDR-Programmbereichsleiterin für Kultur und Dokumentation, die am 1. Juli den Stab von Dagmar Reim, 64, übernehmen wird? Mehr finanzielle Unterstützung für den Sender im Zuge der Neuwahl erhofft sich die medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner. „Der RBB muss wieder identitätsstiftend für die Zuschauer und Zuhörer in Berlin und Brandenburg werden“, erklärte sie am Freitag in Berlin.
Um das Publikum zu vergrößern und zu verjüngen, müsse Schlesinger die Digitalstrategie weiter konsequent voranbringen, „sonst verpasst der RBB den Anschluss“. Zudem sei zu wünschen, dass wieder mehr Geld ins Programm fließt. „Dazu gilt es aber, erst das Problem bei der Finanzierung der Altersvorsorge der Mitarbeiter zu lösen.“
Nach zehn Sekunden wissen, welches Programm er eingeschaltet hat
Schlesinger selbst sieht der neuen Aufgabe mit großer Spannung und großer Freude entgegen, sagte die designierte Intendantin direkt nach der Wahl. Sie habe dem Rundfunkrat ein umfangreiches Konzept für die Zwei-Länder-Anstalt präsentiert, werde jedoch vor ihrem Amtseintritt keine Details nennen. Den Hebel setzt sie dort an, wo es besonders nottut: beim Fernsehen. Beim NDR war sie für die Oscar-prämierte Dokumentation „Citizenfour“ über Edward Snowden verantwortlich.
In ihrer Präsentation hat sie auf ein NDR-Projekt hingewiesen, in dem jungen Journalisten mit wenig Geld ein erfolgreiches Internetprojekt gelungen ist. Mit beschränkten Mitteln auch das junge Publikum erreichen, nicht nur durch einen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal im Netz, sondern auch im bestehenden Programm, das ist auch aus Sicht des Rundfunkrates das Gebot der Stunde.
„Die Menschen sollen den RBB nicht nur kennen, sie müssen ihn schätzen. Und von den Journalisten des Senders sollen sie überzeugt sein, dass sie in Stadt und Region besser Bescheid wissen als jeder andere“, sagte Schlesinger am Freitag dem Tagesspiegel. „Wer das RBB-Fernsehen einschaltet, sollte nach zehn Sekunden wissen, welches Programm er eingeschaltet hat.“
Zwischenzeitlich sah es am Donnerstagabend nicht danach aus, dass am Ende des Wahlmarathons ein Sieger feststehen würde – im vierten Durchgang hatte es erneut ein Patt gegeben. Doch der Rat hat das Ziel nicht aus den Augen verloren: einen RBB, der gestärkt in die nächsten fünf Jahre geht.